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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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echteckig <strong>und</strong> s<strong>ein</strong> Dach läuft halbr<strong>und</strong> in <strong>ein</strong>er<br />

Spitze aus. Der <strong>ein</strong>zige Eingang ist symmetrisch in<br />

der Mitte. Indios haben oft Gem<strong>ein</strong>schaftshäuser.<br />

Alles gehört allen. Der persönliche Besitz<br />

beschränkt sich auf <strong>ein</strong> paar Werkzeuge, Pfeil <strong>und</strong><br />

Bogen <strong>und</strong> <strong>ein</strong> Haustier, vielleicht <strong>ein</strong> Papagei<br />

oder Äffchen als Gesellschaft <strong>und</strong> die<br />

Hängematte. Vor dem Gem<strong>ein</strong>schaftshaus <strong>ein</strong>e<br />

Feuerstelle <strong>und</strong> <strong>ein</strong>e India, die Früchte entst<strong>ein</strong>t<br />

oder schält. Rechts ganz im Vordergr<strong>und</strong> <strong>ein</strong><br />

effektvoll bemalter Indiojunge. S<strong>ein</strong> vollr<strong>und</strong>es<br />

Gesicht, ist unter dem Topfhaarschnitt zur Hälfte<br />

mit rotem „Urucum“ bemalt. S<strong>ein</strong>e Männlichkeit<br />

bedeckt <strong>ein</strong>e Art Lendenschurz. Auf dem Finger<br />

hält er <strong>ein</strong>en grünen Papagei, der wohl s<strong>ein</strong><br />

Schoßtier ist. Um ihn herum andere Indigenas, die<br />

entweder Töpferwaren herstellen oder dieselben<br />

bemalen. Die links trägt <strong>ein</strong> Kind im Tragetuch.<br />

Die Männer des Stammes sch<strong>ein</strong>en soeben von<br />

der Jagd zurück. Ein Boot hat schon am Flussufer<br />

angelegt. Ein zweites Kanu wird gerade aufs Ufer<br />

hochgezogen. Über die Idylle fliegt stolz <strong>ein</strong><br />

<strong>ein</strong>zelner Reiher, am Flussufer ruht sich <strong>ein</strong><br />

anderes Reiherpaar aus. Links neben dem Jungen<br />

wartet <strong>ein</strong> abenteuerlich aussehender H<strong>und</strong>, halb<br />

Husky, halb Wolf. Über ihm prangt <strong>ein</strong><br />

Cashewbaum, voller Früchte. Ein paar gelbschwarzer<br />

Vögel, „Japins“, man kann sie hier oft<br />

beobachten, naschen davon. Weiter rechts, direkt<br />

auf den Stamm des Baumes, ist das, in<br />

brasilianischen Restaurants immer vorhandene,<br />

Waschbecken gemauert. Hier wäscht man sich vor<br />

dem Essen die Hände <strong>und</strong> nachher spült man sich<br />

den M<strong>und</strong> oder putzt hier gar die Zähne. Ganz<br />

rechts, gleich unter den üppigen Cashews,<br />

bewegen sich die Handtücher leicht im Wind. In<br />

der Mitte des Bildes zwei fest gemauerte<br />

Klimaanlagen, gleich darunter schwingen sich zwei<br />

rote Papageien in den strahlenden Himmel.<br />

Dann erk<strong>und</strong>e ich die Umgebung. Am sandigen<br />

Strand vor dem Restaurant, der an <strong>ein</strong>em kl<strong>ein</strong>en<br />

See, eher <strong>ein</strong>em Teich endet, spielen zwei Jungen<br />

mit bloßen Füßen Fußball, was bei der Bruthitze<br />

wohl ziemlich anstrengend s<strong>ein</strong> muss. Sie lachen,<br />

lassen sich in den Sand fallen <strong>und</strong> vergnügen sich<br />

sehr. Der <strong>ein</strong>e hat den muskulösen Oberkörper<br />

entblößt, beide tragen Bermudas. Vor der Sonne<br />

schützen sich beide mit verkehrt herum<br />

aufgesetzten Schirmmützen.<br />

Gehe <strong>ein</strong> paar Schritte dem Teichufer entlang.<br />

Bew<strong>und</strong>ere die hoch aufgeschossenen Palmen, die<br />

sich im nur hin <strong>und</strong> da leise bewegten Wasser<br />

spiegeln. Schon glättet sich der Teich wieder, steht<br />

gleißend <strong>und</strong> unbewegt <strong>und</strong> ich sehe das ganze<br />

Panorama sozusagen doppelt, <strong>ein</strong>mal aufrecht<br />

stehend, <strong>ein</strong>mal auf dem Kopf. Sehe die<br />

Schönwetterwolkenberge zweimal, die sich<br />

ständig über den klarblauen Himmel schieben, sich<br />

teilen <strong>und</strong> sich zu immer neuen Formationen<br />

zusammenballen, vor die Sonne gleiten, sodass<br />

plötzlich alles im Schatten liegt, die Farben sich<br />

abrupt verdunkeln. Minuten später brennt sie<br />

schon wieder voll herab, die unregelmäßig<br />

r<strong>und</strong>kupplige Fauna, aus der sich immer wieder<br />

<strong>ein</strong>zelne Bäume herausheben, verdoppelt sich<br />

wieder. Ein paar „Buritís“ stehen, was sie sehr<br />

gerne mögen, gar mit den Füßen im Fluss,<br />

glasklarer, transparenter Spiegel. Diese Art<br />

Vegetation heißt, die Indigenen haben für alle<br />

diese Naturphänomene Namen, „Várzeas“. Die<br />

Hitze heizt die Wasser auf, sie werden lau,<br />

körperwarm. Wir suhlen uns wie Kinder, baden<br />

st<strong>und</strong>enlang, die Wasser so warm, dass uns die<br />

Abendluft nach dem Bad fast kühl vorkommt.<br />

Schau, wir sind gar nicht die letzten Gäste! Da<br />

kommt <strong>ein</strong>e ganze Familie, inklusive Patriarch, in<br />

zwei Autos angefahren. Sie setzen sich ganz<br />

vorne unter das letzte Ende des luftigen Dachs.<br />

Als das Essen kommt, stellt sich die Matriarchin<br />

hinter den Topf <strong>und</strong> schöpft jedem <strong>ein</strong>en vollen<br />

Teller heraus.<br />

Bald werden wir wieder abgeholt werden. Ich<br />

gehe schon vor. Genieße die Kupferst<strong>und</strong>e. Die<br />

Schatten ziehen sich immer länger. Schon bald<br />

wird die Nacht, früh <strong>und</strong> plötzlich wie immer,<br />

her<strong>ein</strong>brechen. Laufe auf dem kaum sichtbaren<br />

Pfad durch das hüfthohe Schilfgras, üppig grün,<br />

dem Bootsmann entgegen. Bew<strong>und</strong>ere die<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 195

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