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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Die Wespe<br />

Eine fremde Hand hält mich fürsorglich zurück.<br />

Weist aufgeregt auf m<strong>ein</strong>e Brust. Da prangt, am<br />

Rande m<strong>ein</strong>es Blickfeldes, <strong>ein</strong> geflügeltes<br />

Höllentier! Bin nicht irgendwo im Dschungel, n<strong>ein</strong>,<br />

bin mitten in Manaus. Geistesgegenwärtig<br />

bugsiere ich das W<strong>und</strong>erexemplar auf den allzeit<br />

bereiten Regenschirm. Wozu der nicht alles gut<br />

ist! Und rette es so vor dem sicheren Tod.<br />

Entsetzt sehen die Umstehende zu. Auf Armlänge<br />

weggehalten, lässt es sich gar fotografieren, bevor<br />

es sich schwupps, brumsend auf <strong>und</strong> davon<br />

macht.<br />

Das geklaute Bild, w<strong>und</strong>ersamerweise sogar<br />

scharf, erlaubt es mir, das exotische Insekt, ich<br />

halte es für <strong>ein</strong>en Schmetterling, immer wieder<br />

anzusehen. Die groß-länglichen Flügel, vom<br />

Ansatz bis zur Hälfte gelb, der Rest schwarz mit<br />

zwei gelben unregelmäßig konturierten<br />

Warnflecken, bilden <strong>ein</strong> perfektes<br />

gleichschenkliges Dreieck, das im spitz<br />

zulaufenden Kopf endet. Der zweigliedrige, türkis,<br />

gelb <strong>und</strong> seitlich rot gezeichnete Leib erinnert<br />

etwas an <strong>ein</strong>e Fliege. Also was denn nun?<br />

Vielleicht <strong>ein</strong>e Schmetterfliege?<br />

Fliege noch Schmetterling. Er tippt auf <strong>ein</strong>e<br />

Wespe. Wespen sch<strong>ein</strong>en sich, wie k<strong>ein</strong> anderes<br />

Insekt, aufs Handwerk des Imitierens, Kopierens<br />

<strong>und</strong> Täuschens zu verstehen. M<strong>ein</strong>e Wespe<br />

täuscht nun, mich <strong>und</strong> natürlich ihre F<strong>ein</strong>de,<br />

indem sie vorgibt, <strong>ein</strong> ungenießbares oder gar<br />

giftiges Insekt zu s<strong>ein</strong>.<br />

Was mich an der ganzen Lektion allerdings am<br />

meisten be<strong>ein</strong>druckt: Auch der Spezialist kennt<br />

sich nicht aus. Es gibt <strong>ein</strong>fach zu viele, zu viel<br />

ähnliche Insekten hier im Amazonas. Es soll die<br />

ungeheure Zahl von 60.000 schon beschriebenen<br />

<strong>und</strong> geschätzten 180.000 noch wissenschaftlich zu<br />

erfassenden noch zu „entdeckenden“ Arten<br />

geben. Jedes Jahr werden neue Arten, Unterarten<br />

usw. identifiziert <strong>und</strong> nicht von ungefähr heißt es,<br />

dass es die Insekten sind, die uns alle überflügeln,<br />

Pardon, überleben werden.<br />

Interessanterweise gelingt es auch <strong>ein</strong>em,<br />

Digitalfoto sei Dank, konsultierten<br />

Insektenspezialisten nicht, dem w<strong>und</strong>erschönen<br />

Flieger ohne detaillierte Nachforschungen <strong>ein</strong>en<br />

Namen zu geben. Allerdings ist das Insekt weder<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 242

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