Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Das Fest der Heiligen Dreifaltigkeit
Der Festplatz ist Tage vorher schon rein gefegt
und strahlend bunt herausgeputzt. Der
Gastgeber oder die Gastgeberin hat sich nicht
lumpen lassen. Zwei Maste, einer mit den
traditionellen mehrfarbigen Laternen, der andere
voller Früchte, kunstvoll zwischen die grünen Äste
gebunden, sind schon aufgerichtet und
geschmückt. Das Fest kann beginnen. Die kleine
Kapelle, sie bietet nur wenigen Gläubigen Platz,
dem harten Kern sozusagen, ist eine kleine
Palmstrohhütte. Auch sie ist feierlich hergerichtet,
viel Grün, primärfarbenes Seidenpapier, kunstvoll
eingeschnitten, gestaucht, gefaltet oder in fragilie
Fransen gestückelt. Selber gemachte und echte
Blumen mischen sich unter die grellfarbenen,
künstlichen. Den Baldachin über dem Altar
schmücken drei weiße Kreuzlein.
Blenden wir zurück. Da hinten, etwas zurückversetzt,
die Freiluft-Gemeinschafts-Küche. Neben
dem geistigen wird auch sehr gut für das leibliche
Wohl gesorgt. Von der Kapelle geht’s gleich zum
geselligen Festmahl. Hier werden an drei
Abenden alle verköstigt, die Teil des Festes sein
wollen. Noch ist das kleine Frühstück abgedeckt.
Es gibt zu viele Fliegen. Die eingeschrumpften,
zartgliedrigen Matriarchinnen sitzen wartend auf
wackligen Plastikstühlen. Dann zeigen die
Böllerschüsse, gleich hinter dem Festplatz
abgefeuert, dass die Prozession nicht mehr weit
sein kann. Sie weisen mir den Weg. Da, über den
Feldweg werden sie kommen.
Die weiße und die rote Fahne sind nicht zu
übersehen. Gleich dahinter das Symbol der
Dreifaltigkeit, mitgetragen auf einer reich und
bunt geschmückten Bahre. Eine Trompete singt,
die Saxofone fallen ein und die Trommler schlagen
dumpf den Takt. Schon hält die Gastgeberin mit
durchgedrücktem Rücken und in sich verschlossen
das mit lang flatternden Satinbändern geschmückt
Heiligtum, eine Krone, eine winzige Taube mit
offenen Flügeln über der Weltkugel und ein
Zepter, auf dem Schoß.
Nun gilt es die Masten aufzurichten. Viele Hände
haben ihn unter viel Gelächter mit frischen
Zweigen, Früchten und auch Hochprozentigem
geschmückt. Das Durcheinander ist garantiert.
Nein, so rum! Halt! Sich widersprechende
Aufforderungen, Witze, unterschiedlichsten
Einwürfe und Sprüche machen das Aufrichten
nicht einfacher. Endlich übernimmt ein Einziger
das Kommando. Wer ganze Mast wird um 180
Grad gedreht, das halbe Dutzend kräftiger Männer
steht sich allerdings immer noch auf den Füßen
herum. Dann noch ganz am anderen Ende
kunstvoll mit einer Leiter nachgeholfen und
endlich steht er. Kerzengerade. Die silberne Taube
ganz, ganz oben blitzt in der Sonne. Die weiße
Fahne knallt mal, nur so zur Probe. Ein paar
Gebete, die obligaten Ladainhas. Die Prozession
formt sich und alle umschreitet mehrmals den
Mast. Die kleine Zeremonie wird sich noch
mehrmals wiederholen, jeden Abend. Dann wird
das Frühstücksbuffet eröffnet.
Abends dann, die Nacht ist dunkelbraun, ist die
Stimmung andächtig. Der Singsang der
Ladainhas, einige in Latein, die kleine Andacht,
die Frömmigkeit sind echt. Ich bin die einzige
Außenstehende. Wieder formt sich die
Prozession. Schreitet aus, die Fahnen an der
Spitze, zieht ihre Kreise um die Masten. Kinder
tragen Kerzen. Andächtig wird gesungen.
Am nächsten Morgen fahre ich zufällig vorbei.
Fotografiere den wunderschönen kleinen Stier.
Weiß, seine sanften schwarzen Augen werden
von langen Wimpern beschattet. Betrete die
kleine Kapelle, die ich ganz für mich habe.
Fotografiere die Details, das liebevoll zurecht
geschnittene Seidenpapier, die sorgfältig
symmetrisch drapierten Baldachine. Die
seitlichen Stützen des Baldachins sind mit farbig
geringten, Seidenpapierhüllen verziert. Dazu
wurde das Papier eingeschnitten und dann hoch
gestaucht. Das gibt Volumen. Die kleinen
Papierröschen und die Vergissmeinnicht, so
kitschblau umrahmen den Ort, wo bei der
Zeremonie das Allerheiligste hingelegt wird.
Spüre eine Bewegung im Rücken. Es ist die
Gastgeberin. Auf dem Arm das Dreifaltigkeitssymbol.
Meine Fotos sollen so komplett
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