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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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kurze Zeit nur, zu jener tropischen Kulturhauptstadt,<br />

zum viel besungenen <strong>und</strong> betrauerten<br />

tropischen Paris. Ein surreal-unwirkliches<br />

Luxusleben, finanziert von armen Gummibaumritzern<br />

<strong>und</strong> Krediten, die den ganzen Norden in<br />

<strong>ein</strong>e starke finanzielle Abhängigkeit von England<br />

manövriert.<br />

Ab 1913 wird Kaffee das brasilianische Exportgut<br />

Nummer <strong>ein</strong>s. Durch den Ersten Weltkrieg <strong>und</strong><br />

den Zusammenbruch des Latexes, clevere<br />

Engländer produzieren ihn in ihren Kolonien viel<br />

billiger, ist der Glanz Beléms dahin <strong>und</strong> es verfällt<br />

schon bald in s<strong>ein</strong>en Dornröschenschlaf, den es<br />

bis heute weiter träumt. Trotzdem 1918 wird die<br />

Escola de Agronomia do Pará, heute als UFRA<br />

bekannt (Universidade Federal Rural da Amazônia<br />

2002, Belém <strong>und</strong> drei Außenstationen) gegründet.<br />

Ein Anfang, um den Regenwald <strong>und</strong> s<strong>ein</strong>e schon<br />

existierenden <strong>und</strong> potenziellen Anbauflächen<br />

wissenschaftlicher <strong>und</strong> ökonomischer ausbeuten<br />

zu können.<br />

Während des zweiten Weltkrieges kommt es in<br />

Nordbrasilien zu <strong>ein</strong>em zweiten Latexboom, denn<br />

alle Gummi produzierenden Länder werden von<br />

Japan kontrolliert. Henry Ford, auf der Suche nach<br />

neuen Rohstoffquellen für die Produktion s<strong>ein</strong>er<br />

Autoreifen verpflanzt gar zu diesem Zweck <strong>ein</strong>e<br />

ganze amerikanische Musterstadt in den<br />

Regenwald, nahe Santarém, genannt Fordlándia,<br />

wo er nach dem Vorbild der Engländer<br />

Gummibaumplantagen errichten lässt. Aber das<br />

Vorhaben scheitert bald. Die brasilianische<br />

Regierung investierte sehr viel in die Pflanzungen,<br />

aber im Gegensatz zu Malaysia bewährte sich hier<br />

im Amazonas die Monokultur nicht, die<br />

Pflanzensetzlinge fallen alsbald Krankheiten <strong>und</strong><br />

Schädlingen zum Opfer.<br />

1943 werden die Staaten Roraima <strong>und</strong> Ronônia<br />

abgeteilt. 1953 kreiert Getúlio Vargas, diesmal als<br />

gewählter Präsident, <strong>ein</strong>e der berühmt/<br />

berüchtigten staatlichen Entwicklungsinstitutionen,<br />

SPVEA (Superintendência do Plano de<br />

Valorização Econômica da Amazônia =<br />

„Superamt/Verwaltung“ des Plans zur<br />

Wertsteigerung der amazonischen Wirtschaft)<br />

genannt, die wie viele nach ihr dem Amazonas den<br />

Fortschritt bringen soll. Alle so gigantisch, nicht<br />

nur im Namen, auch im Konzept, wie der<br />

Amazonas, den es zu bewältigen gilt.<br />

Zweischneidig wie so vieles präsentiert sich der<br />

Nationalismus der Militärdiktatur, der Patriotismus<br />

mit <strong>ein</strong>er strengen Doktrin kombiniert, die aber<br />

von der breiten Bevölkerung mit ihrer<br />

Entwicklungseuphorie sehr positiv aufgenommen<br />

wird. Dass die autoritäre, repressive<br />

Militärregierung alle Andersdenkenden verfolgt<br />

<strong>und</strong> die Presse- <strong>und</strong> Ausdrucksfreiheit<br />

beschneidet, stört wenige, denn für kurze Zeit<br />

erlebt man das brasilianische „Milagre<br />

Econômico“, das wirtschaftliche W<strong>und</strong>er, das<br />

paradoxerweise zwischen 1969 <strong>und</strong> 1973 nicht<br />

nur das Einkommen der Brasilianer, sondern<br />

auch die Armut vergrößert. Nicht von ungefähr<br />

werden die Jahre auch als „Anos de Chumbo“,<br />

als Bleierne Jahre bezeichnet.<br />

Im linken Untergr<strong>und</strong> regt sich Widerstand, es<br />

entsteht <strong>ein</strong>e Guerillia, die 1970 unter dem<br />

Namen Araguaia bekannt wird. Die Guerillheiros<br />

machen die Region des Bico do Papagaio, da wo<br />

sich die Staaten Goiás, Pará <strong>und</strong> Maranhão<br />

treffen, am Ufer des Flusses Araguaia-Tocantins,<br />

zu ihrem Hauptquartier, werden aber schon<br />

1971 von den Militärs entdeckt, gejagt <strong>und</strong><br />

umgebracht.<br />

Langsam <strong>und</strong> zögerlich verwandelt sich das<br />

Verhältnis zur Natur. 1967 wird das Instituto<br />

Brasileiro do Desenvolvimento Florestal – IBDF<br />

gegründet, verantwortlich für die brasilianischen<br />

Naturparks, aus dieser Zeit datieren die ersten<br />

Schutzgebiete im Norden Brasiliens, der Parque<br />

Nacional da Amazônia. Das IBDF wird später zu<br />

<strong>ein</strong>em Teil des IBAMAS (1989, Instituto Brasileiro<br />

do Meio Ambiente e dos Recursos Naturais<br />

Renováveis), heute <strong>ein</strong>e wichtige Kontrollinstanz<br />

gegen die Zerstörung des Regenwaldes. 1967<br />

wird die Superintendência da Borracha (Latex)<br />

(SUDHEVEA) ins Leben gerufen.<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 567

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