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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Von wilden Genüssen <strong>und</strong> Dschungelgourmets<br />

Gepäck des Fluges von Belém, Laufband III. Hätte<br />

es auch ohne Leuchtanzeige leicht herausgef<strong>und</strong>en.<br />

Denn was sich auf dem Laufband dreht,<br />

sind neben <strong>ein</strong>zelnen Koffern vor allem<br />

Styroporkisten, identisch, nur die Größen <strong>und</strong> die<br />

Meter des verwendeten Klebebandes variieren.<br />

K<strong>ein</strong> Paraense reist ohne. Schon stürzen sich alle<br />

darauf, denn es ist alles andere als <strong>ein</strong>fach, die<br />

<strong>ein</strong>zige, die eigene, die so sorgfältig gefülle<br />

Styroporkiste zu erkennen, herauszufischen,<br />

herab zu stemmen.<br />

Identisch, oder zumindest ähnlich ist sich auch<br />

deren Inhalt. Denn wer aus Belém kommt, will<br />

auch in Südbrasilien auf die lockalen Leckerbissen<br />

von A wie Açaí, C wie Cupuaçu, über F wie Farinha<br />

<strong>und</strong> Fisch, frisch oder <strong>ein</strong>gesalzen, obligate<br />

Notration, <strong>und</strong> T wie Tapioca, als Pulver oder als<br />

Crunchs, nicht verzichten. Auch Jambu, Tucupi<br />

<strong>und</strong> vielleicht Pupunhas gehören dazu.<br />

Verständlich. Die Küche <strong>Amazonien</strong>s, besonders<br />

die von Pará, ist wohl die wildeste, ursprünglichste<br />

Brasiliens, direkt <strong>und</strong> ohne große<br />

Anpassungen von den Töpfen der indigenen<br />

Ur<strong>ein</strong>wohner in in die modernen Winzküchen von<br />

heute gesprungen. Neben der afrikanisch<br />

inspirierten von Bahia, der Küche aus dem<br />

Nordosten, die wirklich für alles <strong>ein</strong>e Verwendung<br />

findet, <strong>und</strong> der deftig-altmodischen aus Minas<br />

Gerais, wohl die exotischste <strong>und</strong> vielleicht auch<br />

für manche, was ihr Aussehen betrifft,<br />

gewöhnungsbedürftigste Küche Brasiliens. Nicht<br />

nur ihre Zutaten sind absolut lokal, original <strong>und</strong><br />

ausgefallen. Geht es um perfekte Kombinationen<br />

von süß-sauer-parfümiert-scharf, ist sie<br />

ohnegleichen. Göttlich, zugleich rustikal <strong>und</strong> edelf<strong>ein</strong>,<br />

was man schon an den typischen Gefäße<br />

sehen kann, die „Panela de barro“ (Schwarzer oder<br />

brauner Tontopf, der die Hitze sehr lange<br />

bewahrt) <strong>und</strong> die „Cuia“ (Schale aus der Frucht des<br />

Kürbisfruchtbaums), bis heute nicht vom<br />

allgegenwärtigen Plastik vertrieben.<br />

Neben der etablierten Standardküche mit ihren<br />

Stargerichten wie Ente in Tucupi, Reis mit Jambu,<br />

Pirarucu mit Farinha <strong>und</strong> Bananen, bewahrt sie<br />

sich <strong>ein</strong>e wirklich wilde Seite. In jeder Familie gibt<br />

es den <strong>ein</strong>en Onkel oder Schwager, der <strong>ein</strong>fach<br />

alles, was kreucht <strong>und</strong> fleucht isst. Hinter<br />

vorgehaltener Hand natürlich als <strong>ein</strong>e Art Barbar<br />

verschrienen. Wie wäre es zum Beispiel mit den<br />

knusprig gebratenen Hinterteilen fliegender<br />

„Cupins“, Termiten? Die werden nur <strong>ein</strong>mal im<br />

Jahr „geerntet“, dann wenn ihnen zu<br />

Abertausenden Flügel wachsen <strong>und</strong> sie<br />

ausschwärmen. Auch größeres endet im Kochtopf.<br />

Das Fleisch der Riesenechsen mit ihrem gefährlich<br />

peitschenden Schwanz soll an Huhn erinnern,<br />

genauso das von den kl<strong>ein</strong>eren Kaimanen <strong>und</strong> den<br />

größeren Krokodilen, etwas faserig, viele halten es<br />

für lecker. Alle kl<strong>ein</strong>eren Wildtiere, auch das<br />

Gürteltier, die „Paca“, das wilde Schw<strong>ein</strong> landen<br />

im Kochtopf. Jagen ist der lokalen ländlichen<br />

Bevölkerung zur Selbstversorgung erlaubt.<br />

Als absolut kulinarischer Höhepunkt gelten die<br />

verschiedenen Schildkröten <strong>und</strong> deren Eier.<br />

Beide stehen eigentlich unter schärfstem<br />

Naturschutz. Was für <strong>ein</strong>e Kindheitserinnerung,<br />

in der der Schildkrötenkopf, nur kurz vor der<br />

Zubereitung abgeschnitten, als brutalschauerliches<br />

Spielzeug herumgereicht wurde,<br />

weil er auch ganz entkörpert noch nach St<strong>und</strong>en<br />

kräftig zubeißen kann! Die Eier übrigens sollen<br />

leicht sandig schmecken…. . Zwar gibt es immer<br />

wieder Farmer, die Schildkröten züchten,<br />

wenigen soll es aber gelungen s<strong>ein</strong>, die<br />

gezüchteten, schlachtreifen Tiere zum Verkauf<br />

frei zu bekommen. Der Kreuzzug durch den<br />

lokalen Dschungel der Bürokratie ließe sich<br />

manchmal nicht mal mit <strong>ein</strong>er schönen<br />

Bestechungssumme gewinnen.<br />

Die anderen Schildkröten, wie die vom <strong>Foto</strong>,<br />

kommen aus der freien Wildbahn. Gestehe, dass<br />

sie mir überhaupt nicht schmeckten. Schlimmer<br />

wohl nur gegrillter Affe. Gegen den herrscht auch<br />

hier <strong>ein</strong> gewisses Vorurteil. Zu sehr erinnere er<br />

an <strong>ein</strong> am Spieß geröstetes Kl<strong>ein</strong>kind!<br />

Den „Turu“, <strong>ein</strong> bleicher, ziemlich langer Wurm,<br />

der in ins Wasser gefallenen Baumstrünken lebt,<br />

würde ich wohl doch versuchen. S<strong>ein</strong> Fleisch soll<br />

nach Austern schmecken…..<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 772

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