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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Der Schokoladenbaum<br />

Flink wie <strong>ein</strong> Wiesel, die B<strong>ein</strong>e, sie stecken fest in<br />

der Schlaufe aus Palmblatt, hart gegen den<br />

Stamm gepresst, steigt der Junge mit raschen<br />

Hüpfern den steil-glatten Stamm des Baumes<br />

hoch. Schwupps, schon ist er ganz oben <strong>und</strong> wirft<br />

uns <strong>ein</strong>e zwei Handspannen große Frucht<br />

herunter. Sie hat die Form <strong>ein</strong>es Baseballs, oval<br />

mit spitz zulaufenden Enden. Die Schale ist<br />

gelblich, mit braunen Spritzern <strong>und</strong> lässt sich<br />

leicht wegbrechen. Schon liegt das weiße<br />

Fruchtfleisch frei. Es umschließt die perfekt in die<br />

Hülle <strong>ein</strong>gepassten Samen.<br />

Sauge die saftig-süße dünne Umhüllung aus.<br />

Achtlos spucke ich die Kerne aus. Bis mir jemand<br />

erklärt, dass ich soeben <strong>ein</strong>e Schokoladenbohne<br />

verschmäht habe – <strong>ein</strong> Kakaobaum! Der Baum<br />

heißt, nicht von ungefähr, im Englischen<br />

„Chocolate-tree”. Der Kakao ist der Bruder des<br />

Cupuaçu. Beide sind Bäume, die am besten in<br />

Schatten anderer Bäume wachsen. Kürzliche<br />

Forschungen bestätigen, dass der Cacaueiro,<br />

Theobroma, aus Brasilien stammt, irgendwo vom<br />

Oberlauf des Amazonas stammt er her, von wo er<br />

sich auf ganz Süd- <strong>und</strong> Zentralamerika ausbreitet<br />

hat.<br />

Heute ist Kakao so begeht, dass man seit kurzem<br />

gar wilden Kakao direkt aus dem Tropenwald<br />

erntet. S<strong>ein</strong>e überraschenden Noten, gewachsen<br />

an den unzulänglichen Ufern amazonischer<br />

Flüsse, entzücken da draußen <strong>ein</strong> paar wenige<br />

verwöhnte Schleckmäuler, die gerne für<br />

Schokolade mit “Terroir” bezahlen.<br />

Und da liegt der Hase im Pfeffer. Ökonomisten<br />

rechnen vor, dass die Gewinnspanne umso größer<br />

ist, je mehr sie sich dem Endprodukt nähert. Mit<br />

anderen Worten: Wer <strong>ein</strong> Rohprodukt bis zum<br />

Endprodukt, sprich Schokolade, veredelt, verdient<br />

viel mehr als der, der nur das Ausgangsprodukt,<br />

sprich die Kakaobohne, anbaut oder gar die<br />

Kakaofrüchte im Tropenwald <strong>ein</strong>sammelt. Genau<br />

darauf setzt <strong>ein</strong> großes Projekt vom Staat Pará<br />

unterstützt, das <strong>ein</strong>e der wichtigen “Drogas dos<br />

Sertão”, den Kakao wieder zum Leuchten bringt.<br />

Der brasilianische Kakao stammt nicht nur aus<br />

dem Amazonas, der Amazonas war früher bekannt<br />

für s<strong>ein</strong>en aromatischen Kakao, der <strong>ein</strong>en<br />

wichtigen Beitrag zur lokalen Ökonomie leistete.<br />

Über die letzten fünfzig Jahre aber musste er<br />

s<strong>ein</strong>e Vormachtstellung an den Staat Bahia<br />

abgeben. Das Regierungsprojekt aber macht<br />

Terrain gut. Schon hat der Staat Pará Bahia<br />

überholt <strong>und</strong> gilt heute als der größte Kakaoproduzent<br />

Brasiliens.<br />

Entlang der Belém-Brasilia setzen viele Ansiedler,<br />

<strong>ein</strong>ige in Cooperativen organisiert, auf Kakaoanbau.<br />

Relativ arbeitsintensiv, ist er ideal für<br />

Kl<strong>ein</strong>bauern <strong>und</strong> Familienbetriebe, die zusammen<br />

mit den Kakaobäumen auch Maniok, Früchte <strong>und</strong><br />

Gemüse pflanzen können. Nicht nur der Kakao<br />

floriert, auch die amazonische Schokolade ist auf<br />

guten Wegen. Eine Kooperative aus Medicilândia<br />

zum Beispiel produziert schon ihre eigene<br />

Schokolade, die sie exportiert, aber auch in<br />

eigenen Läden verkauft. Das Produkt ist so gut,<br />

dass es auch international Erfolge feiert.<br />

Endlich beginnen <strong>ein</strong>ige Früchte des Amazonas<br />

Früchte zu tragen. Irgendwann wird es mir dann<br />

nicht mehr passieren, dass mir <strong>ein</strong>e Bekannte<br />

Schokolade in den Amazonas mitbringt. Aus<br />

Amerika. Hergestellt in der Schweiz. Vielleicht<br />

mit Kakao aus Brasilien, gegessen im<br />

Amazonas…..<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 112

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