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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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1982 erreicht die Auslandschuld Brasiliens<br />

gigantische Ausmaße an. Das autarke Modell der<br />

Militärs, das alle Importe durch Eigenproduktion<br />

ersetzen will, geht bankrott. 1983 hat die Hälfte<br />

der Bevölkerung nur 12,2% des Inlandkapitals.<br />

Soziale Bewegungen wie MST (Movimento dos<br />

Trabalhadores Rurais sem Terra) <strong>und</strong> die Pastoral<br />

da Criança <strong>und</strong> Pastoral da Terra, beide eng der<br />

Katholischen Kirche verb<strong>und</strong>en, die sich in den<br />

70-er Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts mit der<br />

Befreiungstheologie Dom Hélder Câmeras auf die<br />

Seite der Armen schlägt, beginnen sich zu<br />

organisieren. 1984 kommt es zu Massenprotesten<br />

(Diretas já!). 1985 übernimmt der Vizepräsident<br />

José Sarney, er hatte während der Militärdiktatur<br />

hohe Ämter bekleidet, nach dem plötzlichen Tod<br />

Tancredo Neves als der erste Zivilist das Amt des<br />

Präsidenten, allerdings noch in indirekten<br />

Wahlen. Er regiert bis 1990 <strong>und</strong> verweigert dem<br />

Internationalen Währungsfonds mit <strong>ein</strong>em<br />

Moratorium die Zahlung der Zinsen der<br />

brasilianischen Auslandsschulden.<br />

Zwischen 1950 <strong>und</strong> 1980 explodiert die<br />

brasilianische Bevölkerung. Mit von den<br />

wichtigsten Veränderungen das amazonischen<br />

Szenariums ist der Bevölkerungszuwachs, der hier<br />

weit über dem brasilianischen Durchschnitt liegt.<br />

Zwischen 1950 <strong>und</strong> 2007 nimmt die Bevölkerung<br />

im Amazonas um mehr als 500% zu, was direkte<br />

Folgen für die Umwelt hat. Auf der <strong>ein</strong>en Seite<br />

wachsen Abholzung <strong>und</strong> Urbarmachung<br />

unverhältnismäßig, auf der anderen Seite erliegen<br />

immer mehr Menschen der Anziehung der Städte.<br />

International fast gar nicht oder nur punktuell<br />

wahrgenommen, erlebt der Amazonas damit <strong>ein</strong>e<br />

rasche Urbanisierung, die dem Idealbild des<br />

intakten Regenwalds, der grünen, unberührten<br />

Lunge der Welt in allem widerspricht. Ein<br />

unerwarteter, unsichtbarer Kontrast, <strong>ein</strong><br />

Schandfleck frisst sich ins Grün. Heute leben<br />

dreimal mehr Menschen oder fast 80 Prozent oft<br />

unter oft sehr prekären Bedingungen in den<br />

urbanen Zentren. Der unkontrollierte, überaus<br />

rasche Verstädterung sorgt auch hier im<br />

Amazonas dafür, dass all die hiesigen Städte unter<br />

den selben Problemen leiden, wie viele andere in<br />

den unterentwickelten Teilen Brasiliens.<br />

Pessimisten sehen den Amazonas als <strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>zige,<br />

riesige Favela.<br />

Es entsteht auf der <strong>ein</strong>en Seite <strong>ein</strong> Publikum, das<br />

konsumieren will, auf der anderen Seite<br />

explodieren die Kosten mit Infrastruktur <strong>und</strong> der<br />

Versorgung von Gr<strong>und</strong>bedürfnissen, die der<br />

Gem<strong>ein</strong>de zukommen, was durch die enormen<br />

Distanzen <strong>und</strong> die abgelegene Lage erschwert <strong>und</strong><br />

verschärft wird. Immer weiter um sich greifende<br />

Gewalt, das Fehlen jeglicher Infrastruktur <strong>und</strong> der<br />

Mangel an Basisdienstleistungen wie fließendes<br />

Wasser, Elektrizität, Müllabfuhr, Schulen <strong>und</strong><br />

Ausbildung, Krankenversorgung, öffentliche<br />

Verkehrsmittel <strong>und</strong> die Sicherheit führen zu den<br />

selben Problemen wie in den Städten des<br />

restlichen Brasilien.<br />

In den 80-er Jahren kommt in Pará <strong>und</strong> dem<br />

restlichen Brasilien die sensationelle Nachricht von<br />

Goldf<strong>und</strong>en in der „Serra Pelada“ bei Curionópolis,<br />

Südpará in Umlauf. Besonders aus Maranhão<br />

strömen Garimpeiros zu tausenden herbei. Sie<br />

verwandeln den Berg auf dem Höhepunkt s<strong>ein</strong>er<br />

Produktion in <strong>ein</strong>en menschlichen Ameisenhaufen.<br />

1988 wird die bis heute gültige Verfassung<br />

verabschiedet, die zum ersten Mal wenigstens<br />

theoretisch den Amazonas <strong>und</strong> das Pantanal zum<br />

nationalen Naturerbe erklärt <strong>und</strong> die indigenen<br />

Völker unter Schutz stellt, denn so langsam<br />

richten sich die Augen der Welt auf den<br />

Regenwald.<br />

1988 wird Chico Mendes, während der<br />

Militärdiktatur verfolgt, Gründer der Gewerkschaft<br />

der Kautschukzapfer aus Acre, ermordet, als er<br />

sich für die Erhaltung des Regenwaldes <strong>ein</strong>setzt<br />

<strong>und</strong> 2005 geht der Mord an der amerikanischen<br />

Ordensschwester <strong>und</strong> Umweltaktivistin Dorothy<br />

Stang, sie arbeitete für die Pastoral da Terra in der<br />

Region der Transamazônica, um die Welt. Sie wird<br />

Anapu, Pará, kaltblütig ermordet.<br />

Um die Jahrh<strong>und</strong>ertwende zu Beginn der 2000<br />

Jahre werden die Exporte von industrialisierten<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 569

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