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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Im Museum des Kautschuks<br />

Die Museumsführerin ist die Fre<strong>und</strong>lichkeit <strong>und</strong><br />

Geduld in Person. Empfängt die Touristen, die das<br />

kl<strong>ein</strong>e Schiff von der Marina do David hergebracht<br />

hat <strong>und</strong> integriert sie sogleich in den kl<strong>ein</strong>en<br />

R<strong>und</strong>gang durchs Freilichtmuseum. Hier im<br />

„Museu do Seringal“, am linken Ufer des Rio<br />

Negro gelegen, dreht sich alles um den<br />

Kautschuk. Äußerst didaktisch <strong>und</strong> anschaulich<br />

erzählt sie, wie sich <strong>ein</strong> Kautschukgewinner, unter<br />

ihnen viele Nordestinos, kurz nach Mitternacht,<br />

<strong>ein</strong>e Lampe auf dem Kopf, in den stockdunklen<br />

Wald aufmachte, wo er die Bäume anritzte <strong>und</strong><br />

die kl<strong>ein</strong>en Behälter zum Auffangen des Saftes<br />

anbrachte. Nachts war die Hitze erträglicher <strong>und</strong><br />

der Saft floss generöser. Den selben Pfad <strong>ein</strong><br />

zweites Mal ablief, diesmal am frühen Morgen,<br />

um den in den kl<strong>ein</strong>en Metalltrichtern aufgefangenen<br />

weißen Latex <strong>ein</strong>zusammeln. Zurück in<br />

s<strong>ein</strong>er Hütte, verklumpte er denselben über<br />

offenem Feuer zu kompakten Ballen, „Pelotas“<br />

genannt.<br />

K<strong>ein</strong> Leben, eher <strong>ein</strong>e Art Vorhölle sei es<br />

gewesen. Und schon gar k<strong>ein</strong>e Möglichkeit reich<br />

zu werden. Eine fremde, f<strong>ein</strong>dliche Welt mit<br />

Indios, exotischen Tieren <strong>und</strong> Pflanzen, dem<br />

strengen Regime der Barone <strong>und</strong> Zwischenhändler,<br />

den ausbeuterischen Kaufleuten<br />

ausgeliefert. Viele Kautschukgewinner starben<br />

sehr jung. Opfer von Schlangenbissen, tropischen<br />

Krankheiten <strong>und</strong> auch von Rauchvergiftungen, die<br />

sie sich beim Kautschukkochen zuzogen. Die<br />

Katuschukbarone dagegen wurden über Nacht<br />

unermesslich reich. Reisten regelmäßig nach<br />

Europa, von wo sie sich allen nur erdenklichen<br />

Komfort, von Möbeln über W<strong>ein</strong>, Geschirr <strong>und</strong><br />

Kleidern für ihre Damen <strong>und</strong> Geliebten<br />

mitbrachten.<br />

Der kl<strong>ein</strong>e Krämerladen mit der Waage, wo die<br />

Kautschukballen gewogen <strong>und</strong> sogleich gegen<br />

Lebensmittel <strong>und</strong> anderes Lebensnotwendige<br />

umgetauscht wurden, zeigt, wie abhängig die<br />

„Seringeiros“ gehalten wurden. Denn der<br />

allmächtige Besitzer des Herrenhauses mit<br />

Krämerladen legte nicht nur die Preise für den<br />

Kautschuk fest, sondern auch für die Waren. Dabei<br />

rechnete er natürlich immer zu s<strong>ein</strong>en Gunsten.<br />

Das Einzige, was hier zur Authentizität fehlt, ist der<br />

durchdringend beißende Geruch, den der frische<br />

Latex ausströmt, von so vielen Reisenden aus der<br />

Zeit des Kautschuks als das Charakteristische<br />

überhaupt beschrieben. Das w<strong>und</strong>erhübsche<br />

Museum, <strong>ein</strong>s als Filmkulisse gebaut, bekommt so<br />

nun heute <strong>ein</strong>e zweite Nutzung mit didaktischem<br />

Hintergr<strong>und</strong>.<br />

Obs.: Das Museum schließt früh, nach 16 Uhr wird<br />

der Betrieb <strong>ein</strong>gestellt. Eine Vorsichtsmaßnahme<br />

gegen jene Moskitos, die Leishmaniose <strong>und</strong><br />

Malaria verbreiten.<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 693

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