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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Vom Kolonisiert-Werden<br />

„Nascer português era obrigação de morrer<br />

peregrino“, so schrieb es <strong>ein</strong>er der berühmtesten<br />

Jesuiten, der bis heute für s<strong>ein</strong>e „Sermões“ hoch<br />

gerühmte Antônio Vieira. „Wer als Portugiese<br />

geboren wird, ist dazu bestimmt als Pilger zu<br />

sterben.“ Ob er damit wohl die Mission der<br />

Jesuiten (<strong>und</strong> anderer religiöser Orden) <strong>und</strong>/oder<br />

den Amazonas gem<strong>ein</strong>t hat, den er selber sehr<br />

gut kannte? S<strong>ein</strong> Orden schickte ihn, den<br />

geschickten Politiker, den mächtigen Vertrauten<br />

<strong>und</strong> intimen Berater des portugiesischen Königs<br />

zwischen 1653 <strong>und</strong> 1661 auf <strong>ein</strong>e Mission den<br />

Amazonas hoch. Im s<strong>ein</strong>en unvergleichlich<br />

bildhaften „Sermões“, Predigttexte <strong>und</strong> Briefe,<br />

beschreibt er den Amazonas s<strong>ein</strong>er Zeit als <strong>ein</strong>e<br />

Art Turmbau zu Babel. Auf s<strong>ein</strong>en Reisen stieß er<br />

auf so viele verschiedene indigenen Sprachen,<br />

dass er dafür den biblischen Vergleich schuf. Der<br />

wiederum zeigt uns, dass der Amazonas schon zu<br />

dieser Zeit k<strong>ein</strong>esfalls <strong>ein</strong> unbewohntes Paradies<br />

war.<br />

Wen überrascht´s? Mitten im Amazonas versteckt<br />

sich <strong>ein</strong> hochkomplexer Teil Weltgeschichte. Noch<br />

versteckt <strong>und</strong> nur zögerlich stoßen die neuesten<br />

Forschungen <strong>und</strong> mit ihnen die unterschiedlichsten<br />

Neubewertungen der amazonischen<br />

Geschichte der Zeit vor <strong>und</strong> während der<br />

Besetzung durch die Portugiesen bis zu <strong>ein</strong>em<br />

breiteren Publikum vor. Auch hier im Amazonas<br />

wird, wie auf der ganzen Welt, die Geschichte der<br />

Kolonisation ganz neu bewertet. Manche Forscher<br />

sprechen, je nach politischer Couleur <strong>ein</strong>e sehr<br />

anklägerische Sprache, sehen in der Ausrottung<br />

der Indigenen Bevölkerung <strong>ein</strong>en der größten<br />

Genozids oder Ethnozids der Geschichte. Auch die<br />

Betroffenen melden sich immer mehr <strong>und</strong> immer<br />

artikulierter zu Wort. Längst haben sie sich im<br />

Ausland potentere Partner zugelegt als hier in<br />

Brasilien, wo der Frage der Indios noch immer <strong>ein</strong>e<br />

gute Lobby fehlt.<br />

Wie die neuesten Forschungen beweisen, soll es<br />

laut Schätzungen bei der Ankunft der Portugiesen<br />

in Brasilien zwischen drei <strong>und</strong> fünf Millionen<br />

Indigene gegeben haben. Die teilten sich in<br />

ungezählte Stämme mit eigener Sprache <strong>und</strong><br />

Kultur auf. Die Aufzeichnungen der ersten<br />

Chronisten aus dem 16. <strong>und</strong> 17. Jahrh<strong>und</strong>ert, die<br />

die Flüsse Solimões <strong>und</strong> Amazonas bereisten,<br />

sprechen von unzähligen indigenen Nationen, die<br />

entlang der Flussufer siedelten. Sie wiesen<br />

besonders auf das reiche Angebot an Nahrungsmittel<br />

hin, über das die lokale Bevölkerung<br />

verfügte.<br />

Arm in Arm mit den Kolonisatoren, den ersten<br />

Portugiesen, kamen die unterschiedlichsten<br />

katholischen Orden, ausgeschickt von der<br />

allmächtigen katholischen Kirche in den Amazonas.<br />

Sie fanden, <strong>und</strong> finden hier, heute sind es<br />

besonders die evangelikalen Kirchen, ihre letzten<br />

Grenzen, um missionarisch tätig zu werden. Es<br />

gilt in der Zwischenzeit als bewiesen, dass es<br />

Portugal vor 500 Jahren wohl ohne die tatkräftige<br />

Hilfe, der, zu dieser Zeit bis zum Hals in die<br />

Gegenrevolution verstrickte, katholische Kirche<br />

nicht gelungen wäre, sich Brasilien, besonders<br />

den Amazonas, so erfolgreich untertan zu<br />

machen. Schon 1587 war <strong>ein</strong> Teil der<br />

Indiobevölkerung, in eigenen Indiodörfern<br />

ansiedelt, direkt den Orden unterstellt, der sie<br />

erziehen, zivilisieren <strong>und</strong> damit christianisieren<br />

sollte.<br />

Die Katholische Kirche ging systematisch vor.<br />

Allen voran wurden die allerbesten Kräfte, die<br />

Jesuiten, straffstens organisiert <strong>und</strong> mit ihrer<br />

eigenen, glasklaren, komplett globalisierte Vision<br />

<strong>ein</strong>es weltumspannenden religiösen Imperiums<br />

von Brasilien bis Japan, in die Wildnis geschickt.<br />

Wo sie sich den Seelen genauso annahmen wie<br />

dem Kommerz mit dem Mutterland Portugal.<br />

Parallel dazu wurde in Europa, besonders in<br />

Spanien <strong>und</strong> Rom, komplexe Weltpolitik<br />

betrieben. Die war für die amazonischen<br />

Indigenen von entscheidender Bedeutung. Im<br />

Jahre 1452 gestattete <strong>ein</strong>e päpstliche Bule das<br />

Versklaven von Sarazenen, Heiden <strong>und</strong> anderen<br />

Ungläubigen. Damit war die Sklaverei offiziell<br />

etabliert. Viele Jahre später aber wuchs unter<br />

der Federführung des Dominikaners Bartolomé<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 339

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