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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Ab Mitte der sechziger Jahre wird in Brasilien<br />

massiv Soja angebaut. 1970 beginnt der Bau der<br />

Transamazônica, sie geht von Westen nach Osten<br />

quer durch Brasilien. Auch sie soll den „leeren“<br />

Raum des Amazonasgebietes erobern, gedacht als<br />

Ventil <strong>und</strong> mit dem Ziel <strong>ein</strong>e Landreform zu<br />

verhindern. Sie leitet unter dem Namen PIN<br />

(Programa de Integração Nacional) <strong>ein</strong>e massive,<br />

staatliche gelenkte innerbrasilianische Emigration<br />

Nordosten-Norden <strong>ein</strong>, alles nach dem heute<br />

schon fast ironischen klingenden Motto: „Terras<br />

sem homens (Amazônia) para homens sem terra<br />

(Nordeste)“ Land ohne Menschen (Amazonas) für<br />

Menschen ohne Land (Nordosten).<br />

Der Regenwald wird wieder <strong>ein</strong>mal „erobert“,<br />

diesmal durch „Garimpeiros“, Goldgräber,<br />

Kl<strong>ein</strong>bauern, die Landspekulation setzt <strong>ein</strong>. Die<br />

Einwohner des Staates Rondônia steigt schlagartig<br />

an <strong>und</strong> all<strong>ein</strong> in diesem Staat wird 80% des<br />

Regenwaldes abgeholzt. Die Konflikte, nicht nur<br />

mit den Indios, ausgetragen in bester<br />

Wildwestmanier, sie unterliegen dem Recht des<br />

Stärkeren, nehmen zu <strong>und</strong> dauern bis heute an.<br />

Die Bodenschätze des Staates Pará werden nun<br />

durch Megaprojekte ausgebeutet, denn die<br />

Militärs wollen Brasilien zu <strong>ein</strong>er großen Potenz<br />

machen, es endlich in die entwickelte Welt<br />

katapultieren. Es soll auch an Krediten nicht<br />

fehlen <strong>und</strong> so wird 1950 die Staatsbank Banco da<br />

Amazônia, Nachfolgerin der 1942 kreierten Banco<br />

de Crédito da Borracha“ gegründet, schließlich<br />

hilft die Industrialisierung auch bei der Sicherung<br />

des Territoriums. Im Rahmen der „Nationalen<br />

Integration“ wird die Freihandelszone von<br />

Manaus ins Leben gerufen <strong>und</strong> viele andere<br />

gigantische Projekte nehmen Gestalt an. Geringe<br />

Lohnkosten <strong>und</strong> niedrige Steuern locken<br />

Bergbaufirmen wie die 1942 gegründete<br />

Staatsfirma Companhia Vale do Rio Doce, 1997<br />

privatisiert <strong>und</strong> heute durch zahlreiche<br />

Übernahmen zum weltweit größten Erzerzeuger<br />

aufgestiegen, beteiligt sich am Projekt der<br />

Mineração Rio do Norte in Oriximiná, Nordosten<br />

Pará, 15 Bootsst<strong>und</strong>en von Santarém, wo Bauxit<br />

abgebaut wird. In Carajás, Bico do Pagagaio, Süden<br />

von Pará war es die United States Steel, die riesige<br />

Eisenerzvorkommen fand. Als 1970 andere<br />

Mineralien gef<strong>und</strong>en werden, wird die Amazônia<br />

Mineração S.A. gegründet, die die Vale später<br />

all<strong>ein</strong> übernimmt <strong>und</strong> 1979 das „Programa Grande<br />

Carajás“ lanciert, das die reichste Miene der Welt<br />

ausbeuten soll. Zusammen mit dem Bergbau ist<br />

auch Landwirtschaft <strong>und</strong> die Ausbeutung des<br />

Regenwaldes geplant.<br />

Um das ambitiöse Projekt in die Tat umzusetzen,<br />

wird die Eisenbahn Carajás, der Hafen Pota da<br />

Madeira <strong>und</strong> das Wasserkraftwerk Tucuruí, nach<br />

Itaipu der zweitgrößte Stausee Brasiliens gebaut,<br />

dessen Energie zu <strong>ein</strong>em großen Teil von der hier<br />

ansässigen Aluminiumindustrie wie die nahe<br />

Belém in Barcarena ansäßige Albrás/ Alunorte<br />

verbraucht wird. Die Region gilt als <strong>ein</strong>e der<br />

vernachlässigsten <strong>und</strong> ärmsten Brasiliens, es gibt<br />

Arbeiter, die unter sklavenähnlichen<br />

Verhältnissen gehalten werden <strong>und</strong> beim<br />

Massaker vom Eldorado dos Carajás wurden<br />

1996 19 Sem Terras, Landlose von der<br />

Militärpolizei des Staates Pará erschlossen.<br />

Andere pharaonische Projekte wie das des<br />

amerikanischen Unternehmers Container- <strong>und</strong><br />

Tankerkönig Daniel Keith Ludwig, <strong>ein</strong>e<br />

schwimmende Zellulosefabrik in den Dschungel<br />

schicken, auf den Fluss Jarí, <strong>ein</strong> Nebenfluss des<br />

Amazonas, an der Grenze Pará/Amapá, erleben<br />

<strong>ein</strong>e wechselvolle Geschichte. 1981 gibt Ludwig<br />

auf <strong>und</strong> <strong>ein</strong> brasilianisches Konsortium<br />

übernimmt s<strong>ein</strong>e Schulden. Heute ist Jarí in den<br />

Händen des brasilianischen Giganten F<strong>und</strong>ação<br />

Orsa, die hier sehr erfolgreich Zellulose aus<br />

Eukalyptus (!) herstellt.<br />

1973 wird die Autostraße BR 163, die Cuiabá,<br />

Mato Grosso mit Santarém, Pará verbindet,<br />

gebaut für Regenwaldschützern das Symbol für<br />

den falschen, zerstörerischen Umgang mit dem<br />

Regenwald. Ab 1979 beginnt Brasilien, auch auf<br />

internationalen Druck hin, s<strong>ein</strong>e<br />

protektionistische, autoritäre <strong>und</strong><br />

paternalistische Wirtschaftsstrategien zu<br />

revidieren, beginnt sich schrittweise zu öffnen.<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 568

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