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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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de Las Casas <strong>ein</strong>e moralische <strong>und</strong> humanistische<br />

Diskussion, die in der päpstlichen Bule Sublimis<br />

Deus vom Papst Paul III im Jahre 1537 sanktioniert,<br />

gipfelte. Sie hatte das Ziel, die indigene<br />

Bevölkerung der neu entdeckten Welten von der<br />

Versklavung auszunehmen. Die selbe hatte der<br />

spanische König Karl V. schon 1530 in s<strong>ein</strong>en<br />

Kolonien verboten.<br />

Einen wichtigen Anteil daran hatte der<br />

Dominikaner Bartolomé de Las Casas, der damit<br />

eigene Erlebnisse in Mexiko aufarbeitete <strong>und</strong><br />

dadurch zum Fürsprecher der Indigene<br />

Bevölkerung konvertierte. In dem als “Disput von<br />

Valladolid” in die Geschichte <strong>ein</strong>gegangene<br />

Aus<strong>ein</strong>andersetzung zwischen dem Dominikaner<br />

Bartolomé de Las Casas <strong>und</strong> dem Humanisten<br />

Juan Gunés de Sepúlveda, abgehalten in der Stadt<br />

mit dem selben Namen, disputierten die beiden<br />

1550/51 über die Legitimität der Versklavung der<br />

Amerindianer. Die Sklaverei wurde in den neu<br />

entdeckten Ländern als ökonomische Notwendigkeit<br />

angesehen.<br />

In der Aus<strong>ein</strong>andersetzung standen sich zwei<br />

entgegengesetzte Weltbilder gegenüber. Die Pro-<br />

Sklaverei argumentierten damit, dass die indigene<br />

Bevölkerung Barbaren seien, gar Tiere, direkt vom<br />

Teufel inspiriert, die im Fall <strong>ein</strong>er Notwendigkeit<br />

deshalb Versklavung <strong>und</strong> Krieg unterworfen<br />

werden könnten. Die andere Seite proklamierte,<br />

dass die Indigenen <strong>ein</strong>e Seele hätten, damit<br />

Menschen <strong>und</strong> k<strong>ein</strong>e Tiere seien <strong>und</strong> ihnen <strong>ein</strong>e<br />

Reihe von Gr<strong>und</strong>rechten wie Freiheit <strong>und</strong><br />

Eigentum zugestanden werden müsse. Als Wegzoll<br />

solle ihnen allerdings das Evangelium beigebracht<br />

werden. Menschen mit Seelen mussten also<br />

gerettet werden, was wiederum die religiösen<br />

Orden übernahmen. Sie verwandelten die<br />

Eingeborenen in wahre Menschen <strong>und</strong> legitimen<br />

Untertanen der Kolonisatoren.<br />

Auf welcher Seite man auch immer stehen mag,<br />

soweit man weiß, waren es zuerst die hochgebildeten,<br />

immer mehrsprachigen Jesuiten, die sich<br />

die indigenen Sprachen aneigneten. Der Tatsache<br />

gewiss, dass <strong>ein</strong>e effiziente Bekehrung nur möglich<br />

war, wenn sie die Sprache, Sitten <strong>und</strong> Gebräuche<br />

der Indios kennen lernten. Sie gingen sehr systematisch<br />

vor, erarbeiteten die ersten Wörterbücher<br />

<strong>und</strong> Grammatiken Tupí-Portugiesisch <strong>und</strong><br />

übersetzten dann den Katechismus in die<br />

verschiedenen Indiosprachen. Um sich im<br />

herrschenden Sprachensalat verständigen zu<br />

können, etablieren sich auch verschiedene<br />

„Generalsprachen“, unter ihnen Nhengatu, die<br />

bald überall gesprochen werden.<br />

Neben diesen Oasen aber bleibt der Amazonas<br />

wild, unzivilisiert, <strong>ein</strong>e Art Wilder Norden. Nicht<br />

von ungefähr nennen die Peruaner ihren Teil des<br />

Amazonas bis heute offiziell <strong>ein</strong>fach <strong>und</strong> simpel “A<br />

Selva”, die Wildnis. Immer wieder kommen der<br />

portugiesischen Kolonialverwaltung<br />

Aufzeichnungen von Missbrauch der Autoritäten<br />

gegenüber der Bevölkerung, Versklavung von<br />

Indigenen unter die Augen. Weit weg von<br />

Portugal, dem selbst ernannten Zentrum dieser<br />

Welt, sch<strong>ein</strong>t alles möglich, Gutes <strong>und</strong> Schauerliches.<br />

Es herrscht Pragmatismus, anders<br />

ausgelegt wohl auch der Gleichgültigkeit, so<br />

typisch für die Haltung, mit der Portugal der<br />

Kolonie gegenüber steht, nur an der ökonomischen<br />

Ausbeutung interessiert. Immer wieder<br />

flackern lokal kl<strong>ein</strong>e Revolutionen auf – nicht alle<br />

indigenen Stämme lassen sich widerstandslos<br />

kolonisieren. Sie gehören aber seit Anfang an zu<br />

den Verlierern <strong>und</strong> werden immer mehr hinter<br />

die letzten Grenzen zurückgedrängt, irgendwo<br />

noch tiefer in den Tropenwald hin<strong>ein</strong>.<br />

Geschichte, die sich immer wiederholt <strong>und</strong> die<br />

erst noch aufgearbeitet werden muss.<br />

Erst der portugiesische Minister Marques de<br />

Pombal setzt 1758 den „Generellen Sprachen“<br />

<strong>ein</strong> Ende, lässt alle Wörterbücher Tupí-<br />

Portugiesisch verbrennen, Portugiesisch wird zur<br />

offiziellen Landessprache. Er bricht das Monopol<br />

der Jesuiten im Schulwesen <strong>und</strong> schickt so<br />

Brasilien auf <strong>ein</strong>en aufgeklärteren, wechselhaften<br />

Weg in die Zukunft. Für die indigene<br />

Bevölkerung aber ändert sich wenig. Der Verlust<br />

der eigenen Kultur ist unaufhaltsam. Vom<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 340

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