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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Tropenwald, feucht <strong>und</strong> immergrün<br />

Wenn die Nebelschwaden nach den Regen<br />

dampfend aufziehen, sich das Ganze wieder<br />

ver<strong>ein</strong>zelt, bekommt man <strong>ein</strong>e Idee, wie<br />

unendlich vielfältig die Natur hier im Tropenwald<br />

zu Werke gegangen ist. Ein <strong>ein</strong>ziger Hektar<br />

beherbergt so viele Arten Bäume wie alle Wälder<br />

Europas zusammen. Schwer fassbar, vorstellbar,<br />

zu riesig, endlos <strong>und</strong> monoton. Ständig ziehen die<br />

Ufer vorbei, flach, <strong>ein</strong>e Art aufgeschnittener,<br />

unregelmäßiger Brokkoli. Wilde, fremde<br />

Ursprünglichkeit. Sie heischt Respekt.<br />

Immerwährendes Grün <strong>und</strong> Braun überzeugen<br />

nur langsam <strong>und</strong> zögerlich. Sie sind eher<br />

<strong>ein</strong>schüchternd, imponierend, denn schön. Der<br />

Urwald beginnt sich über die Details zu<br />

erschließen, unendlich langsam, ganz verstehen<br />

kann man ihn wohl nie in s<strong>ein</strong>er ganzen<br />

unendlichen Wildnis.<br />

Genau hinsehen lohnt sich. Nicht nur nach unten,<br />

sondern auch immer hoch, gar himmelwärts. In<br />

manchen Dschungelhotels kann man auf endlosen<br />

Holzstegen hoch durch die Wildnis wandern, um<br />

mitzukriegen, wie viel <strong>und</strong> wie aktives Leben hoch<br />

in den Kronen <strong>und</strong> Wipfeln, nah beim Licht<br />

herrscht. Von solch privilegierter Warte aus kann<br />

man auch feststellen, dass das Blätterdach des<br />

Regenwaldes alles andere als homogen ist. Es<br />

erinnert wohl eher an <strong>ein</strong>en grünen, warzigen<br />

Blumenkohl. Einzelne Baumriesen wie zum<br />

Beispiel der Paranussbaum, durchstoßen das<br />

mehr oder weniger geschlossene Baumkronendach,<br />

erheben sich hoch über die anderen hinweg.<br />

Bleibt man aber unten, zwischen den mächtigen<br />

Bretterwurzeln, auf der Suche nach dem nächsten<br />

Baumriesen, versteht man, worin der Unterschied<br />

vom Sek<strong>und</strong>är- zum Primärwald liegt. Im Primärwald<br />

stehen sie noch, atemberaubend, gigantische<br />

Riesen, ver<strong>ein</strong>zelt, uralt. In den küsten- näheren<br />

Waldgebieten wurden alle diese Giganten schon<br />

lange herausgeschlagen. Vielleicht noch<br />

mühevoller als heute. Auf unserem Weg treffen<br />

wir auf <strong>ein</strong>en schon in handlichen Brettern<br />

zurechtgeschnittenen Baum. Er wird gerade von<br />

<strong>ein</strong>em Einheimischen, sie dürfen das Holz hier im<br />

Naturpark FLONA nützen, Bretterbündel für<br />

Bretterbündel per Fahrrad aus dem Wald<br />

geschafft.<br />

Dem Giganten Amazonas werden wohl nur<br />

Superlative gerecht. Der Amazonas ist <strong>ein</strong>es der<br />

größten zusammenhängenden<br />

Feuchtwaldgebiete, welcher etwa fünf Prozent der<br />

gesamten Landfläche der Erde <strong>und</strong> über 40<br />

Prozent des brasilianischen Territoriums bedeckt.<br />

(Der Name „Regenwald“, <strong>ein</strong> etwas schwammiger<br />

Begriff, wird heute durch die wohl korrektere<br />

Terminologie „Tropischer Feuchtwald“ ersetzt.)<br />

Ein Feuchtwald, durchflossen von <strong>ein</strong>em sich<br />

fächerförmig ausbreitendes Flusssystem, das 1/5<br />

des Süßwassers der ganzen Erde enthält. Ein<br />

überaus komplexes tropisches Ökosystem, um<br />

das man Brasilien schon früher <strong>und</strong> besonders<br />

heute weltweit beneidet. Immer noch, auch<br />

wenn neueste Forschungen ergeben, dass zum<br />

Beispiel der Mythos von der grünen Lunge der<br />

Erde nicht mehr haltbar ist. Zwischen 2003 <strong>und</strong><br />

2014 haben die Tropenwälder mehr<br />

Kohlendioxid abgegeben als sie absorbiert<br />

haben. Das alles, weil wir Menschen darauf<br />

bestehen, den Wald zu roden <strong>und</strong> zu<br />

verbrennen.<br />

Aber nicht nur diese Superlative lenken die<br />

Aufmerksamkeit der halben Welt auf den<br />

Amazonas. Auch s<strong>ein</strong> materieller Wert ist nicht<br />

zu unterschätzen. Unter den Wurzeln der<br />

Tropenbäume warten viele Bodenschätze auf ihr<br />

Schicksal. Kaum <strong>ein</strong> Mineral, das hier im<br />

Amazonas nicht geschürft werden kann. Ganz zu<br />

schweigen vom Wert, den der Wald <strong>und</strong> s<strong>ein</strong>e<br />

Flora <strong>und</strong> Fauna für die Wissenschaft hat.<br />

Um die Liste wenigstens vorläufig komplett zu<br />

machen, ständig werfen neue Forschungen neue<br />

Superlative auf, gibt es das „Aquífero Alter do<br />

Chão“. Es ist <strong>ein</strong> riesiges, unterirdisches<br />

Wasserreservoire, das das größte der Welt zu<br />

s<strong>ein</strong> sch<strong>ein</strong>t <strong>und</strong> dessen Süßwasserreserven<br />

unter den Staaten Amazonas, Pará <strong>und</strong> Amapá<br />

liegen. Es wird geschätzt, dass sie ausreichen<br />

würden, um den Tagesbedarf an Wasser der<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 76

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