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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Ein regionales Frühstücksbankett<br />

Die Politesse löffelt genüsslich den „Mungunzá“,<br />

<strong>ein</strong> köstlicher Brei aus weißem Mais, St<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />

St<strong>und</strong>en gekocht, bis er dicklich wird, cremig, mit<br />

oder ohne Zimt, gleich neben <strong>ein</strong>em anderen aus<br />

grünen Bananen! noch cremiger <strong>und</strong> mit kl<strong>ein</strong>en<br />

Fruchtstückchen, die <strong>ein</strong>em im M<strong>und</strong> zergehen!<br />

Beide im Plastikbecher serviert. Ihr Kollege, die<br />

Uniform sitzt etwas eng, isst <strong>ein</strong>e dicke „Tapioca“,<br />

f<strong>ein</strong>e, weiße hauchf<strong>ein</strong>e Pfannkuchen, ganz leicht,<br />

von der aufmerksamen Budenbesitzerin, <strong>ein</strong>er<br />

von vielen an<strong>ein</strong>ander gereihten, genau nach<br />

Wunsch gebacken <strong>und</strong> gefüllt. Frugal nur mit<br />

Butter? Oder vielleicht die regionale Variante?<br />

„Queijo qualha“, <strong>ein</strong> Fastkäse, in Scheiben oder in<br />

großzügige Späne gerieben, passt er ausgezeichnet<br />

zu den f<strong>ein</strong>en orangefarbenen Spiralen<br />

der Schale des „Tucumã“. Mit <strong>ein</strong>em Spiegelei<br />

oder Kokosflocken pulverisiert, vor Kurzem von<br />

Hand gerieben? Wie wär´s mit <strong>ein</strong>er Tapioca mit<br />

Bananen- oder Goiavenmus serviert, ausgiebigst<br />

mit Kondensmilch bekleckert, mit flüssiger<br />

Schokolade oder Karamell gefüllt? Man muss nur<br />

den Wunschzettel ausfüllen, den Kugelschreiber<br />

bringt die Kellnerin gleich mit <strong>und</strong> dann etwas<br />

warten.<br />

Das lokale Frühstück, <strong>ein</strong>e ganze Frühstückskultur,<br />

ist m<strong>ein</strong> Geheimtipp. Magere Putenbrust <strong>und</strong><br />

quadratisch bleicher Schinken, Brötchen, die fast<br />

wie Papier schmecken <strong>und</strong> <strong>ein</strong> Käse, der so jung<br />

wie bleich ist in Geschmack <strong>und</strong> Aussehen, kann<br />

ich in jedem Hotel essen. Verwässerter, mit Eis<br />

<strong>und</strong> Zucker verdünnter Orangensaft? Danke, da<br />

gehe ich lieber um die Ecke auf den lokalen Markt.<br />

Angepriesen als „Café regional“, gibt es das reiche<br />

Frühstück heute sogar in schicken Bäckereien.<br />

Aber auf dem Markt ist es authentischer <strong>und</strong> am<br />

Nebentisch verpflegt sich gerade Herr jedermann<br />

oder eben die Polizei. Zudem gibt’s da alles, was<br />

m<strong>ein</strong> Herz begehrt. Cashewsaft, vanilliefarbenes<br />

Gelb, leicht <strong>und</strong> immer <strong>ein</strong> bisschen rau auf den<br />

Zähnen, es ist gerade Saison. „Cupuaçu“, exotische<br />

Gaumenfreuden, die mich bei jedem Schluck<br />

säuerlich parfümiert entzücken, nur vom delikaten<br />

„Bacuri“ übertroffen werden. Ohne Eis bitte. Das<br />

verwässert. Nehme lieber die Zimmertemperatur<br />

in Kauf. Kekse, weich <strong>und</strong> nur leicht süß, die<br />

Tapiokaflocken springen kugelr<strong>und</strong> <strong>und</strong> lecker aus<br />

der Kruste. Eine kl<strong>ein</strong>e Portion „Cuscuz“, aus<br />

Maisflocken, eidottergelb, mit Kokosmilch,<br />

perfekt, leicht - m<strong>ein</strong> Lieblingsfrühstück! Ach, es<br />

gibt auch die ewig lange Bananen! K<strong>ein</strong>e kann ihr<br />

das Wasser reichen, mit oder ohne Schale<br />

gebraten oder frittiert. Hier landen sie, zusammen<br />

mit dem erdig schmeckenden Tucumã <strong>und</strong> Käse in<br />

der doppelten Tapioca. Alles garantiert gekocht,<br />

sehr lange, bei sehr hohen Temperaturen<br />

gebraten, damit sind auch hygienische Bedenken<br />

vom Tisch. Nur Kaffeesüchtige müssen sich an die<br />

brasilianische Variante gewöhnen: Zuckersüß <strong>und</strong><br />

wahrsch<strong>ein</strong>lich aus dem Thermoskrug. Auch Tee<br />

ist kompliziert. Der wird hier nur getrunken,<br />

wenn man krank ist. So gibt es nur bleiche<br />

Kamille <strong>und</strong> gallebitteren „Boldo“. Gekochte,<br />

fettglänzende „Pupunhas“ gefällig? Auch die<br />

haben gerade Saison <strong>und</strong> werden, das halbe<br />

Dutzend genau abgezählt, schon fertig gekocht<br />

auch die im Plastikbecher angeboten. Auch lila<br />

„Carás“, <strong>ein</strong>e Art Tuberkel <strong>und</strong> in Bananenblättern<br />

gebratener Kuchen aus Maniok <strong>und</strong><br />

„Pamonhas“, Maisschnitten, appetitlich in<br />

Maisblätter <strong>ein</strong>gefaltet, locken sorgsam in<br />

Plastikfolie <strong>ein</strong>gepackt, von der Theke. Andere<br />

Länder, andere Frühstückssitten.<br />

Ganz radikalen empfehle ich die Essstände des<br />

Ver-o-pesos. Da gibt es noch Breie, die an<br />

anderen Orten längst vergessen, ausgestorben<br />

sind. Wie wäre es denn mit Brei aus Kürbis <strong>und</strong><br />

Reis oder gar mit Açaí oder Buriti <strong>und</strong> Reis? Die<br />

kommen interessanterweise ohne Zucker aus.<br />

Nur <strong>ein</strong>e tüchtige Prise Salz gehört dazu. Kl<strong>ein</strong>e,<br />

f<strong>ein</strong>e Kalorien <strong>und</strong> Fettbomben – nur starke<br />

Mägen können da mithalten! - Regionale<br />

Frühstückbuffets füllen Augen <strong>und</strong> Magen, das<br />

Limit ist r<strong>ein</strong> körperlicher Art zeigen das Land<br />

aber von <strong>ein</strong>er ungewohnten Seite.<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 757

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