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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Ode an die amazonischen Töpfe<br />

<strong>Amazonien</strong> nimmt mich in kürzester Zeit für sich<br />

<strong>ein</strong>. Es erobert mich ganz <strong>ein</strong>fach über den<br />

Magen! Je mehr Früchte, Gemüse <strong>und</strong> Tuberkeln<br />

ich kennen lerne, desto faszinierter bin ich. Stehe<br />

da wie <strong>ein</strong> Kind, mit offenem M<strong>und</strong>. Bräuchte<br />

dringend jemand, dem ich all diese Neuigkeiten<br />

erzählen könnte. Atemlos <strong>und</strong> jeder Satz von<br />

<strong>ein</strong>em Ausrufezeichen begleitet! Die Vielfalt an<br />

mir unbekannten Esswaren <strong>und</strong> Nahrungsmitteln<br />

ist schlicht überwältigend, <strong>ein</strong> Schlaraffenland!<br />

Alle kommen sie aus der Region. Außerhalb<br />

<strong>Amazonien</strong>s, zum Beispiel im Süden des Landes,<br />

sind sie so gut wie unbekannt.<br />

-„Stell dir vor, da gibt es unterarmlange, tief<br />

gefurchte Bohnen! Die pendeln von riesigen<br />

Bäumen! Wenn man die Bohnen um sich selber<br />

dreht, damit sie aufbrechen, kann man,<br />

aufgereiht wie auf <strong>ein</strong>er Perlenschnur, die Kerne<br />

sehen. Jeder Kern ist in weißen Flaum gebettet<br />

<strong>und</strong> den Flaum kann man essen! Er schmeckt süß<br />

<strong>und</strong> etwas wattig!“ Auf dem Markt sehe, rieche,<br />

koste ich anderes, vor allem Früchte. Ich liebe sie<br />

alle heiß <strong>und</strong> entdecke sie jeden Tag neu. Haben<br />

Sie gewusst, wie viele ganz unterschiedliche<br />

Bananen es gibt? Die kl<strong>ein</strong>ste <strong>ein</strong> Drittel so kl<strong>ein</strong><br />

wie die lang gezogenste? Das Riesenbüschel<br />

kurzer, dicker Langbananen, fast unterarmlang<br />

<strong>und</strong> sichelförmig, werben für sich selbst. Schon<br />

der Name zergeht mir auf der Zuge: „Banana<br />

comprida”, die lang gestreckte, m<strong>ein</strong>e absolute<br />

Favoritin. Sie ist unanständig lang <strong>und</strong> läuft in<br />

<strong>ein</strong>er schnabelartigen Verlängerung aus. Ist ihre<br />

Schale fast schwarz, ist sie genau richtig für die<br />

Bratpfanne oder den Grill, denn roh ist sie<br />

ungenießbar. Gebraten oder gebacken schmeckt<br />

auch die dicklich gedrungene „Figo” oder „Banana<br />

da Terra”, die Landpomeranze, besser als im<br />

Naturzustand. Die „Banana Prata”, die<br />

Silberbanane, gilt als die Königin der Bananen. Sie<br />

ist schlanker, gleich halb so groß wie die<br />

langgestreckte <strong>und</strong> schmeckt bananig süß. Die<br />

kl<strong>ein</strong>ste, kurz wie wulstige Finger, ist die „Ouro”,<br />

die Goldbanane, auch eher süßlich. Dann gibt es<br />

noch die „São Tomé”, die <strong>ein</strong>e dunkelrötliche, fast<br />

lila Schale hat, die „Maçã”, die fast wie die „Prata”<br />

schmeckt, <strong>und</strong> schließlich die „Nanica” oder<br />

Wasserbanane, die uninteressanteste, die es auch<br />

in Europa in jedem Supermarkt zu kaufen gibt.<br />

Verkauft werden sie gleich dutzendweise <strong>und</strong><br />

k<strong>ein</strong>er nimmt es <strong>ein</strong>em übel, wenn man die<br />

Früchte vor dem Kauf diskret mit zwei Fingern<br />

drückt. N<strong>ein</strong>, die sind noch zu unreif....<br />

Was den Bananen an Vielfalt recht ist, kann den<br />

Zitrusfrüchten nur billig s<strong>ein</strong>. Die klassischen<br />

Orangen, die Brasilianer kaufen sie gleich 10 kgweise,<br />

sind die Saftorangen. Fünf, sechs Stück<br />

ergeben <strong>ein</strong> schönes Glas zuckersüßen Saftes, den<br />

es auch in der <strong>ein</strong>fachsten Bar immer frisch gibt.<br />

Bitte nur nicht vergessen, dass ihn die Brasilianer<br />

obligatorischerweise mit Eis <strong>und</strong> Zucker trinken.<br />

Die gleichen Orangen werden auch zur Feijoada,<br />

dem Bohnennationalgericht serviert: Gewaschen,<br />

wird ihnen zuerst der Boden <strong>und</strong> <strong>ein</strong> Deckel<br />

abgeschnitten <strong>und</strong> dann mit dem Messer<br />

großzügig die restliche Schale, vom Körper weg!<br />

Dann werden sie ausgelutscht. Die Grenzen von<br />

Orangen zu den verschiedenen Limettentypen<br />

<strong>und</strong> Zitronen sind fließend. Da gibt es zum<br />

Beispiel die kl<strong>ein</strong>e “limão bravo”, eigentlich <strong>ein</strong>e<br />

Limette, die knallorangefarben wird, <strong>und</strong> <strong>ein</strong>e<br />

ausgeprägte, explodierende Säure hat. Fast in<br />

Vergessenheit geraten ist die köstlich-bittere<br />

„Laranja da terra“. Man bekommt sie höchstens<br />

auf ländlichen Märkten oder findet sie in<br />

verwilderten Hinterhöfen. Sie gilt als<br />

blutr<strong>ein</strong>igend <strong>und</strong> medizinal. Ihre Bitterkeit passt<br />

w<strong>und</strong>erbar zu <strong>ein</strong>er Caipirinha. Die gelbe Zitrone,<br />

die Limão galego hat <strong>ein</strong>e unregelmäßig<br />

aufgeworfene Schale, die an Pockennarben<br />

erinnert. Sie wird hier <strong>ein</strong>zig <strong>und</strong> all<strong>ein</strong> dazu<br />

benutzt, Fisch oder Huhn zu „waschen”. Das<br />

heißt unangenehme Gerüche vor dem Kochen zu<br />

neutralisieren.<br />

Weiter vorne freue ich mich über die stark<br />

orange, rot oder gelbfarbene Traube<br />

„Pupunhas“, pingpongballgroße, dickschalige<br />

Kokosnüsschen, <strong>ein</strong>e der vielen essbaren<br />

Palmfrüchte. Pupunhas isst man gekocht. Sie<br />

schmecken fast <strong>ein</strong> wenig wie <strong>ein</strong>e ölige<br />

Kartoffel. Der Verkäufer gräbt s<strong>ein</strong>en Nagel ins<br />

Fruchtfleisch. Je öliger der hinterlassene<br />

Abdruck, desto besser. Auch wenn sie schon von<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 702

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