18.05.2018 Aufrufe

Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

uninteressant, als Schon- oder Krankenkost.<br />

Letztere werden gerne für Fischsuppen<br />

verwendet oder traditionellerweise ausgebacken.<br />

Es muss ja nicht gerade in Butter s<strong>ein</strong>, wie es mir<br />

<strong>ein</strong>er der Händler mal vorgeschlagen hat. Sicher<br />

göttlich! Wie wär´s mit <strong>ein</strong>er „Caldeirada“, der<br />

traditionellen Fischsuppe? Mit großzügigen, fast<br />

grätenlosen Fischtranchen, klassisch sind<br />

„Filhote“, „Pescada amarela“ oder „Tucunaré“,<br />

drei der fünf oder sechs am meisten geschätzten<br />

Fische? Zusammen mit <strong>ein</strong>er Handvoll<br />

Süßwasserkrabben in <strong>ein</strong>er leckeren Brühe in der<br />

neben Paprika, Tomaten, Kartoffeln <strong>und</strong> anderen<br />

Gemüsen hart gekochte Eier nicht fehlen dürfen,<br />

gar gezogen. Auch in Tucupi pochiert schmecken<br />

sie nochmal so gut.<br />

Aber das ist nur <strong>ein</strong>e Kostbrobe - es gibt mehr als<br />

1.200 Arten essbare Fische im Amazonas! Wie<br />

wäre es mit „Pirarucú“, dem Amazonischen<br />

Bacalhão (Stockfisch)? Jedem F<strong>ein</strong>schmecker, der<br />

schon die Ehre hatte, dürften schon all<strong>ein</strong> beim<br />

Lesen die Speicheldrüsen angeregt worden s<strong>ein</strong>.<br />

Der „Pirarucu“, <strong>ein</strong> urtümlicher Riesenfisch, heute<br />

unter Schutz gestellt, <strong>und</strong> auch schon aus<br />

Fischzuchten erhältlich, ist <strong>ein</strong> kulinarisches<br />

Heiligtum. Er kann, k<strong>ein</strong> Fischerlat<strong>ein</strong>, mehr als<br />

drei Meter lang werden, <strong>und</strong> erreicht <strong>ein</strong><strong>ein</strong>halb<br />

Meter Umfang. Oft wird er, in lange „Mantas“,<br />

Riesenfilets geschnitten, nach dem Vorbild des<br />

berühmten portugiesischen Stockfisches st<strong>ein</strong>hart<br />

<strong>ein</strong>gesalzen <strong>und</strong> in Rollen verkauft.<br />

Fisch<strong>ein</strong>kaufen auf dem Markt lehrt mich auch,<br />

dass nicht alle Fische immer verfügbar sind, <strong>und</strong><br />

dass Fischen <strong>ein</strong>e Tätigkeit ist, die man als<br />

Extrativismus bezeichnet. So gilt es immer zu<br />

Improvisieren. Der ach so leckere „Mapará“ taucht<br />

nur auf, wenn s<strong>ein</strong>e Fischschwärme gerade<br />

vorbeiziehen. Und mit den steigenden Wassern<br />

werden die Fische rarer. Dieses Jahr sind die<br />

Wasser besonders schnell gestiegen. Noch fehlen<br />

drei Wochen bis zur Karwoche, aber schon ist das<br />

Angebot dürftig. Der Fischverkäufer hat dazu<br />

folgende Anektote: „M<strong>ein</strong>e Liebe, Sie können es<br />

mir glauben oder nicht, aber in der Karwoche<br />

verschwinden die Fische. Die K<strong>und</strong>en denken ja,<br />

dass wir sie verstecken, aber das stimmt nicht.<br />

Erinnere mich noch sehr gut, <strong>ein</strong>mal, als ich noch<br />

Kind war, hieß mich m<strong>ein</strong> Vater fischen gehen.<br />

Einen lecken Fisch auf den Ostertisch sollte es<br />

schon s<strong>ein</strong>. Aber Sie können es mir glauben, nicht<br />

mal <strong>ein</strong>e Piranha hat angebissen! Wir mussten<br />

doch wirklich <strong>ein</strong> Huhn kaufen, damit wir was auf<br />

dem Tisch hatten!“<br />

Sind die Wasser tief, werden tonnenweise Fische<br />

angeliefert. Die größten <strong>und</strong> leckersten, m<strong>ein</strong><br />

Rekord ist <strong>ein</strong> Filhote, der 16 kg auf die Waage<br />

brachte, werden in luftigen Körben her gebuckelt,<br />

von geheimnisvollen Händlern auf hohen,<br />

tronartigen Stühlen, die ihnen wohl den<br />

Überblick garantieren, in geheimnisvollen<br />

Schulheften notiert <strong>und</strong> verschwinden dann<br />

gleich in den Kühlwagen, die sie ins restliche<br />

Brasilien bringen. Zusammen mit den vielen<br />

anderen Fischen, die in Küstennähe auch aus<br />

dem Meer oder aus jenen Wassern, die weder<br />

salzig noch süß sind, gefischt werden.<br />

Endlich wage ich mich auch an den vorsintflutlichen<br />

Acari-Bodó, <strong>ein</strong>er der vielen Fische<br />

zweiter, oder dritter Klasse. Er hat statt Gräten<br />

<strong>ein</strong>en Knochenpanzer, was ihm <strong>ein</strong> sehr<br />

gewöhnungsbedürftiges Aussehen verleiht.<br />

Zudem hat er <strong>ein</strong>e Lunge, was ihm erlaubt, auch<br />

auf dem Trockenen st<strong>und</strong>enlang zu überleben.<br />

Schauerlich, wenn die Plastiktüte noch vor sich<br />

hin zuckt, wenn man ihn gekauft hat. Aber er<br />

schmeckt! Gebraten oder gegrillt findet man ihn<br />

in k<strong>ein</strong>em Restaurant. Nur gleich hier am Hafen<br />

grillen sie ihn gleich im Dutzend.<br />

Lerne, dass der Preis <strong>ein</strong>es Fisches proportional<br />

zu s<strong>ein</strong>em Aussehen ab oder zunimmt <strong>und</strong><br />

davon, wie viele Gräten er hat, <strong>und</strong> dass s<strong>ein</strong><br />

Geschmack erst an zweiter Stelle kommt.<br />

Überaus gewöhnunsgbedürftig sind auch die<br />

Krebse, „Caranguejos“. In küstennahen Städten<br />

werden sie lebend angeboten, auch mal aus<br />

<strong>ein</strong>em Einkaufswagen heraus. Sie wurden in<br />

mühevoller Handarbeit aus den schwarzlehmigen<br />

Mangrovensümpfen gefischt <strong>und</strong> schmecken<br />

742

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!