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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Motocrossstrecke, <strong>ein</strong> Schlammloch ersch<strong>ein</strong>t.<br />

Nicht mal die allgegenwärtigen Motorräder<br />

kommen hier zurecht.<br />

Woher nur dieser Morast kommt, auf dem sie alle<br />

herumrutschen? Es hat doch seit Tagen nicht<br />

geregnet? – Ach, schuld ist die Bürgermeisterin.<br />

Das Auto rutsch, schleudert, zieht nach rechts,<br />

rutsch nach links, tastet sich schliddernd, trotz<br />

Vierradantrieb, vorwärts. Halte sich, wer kann!<br />

Die Bürgermeisterin wolle die Straße! – neu<br />

asphaltieren <strong>und</strong> habe deshalb erst mal das alte<br />

Pflaster weggemacht. Vor Monaten schon. Der<br />

dichte Verkehr, die vielen Laster haben dann vom<br />

brachliegenden Boden soviel Staub aufgewirbelt,<br />

dass die Bewohner, deren Häuser sich rechts <strong>und</strong><br />

links der Straße ansammeln, protestiert hätten.<br />

Resultat: Ein Tankwagen wässert nun die Strecke.<br />

Verwandelt die Straße in <strong>ein</strong> Schlammmeer! Ein<br />

bisschen weniger Staub also, <strong>ein</strong>e Übergangslösung,<br />

denn irgendwann habe die Frau<br />

Bürgermeister vielleicht das nötige Geld <strong>und</strong> die<br />

Maschinen, alles zur selben Zeit, zusammen um<br />

zu asphaltieren. Ja irgendwann. Schulterzucken.<br />

Allerdings komme ja jetzt erst mal die Regenzeit.<br />

Längst haben wir die Stadt hinter uns gelassen,<br />

aber noch immer gibt es längs der Staubpiste<br />

kahle Häuser, <strong>ein</strong> paar <strong>ein</strong>same Mangobäume,<br />

keilförmige Jámbozeiros. R<strong>und</strong> um die Häuser nur<br />

Staub, grau, sauber getretene Erde, k<strong>ein</strong><br />

Hälmchen, k<strong>ein</strong> Grün. Sicher würden sie den<br />

Vorgarten gerne zubetonieren, wenn sie das Geld<br />

dazu hätten! So könne man die Schlangen besser<br />

sehen <strong>und</strong> Insekten gäbe es auch weniger! Aha.<br />

Bretterhütten, wellblechgedeckt, perfekter könnte<br />

die Sauna nicht installiert s<strong>ein</strong>. Klar, ich verstehe,<br />

auch hier will man modern s<strong>ein</strong> <strong>und</strong> praktisch.<br />

Wofür gibt es denn Ventilatoren? Nur die Indios,<br />

die Hinterwäldler der Hinterwäldler, würden noch<br />

die traditionellen Palmblattdächer benutzen, mit<br />

den mobilen Fensterläden aus demselben<br />

Material, die auch Schatten spenden.<br />

Zwischen den Holzhäusern improvisierte Bars, <strong>ein</strong><br />

kl<strong>ein</strong>er Laden. Eine der „Lanchonettes”, <strong>ein</strong><br />

<strong>ein</strong>facher Schnellimbiss, nennt sich ironisch stolz<br />

„McDonalds”. Ah, prustend hält <strong>ein</strong> staubiger<br />

Überlandbus. Er versorgt dieses gesichtslose<br />

Hinterland, wohl im St<strong>und</strong>en oder Zweist<strong>und</strong>entakt.<br />

Wer Waden hat <strong>und</strong> <strong>ein</strong> Fahrrad, nimmt<br />

deshalb auch mal die schweißtreibende Arbeit des<br />

Pedaletretens in Kauf.<br />

Wir ergänzen unseren Trinkwasservorrat. Vor dem<br />

Winzladen <strong>ein</strong> paar lottrige Fahrräder <strong>und</strong><br />

daneben bullig, aber geduldig, <strong>ein</strong> am Nasenring<br />

angeb<strong>und</strong>ener, weißer Zebustier, vor <strong>ein</strong>en<br />

<strong>ein</strong>fachen Wagen gespannt – <strong>ein</strong>e der ländlichen<br />

Varianten lokaler Verkehrsmittel. Geduldig wartet<br />

er, lässt die tief angesetzten Ohren hitzeresistente<br />

Fliegen <strong>und</strong> Mücken weg scheuchen.<br />

Be<strong>ein</strong>druckender wohl nur die Wasserbüffel,<br />

dunkelbraun, fast schwarz, mit imponierenden<br />

Hörnern, denen man auf der Insel Marajó vor<br />

Belém begegnen kann. Hin <strong>und</strong> wieder reitet in<br />

kurzem Galopp <strong>ein</strong> kl<strong>ein</strong>er Junge, <strong>ein</strong> Mann,<br />

meist ohne Sattel, auf <strong>ein</strong>em dieser Riesentiere<br />

vorbei. Auch Touristen können sie reiten,<br />

allerdings nur so zum Spaß.<br />

Wieder unterwegs stechen mir die vielen<br />

Sägereien links <strong>und</strong> rechts ins Auge. Noch mehr<br />

Sägereien, <strong>ein</strong>e nach der anderen. Ach, dahin<br />

fahren die riesigen Holztransporter! Ihre<br />

Ladeflächen sind voll gerammelt mit<br />

Riesenstämmen. Es ist kürzlich geschlagenes<br />

Tropenholz. Aber was ist das denn? Brüsk bremst<br />

der Fahrer herunter. Eine ganze Kuhherde<br />

kommt uns entgegen. Magere Muttertiere,<br />

Kälber, halbwüchsige Rinder. Werden wohl über<br />

die Hauptstraße zu <strong>ein</strong>er neuen Weide getrieben.<br />

Schsch, schsch, treibt sie <strong>ein</strong> Mann zu Fuß an. Die<br />

Flanken versuchen zwei Reiter zu sichern. Der<br />

<strong>ein</strong>e reitet <strong>ein</strong>es der typischen, kl<strong>ein</strong>wüchsigen,<br />

wendigen „Mangalarga“ Pferde, <strong>ein</strong>e brasilianische<br />

Rasse, die in <strong>ein</strong>er Art zockelndem<br />

Passgang, dem Walking Trott gehen. Der andere<br />

<strong>ein</strong>en schönen Rappen mit schlohfarbener<br />

Mähne. Die Hinterhand kontrolliert <strong>ein</strong> Junge auf<br />

dem Fahrrad, den Hütestock quer über den<br />

Lenker gelegt, die Baseballkappe schief auf dem<br />

Kopf.<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 476

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