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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Moskitonetze? Die hat k<strong>ein</strong>er. Darunter fühle man<br />

sich bedrängt! Und natürlich? Wie nur haben Sie<br />

es erraten? – die sind nämlich total außer Mode!<br />

Passé auch antike Hotels im Kolonialstil, mit<br />

Geschichte <strong>und</strong> Tradition. Mit viel Glück werden<br />

Sie <strong>ein</strong>e Art Schweizer Alpenchalés antreffen, die<br />

irgendwie in den Tropen gestrandet sind. Die<br />

haben sie noch, die weiten, hohen Räume, glattes<br />

Holz für nackte Füße, sind in den Schatten hoher,<br />

üppiger Bäume gebaut. Terrassen, <strong>ein</strong> paar<br />

Haken, an denen <strong>ein</strong>e Hängematte baumelt, <strong>ein</strong><br />

ruhiger, lauschiger Innenhof, altmodisch mit<br />

f<strong>ein</strong>em, weißem, jeden Tag säuberlich<br />

gerechten Sand bestreut – wie unpraktisch! Beton<br />

muss her! Vielleicht gar Kacheln mit künstlichem<br />

Gras? Die Einheimischen wollen es modern: <strong>ein</strong><br />

sicher-hässlich-anonymes Hochhaus, düster, clean<br />

gar, aseptisch. Appartements, deren Zimmer nicht<br />

größer als <strong>ein</strong> Ei sind, die Fenster immer genaus<br />

so angeordnet, dass nur ja k<strong>ein</strong> Durchzug möglich<br />

ist. Nichts, was Klimaanlage <strong>und</strong> elektrisches Licht,<br />

auch tagsüber, nicht lösen würden! Balkone? Gar<br />

Terrassen? Die werden, wenn vorhanden,<br />

höchstens mal als H<strong>und</strong>eklo oder zum<br />

Wäschetrocknen benutzt.<br />

Aber, wie heißt es so schön auf Portugiesisch –<br />

über Geschmack diskutiert man nicht. Man kann<br />

ihn höchstens bedauern, wie den lokalen Hang<br />

zum Monumentalen, Kolossalen. Kongresshallen<br />

oder Viadukte, Restaurants <strong>und</strong> viele neuere<br />

öffentliche Gebäude kultivieren <strong>ein</strong>e ausgefallene<br />

Ästhetik. Überdimensioniert, wie mit der<br />

Motorsäge herausgeschnitten, zurechtgestutzt,<br />

roh hingeklotzt, ja hingekotzt. Bauten der<br />

Herrschenden, waren es früher Kirchen <strong>und</strong><br />

Schlösser, so sollen die opulenten Fassaden<br />

öffentliche Gebäude wohl vergessen machen, wie<br />

viel Geld in die Taschen von Bauherrn <strong>und</strong><br />

Politikern geflossen ist. Das Volk applaudiert, dem<br />

Volk gefällt´s. Mirabolante Monstrositäten,<br />

Alibikonstruktionen sollen überdecken, in wie<br />

vielen Stadtteilen die Abwässer frei zum Himmel<br />

stinken, beileibe nicht nur in den Pfahlbausiedlungen<br />

am Stadtrand oder am Hafen. Ein<br />

Hauch von Fortschritt, von wortgewaltigen,<br />

geschickten Politikern immer <strong>und</strong> immer wieder<br />

versprochen, nur in Ausnahmefällen gehalten. Je<br />

schöner <strong>und</strong> leerer die Worte, je strahlender <strong>und</strong><br />

komplexer die Grandezza der Versprechen, desto<br />

unwahrsch<strong>ein</strong>licher ihre Umsetzung.<br />

Hier setzte ich, lachen Sie nicht, trotzdem auf den<br />

Fortschritt! Brasilien kann sehr schnell <strong>und</strong><br />

überraschend effizient s<strong>ein</strong>. Morgen schon<br />

vielleicht ist nicht mehr das zuckergussgewordene<br />

<strong>Foto</strong> Mode, sondern wie hier im Süden, Altes,<br />

Entschuldigung, Antikes, der letzte Schrei!<br />

Neuerdings werden die Stadtzentren nicht mehr<br />

zerstört, sondern wiederbelebt <strong>und</strong> restauriert!<br />

Bald, schon sehr bald wird das auch im Norden<br />

Schule machen! Bals, schon sehr bald wird<br />

vielleicht <strong>ein</strong>er aus dem Süden jenen alten<br />

Kasten restaurieren, Kolonialstil, zwei<br />

Fußminuten nur zum neu belebten Zentrum!<br />

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