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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Marajó<br />

Der kl<strong>ein</strong>e Junge, der da soeben vorbei trabte, der<br />

ritt <strong>ein</strong>en Büffel! Einen Wasserbüffel! Auf den<br />

Rücken des riesigen schwarzen Ungetüms<br />

geklebt, sprengt er ganz ohne Zaumzeug <strong>und</strong><br />

Sattel vorbei! Auf der riesigen Insel Marajó<br />

sch<strong>ein</strong>t die Zeit stehen geblieben zu s<strong>ein</strong>. Oder<br />

mindestens ticken die Uhren <strong>ein</strong>en Tick<br />

gemächlicher. Noch sind die Wasserbüffel neben<br />

dem Fahrrad <strong>und</strong> dem Crossmotorrad die<br />

wichtigsten Verkehrsmittel, nach dem Schiff<br />

natürlich. Transportiert wird per Mototaxi.<br />

Gewichtigeres aber wird vom Wasserbüffel<br />

gezogen, geschleppt oder gebuckelt. Die Büffel<br />

übrigens sollen alle sehr zahm s<strong>ein</strong> <strong>und</strong> geduldig.<br />

Immer wieder kann man sie treffen. Irgendwo,<br />

frei, am Strand zwischen <strong>ein</strong> paar schattigen<br />

Bäumen <strong>und</strong> natürlich in <strong>ein</strong>em Wasserloch<br />

suhlend. Es muss wohl am Klima liegen.<br />

Kreischende Touristen tragen sie auf enormen<br />

Sätteln spazieren. Die selben Touristen, die<br />

nachher w<strong>und</strong>erbaren Joghurt, Sauermilch <strong>und</strong><br />

Käse aus Büffelinnenmilch, wie man hier sagt,<br />

verspeisen werden, gar <strong>ein</strong> ausgezeichnetes<br />

Büffelschnitzel. Am liebsten mögen die Büffel<br />

aber <strong>ein</strong> ausgiebiges Bad. Und das bekommen sie<br />

tagtäglich. An der L<strong>ein</strong>e, am Nasenring<br />

festgemacht, rennt dieser hier sichtlich erfreut<br />

dem Fahrrad des Besitzers nach. Schon biegt er<br />

ab. Es geht direkt zum Strand!<br />

Dass die Büffel hier perfekt angepasst sind <strong>und</strong><br />

Teil der lokalen pittoresken Landschaft, darüber<br />

gibt es k<strong>ein</strong>en Zweifel. Sie wurden um die<br />

Jahrh<strong>und</strong>ertwende des 19. zum 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

auf Marajó <strong>ein</strong>geführt. Ihr Vorfahren kamen aus<br />

Indien, den Philippinen <strong>und</strong> aus Italien <strong>und</strong> sie<br />

gehören vier verschiedenen Rassen an. Wie sie<br />

hierher kamen? Darüber gehen die Versionen<br />

aus<strong>ein</strong>ander. Einige erzählen von <strong>ein</strong>em Schiffbruch,<br />

der die ersten Tiere hier stranden ließ.<br />

Andere führen <strong>ein</strong>fache, kommerzielle Motive für<br />

den Import an.<br />

Marajó, der Archipel mit mehr oder weniger der<br />

Fläche der Schweiz, er besteht aus dreitausend<br />

Inseln <strong>und</strong> Inselchen, die die größte Binneninselgruppe<br />

der Welt bilden, wird gerade für den<br />

sanften Ökotourismus entdeckt. Ein paar, die<br />

wissen, wie man <strong>ein</strong> Geschäft macht, sind schon<br />

zur Stelle. Allerdings geht hier alles <strong>ein</strong> wenig<br />

langsamer. Landschaftlich <strong>und</strong> kulinarisch hat<br />

Marajó viel zu bieten. Marajó <strong>ein</strong> paar Bootsst<strong>und</strong>en<br />

von Belém entfernt, ist nur übers Wasser<br />

oder per Flugzeug zu erreichen. Kann man von<br />

<strong>ein</strong>er Insel etwas anderes erwarten?<br />

Das Wasser hat das Sagen auf Marajó. Und es ist<br />

nicht irgend<strong>ein</strong> Wasser. Die Inselgruppe wird auf<br />

der <strong>ein</strong>en Seite von den Flüssen Amazonas, Pará<br />

<strong>und</strong> Tocantins, also Süßwasser <strong>und</strong> auf der<br />

anderen vom Atlantik, Salzwasser, umspült. An<br />

den riesigen, <strong>ein</strong>samen Stränden mischt sich das<br />

Süßwasser mit dem salzigen des Meeres, sind<br />

nicht mehr süß <strong>und</strong> noch nicht ganz salzig. An der<br />

Atlantikküste dominieren die Mangues. Da<br />

werden in mühevoller, schlammiger Arbeit die<br />

Krebse aus dem Morast gepullt, bevor sie an<br />

langen Schnüren aufgefädelt lebend verkauft<br />

werden.<br />

Man kann hier nur leben, wenn man die<br />

Einzigartigkeit der Natur respektiert.<br />

Und <strong>ein</strong>zigartig ist die Natur hier wirklich. Der<br />

Westen der Insel ist <strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>zige riesige Ebene,<br />

spärlich <strong>und</strong> niedrig bewaldet, <strong>ein</strong>e Savanne. Nur<br />

die Bacurizeiros ragen weithin sichtbar heraus.<br />

Der Westen ist mit dichtem, tropischem<br />

Regenwald bedeckt. In der Regenzeit sind 2/3<br />

der Insel überschwemmt. Neben den<br />

allgegenwärtigen Wassern, den Mündungen der<br />

riesigen Flüsse gilt es auch die Gegebenheiten<br />

des Meeres, den ständigen Wechsel zwischen<br />

Ebbe <strong>und</strong> Flut zu beachten. Manche abgelegenen<br />

Orte wie das halbvergessene Dorf Arapixi<br />

erreicht man nur bei Flut. Bei Ebbe ist der Fluss<br />

mit dem selben Namen nicht beschiffbar. Er gilt<br />

generell als schwierig, unberechenbar, denn er<br />

ist zwar ewig breit aber untief. Das führt dazu,<br />

dass er ständig s<strong>ein</strong> Bett wechselt, gar an<br />

unerwarteten Orten Sandbänke anhäuft.<br />

Ein anderes Naturphänomen, die Pororoca, <strong>ein</strong>e<br />

riesige Flutwelle, zieht heute viele Touristen an.<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 958

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