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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Fleisch, ziemlich durchzogen, was mich aber nicht<br />

weiter störte. Weichte das Fleisch <strong>ein</strong>e Nacht <strong>ein</strong>,<br />

überbrühte es mit heißem Wasser <strong>und</strong> schnitt die<br />

Hälfte kl<strong>ein</strong>. Gut frittiert, mit viel Zwiebeln<br />

angerichtet, hatte das verdammte Fleisch auf<br />

m<strong>ein</strong>em Teller aber <strong>ein</strong>en deutlich seifigen<br />

Geschmack! Die Hausangestellte löste das Rätsel<br />

sofort. Denn das, was das Fleisch weißlich<br />

durchzog, ich hielt es für saftiges Fett, war<br />

„Sebo“, Talg. Internet sei Dank lerne ich dann,<br />

dass Talg bis heute für die Herstellung von Seife<br />

<strong>und</strong> Kosmetika verwendet wird. Talg wird deshalb<br />

vor dem Zubereiten sorgfältig weggeschnitten.<br />

Was in der Zivilisation natürlich der Metzger<br />

macht….. . Die Probe auf Exempel lieferte mir<br />

dann das restliche Stück Fleisch, das,<br />

entsprechend in st<strong>und</strong>enlangem Rumschneiden<br />

von allem Talg befreit , zu <strong>ein</strong>em riesen Erfolg<br />

wurde. Der sonst eher zimperliche Handwerker,<br />

der was-der Bauer-nicht-kennt-frisst-er-nicht-<br />

Maurer, hier essen sie am Tisch mit, kratzte auch<br />

das letzte Stückchen Fleisch mit viel Farinha aus<br />

der Bratpfanne.<br />

Ja, mit dem Fleisch ist es hier etwas kompliziert.<br />

Es gibt den Metzger <strong>und</strong> dann aber auch kl<strong>ein</strong>e<br />

Baracken, die nur „Viceras“, Eingeweide<br />

verkaufen. Da hängen malerisch assortiert die<br />

Rinderb<strong>ein</strong>e für die Rindermarksuppe neben den<br />

Kutteln, natürlich noch am Stück <strong>und</strong> auch das<br />

bloß geschabte Gerippe findet Abnehmer. Lerne,<br />

dass solche Knochen, <strong>ein</strong>e Nacht <strong>ein</strong>gesalzen,<br />

nicht nur <strong>ein</strong>e leckere Brühe geben, sondern auch<br />

die tagtäglichen Bohnen geschmacklich ungem<strong>ein</strong><br />

bereichern. Ein Tier vom Scheitel bis zum Schwanz<br />

zu verwerten, ist hier also noch wirkliche<br />

Wirklichkeit. Am Wochenende darf‘s auch mal<br />

Schw<strong>ein</strong> s<strong>ein</strong>. Das arme hängt, ganz ohne Kühlung,<br />

an der freien Luft zum Verkauf. Es hat, solange es<br />

hat. In die selbe Kollektion gehört auch das das<br />

tiefgefrorene Hähnchen, das im Küchenbecken bei<br />

schon frühmorgendlichen 30 Grad auftaut. K<strong>ein</strong><br />

Problem! Aller Ekel wird damit wettgemacht, dass<br />

man es so gut durchbrät, dass es stocktrocken auf<br />

den Tisch kommt. Zudem werden Hähnchen, Fisch<br />

<strong>und</strong> alle Meerestiere, auch alles Eingesalzene vor<br />

dem Zubereiten mit sehr viel Zitronensaft <strong>und</strong><br />

Wasser gewaschen. Oder noch radikaler, das wirkt<br />

auch gegen zu viel Salz, mit kochend heißem<br />

Wasser übergossen. Es gibt hier gar <strong>ein</strong>e spezielle<br />

Zitrone, - ergibt, zusammen mit der Schale<br />

gemixt, <strong>ein</strong>en w<strong>und</strong>erbares Erfrischungsgetränk! –<br />

die nur dazu dient, um Fisch <strong>und</strong> Fleisch zu<br />

waschen.<br />

Denn neben dem Waschen wird hier alles vorher<br />

angerochen. Fischgeruch hat <strong>ein</strong>en eigenen,<br />

lokalen Namen: „Pitiú“ . „Pitiú“ ist <strong>ein</strong><br />

uramazonisches, unübersetzbares indigenes Wort.<br />

Umschreibt den Geruch <strong>ein</strong>es Fisches, der aber<br />

nicht unbedingt „fischig“ riecht, Pardon, stinkt.<br />

Auch Eigelbe werden gr<strong>und</strong>sätzlich vom f<strong>ein</strong>en<br />

Häutchen befreit. Denn auch das hat „Pitiu“.<br />

Auch Essen, Haare, Kleider, Häuser, Straßen, alles<br />

wird berochen - über Nasen, respektive Gerüche<br />

oder ekelerregende Gestänke diskutiert man<br />

wohl besser nicht. Aber Wasser, sehr viel Wasser<br />

<strong>und</strong> noch mehr Wasser wäscht alles, angenehme<br />

<strong>und</strong> unangenehme Gerüche <strong>ein</strong>fach weg.<br />

Man wäscht <strong>und</strong> hygienisiert hier alles. Früchte,<br />

Gemüse, <strong>ein</strong>fach alles was vom Markt, von der<br />

Straße kommt, wird in mehreren Etappen<br />

keimfrei gemacht. – Ist doch schon durch so<br />

viele, nicht immer saubere Hände gegangen!<br />

Gemüse <strong>und</strong> Früchte, auch die, die man vor dem<br />

Genuss schält oder kocht, obligatorischerweise<br />

<strong>ein</strong>e aufwendige Prozedur. Sie werden zuerst gut<br />

<strong>und</strong> kräftig mit viel Seifenwasser abgerieben,<br />

treiben dann für längere Zeit in <strong>ein</strong>er mit<br />

Hardcore Chemie sterilisierten Wasserbad. Nicht<br />

von ungefähr sind hier Hydroponieprodukte sehr<br />

beliebt - die haben ja k<strong>ein</strong>en Kontakt mit der<br />

ach so ekligen Erde!<br />

Dass die sie selben Personen aber problemlos<br />

jeden Tag Margarine statt Butter essen, viel<br />

billiger <strong>und</strong> k<strong>ein</strong> Cholesterin <strong>und</strong> nur Milch aus<br />

Milchpulver, möglichst mit Vitaminzusätzen <strong>und</strong><br />

so trinken, zum Mittagessen fettigst<br />

Ausgebackenes, aber natürlich nur weißes<br />

Fleisch! Rotes ist ja so schrecklich <strong>und</strong> besonders<br />

bei Hackfleisch muss das so eklige Blut unbedingt<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 491

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