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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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lieber nie liegen lassen, perfekte Verstecke.<br />

Wenn gar nichts mehr hilft, die Gefahr sozusagen<br />

lebensbedrängend wird, springen sie urplötzlich<br />

davon, w<strong>und</strong>erschöne, weite Saltos. Sch<strong>ein</strong>t es<br />

mir nur oder ist es wahr, dass ihnen dabei die<br />

halbr<strong>und</strong>en Glupschaugen noch etwas mehr aus<br />

vom Kopf heraus stehen? Sind sie größer,<br />

wahrsch<strong>ein</strong>lich eher <strong>ein</strong>e Kröte als <strong>ein</strong> Frosch,<br />

hüpfen sie oft nicht weg, wenn man ihnen zu<br />

sehr auf die warzige Pelle rückt. Sie drehen sich<br />

<strong>ein</strong>fach, sozusagen geniert, gegen die Wand.<br />

Vielleicht sind sie zu höflich, um zurück zu starren.<br />

Auch die leise raschelnden <strong>und</strong> f<strong>ein</strong> zirpenden,<br />

braunschwarzen Grillen, man sagt ihnen nach,<br />

dass sie Kleider <strong>und</strong> noch viel mehr fressen, sind<br />

sozusagen zusammen mit dem Haus angemietet.<br />

Sie geben scharrende Laute von sich <strong>und</strong> hassen<br />

es ganz besonders, wenn man ihre gemütlich<br />

dämmrige Behausung plötzlich mit Licht flutet.<br />

Zerstieben dann planlos in alle Richtungen.<br />

Tagsüber suchen sie in geschlossenen Schränken,<br />

unter der gefalteten Tischdecke oder <strong>ein</strong>em<br />

vergessenen Küchentuch Zuflucht.<br />

Da sind die Ameisen deutlich unbekümmerter,<br />

zielsicher. Sch<strong>ein</strong>en immer ganz genau zu wissen,<br />

wohin sie rennen, laufen, springen sollen <strong>und</strong><br />

welche komplexe Aufgabe als Nächstes von ihnen<br />

erwartet wird. Dass die nachtaktiven „Mucuras“<br />

sich auch in unserem Haus gut vermehren,<br />

können wir, den eiligen Schrittchen nach, nur<br />

vermuten. Manchmal haben wir auch das Gefühl,<br />

dass sie sich aus lauter Spielfreude über das flache<br />

Dach hinunterpurzeln lassen oder andere Fang<strong>und</strong><br />

Raufspiele spielen. Dass sie auch Früchte nicht<br />

verschmähen, sehen wir, als die draußen auf dem<br />

Esstisch vor sich hin reifende Mango plötzlich<br />

angebissen ist. Sie sch<strong>ein</strong>t heute den genau<br />

richtigen Reifegrad erreicht zu haben, denn<br />

irgendwelche Zähnchen haben sich in unserer<br />

Abwesenheit <strong>ein</strong> paar kräftige Happen<br />

herausgepickt oder gerissen.<br />

Ach übrigens, früher hielt man sich gegen die nicht<br />

sehr beliebten “Mucuras”, sie können, wenn sie<br />

angegriffen werden, <strong>ein</strong>e stinkende Flüssigkeit<br />

ausscheiden, <strong>und</strong> richten im Hühnerstall großen<br />

Schaden an, gegen Mäuse <strong>und</strong> Ratten im<br />

Dachstock ganz <strong>ein</strong>fach <strong>ein</strong>e lokale Würgeschlange,<br />

die je nach Ernährungslage gut armdick<br />

werden konnte. Von den Schrecken <strong>ein</strong>flößenden<br />

Vogelspinnen allerdings befreite man sich ganz<br />

brutal mit offenem Feuer. Heute halten sich<br />

unsere Fre<strong>und</strong>e <strong>ein</strong>e gleich über der Tür als<br />

Hausgenossin <strong>und</strong> wir haben <strong>ein</strong>e Tarantel im<br />

Dach des Eingangstores. Sie streckt manchmal <strong>ein</strong><br />

paar ihrer zottigen B<strong>ein</strong>e aus ihrem Unterschlupf<br />

nach draußen.<br />

Ein Umdenken findet statt, denn die Spinnen sind,<br />

wie das Zwillingspaar w<strong>und</strong>erschön<br />

zusammengefalteter Fledermäuse, das sich<br />

versteckt unter den Dachgiebel gehängt hat,<br />

überaus nützlich: besonders die Fledermäuse,<br />

aber auch die Kröten lieben grell brennenden<br />

Glühbirnen oder Straßenlaternen, da die<br />

unendlich viele Mücken <strong>und</strong> andere Insekten<br />

anziehen, die sie dann in elegantem Flug<br />

zielsicher nur noch verschlingen müssen. Viele<br />

der Fledermäuse sind allerdings Pflanzenbestäuber<br />

oder helfen mit, die Arten zu<br />

versamen. Der Ingá zum Beispiel wird von<br />

Fruchtfressenden Fledermäusen verbreitet.<br />

S<strong>ein</strong>e langen Bohnen brechen in der Nacht auf.<br />

Legen die von leckerem Fruchtfleisch umhüllten<br />

Samen frei, die die Fledermäuse zusammen mit<br />

den Kernen sehr gerne verspeisen. Und irgendwo<br />

wird dann <strong>ein</strong> neuer Ingá sprießen, verdaut <strong>und</strong><br />

verbreitet von <strong>ein</strong>er unsch<strong>ein</strong>baren, fast<br />

unsichtbaren Fledermaus.<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 240

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