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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Holz, das nach Rosen riecht<br />

Möchten Sie unseren Planeten besser kennen<br />

lernen? Wie wäre es mit <strong>ein</strong>er Reise in die Wildnis<br />

<strong>Amazonien</strong>s, zum Bauchnabel des Universums:<br />

grün, neblig <strong>und</strong> feucht? Da gibt es Indigene, Holz,<br />

das nach Rosen riecht, Naturschützer in Aktion<br />

<strong>und</strong> viele w<strong>und</strong>erbare Geschichten – <strong>Amazonien</strong><br />

ist immer für <strong>ein</strong>e Überraschung gut.<br />

- „Willst du am Samstagabend ausgehen? Einen<br />

Forró tanzen? Da brauchst du dich nicht zu<br />

parfümieren, n<strong>ein</strong>! Du riechst schon w<strong>und</strong>erbar!<br />

Das Parfüm des Rosenholzes imprägniert sich in<br />

d<strong>ein</strong>e Haut. Den Duft kriegst du nicht runter.“ -<br />

João da Silva, besser bekannt unter s<strong>ein</strong>em<br />

Spitznamen „Avô”, Großvater, er verdankt ihn<br />

s<strong>ein</strong>en 86 Jahren, ist <strong>ein</strong> typischer Caboclo (so<br />

heißen die Einheimischen hier). Er hat die<br />

asiatischen Gesichtszüge <strong>ein</strong>es Indios der Region<br />

von Manaus <strong>und</strong> lacht <strong>ein</strong>es s<strong>ein</strong>er strahlenden<br />

Lachen. Wenn er spricht, benutzt er, wie alle hier,<br />

das im restlichen Brasilien aus der Sprache<br />

verschw<strong>und</strong>ene „tu”, du. Er arbeitet, seit er sich<br />

erinnern kann, oder wie er sich ausdrückt: Seit er<br />

sich selber als Menschen wahrnimmt. Er arbeitet<br />

bis heute, als Matrose, auf <strong>ein</strong>er kurzen Reise auf<br />

dem Rio Negro. Der Fluss ist glatt wie <strong>ein</strong> Spiegel.<br />

Er benutzt die Gelegenheit, stellt <strong>ein</strong>es s<strong>ein</strong>er<br />

braunen B<strong>ein</strong>e auf die Reling, <strong>und</strong> beantwortet<br />

unsere neugierigen Fragen. Wir wollen mehr über<br />

<strong>ein</strong>en sehr speziellen Baum wissen, den Baum,<br />

dessen Holz nach Rosen riecht. - „Das war <strong>ein</strong> sehr<br />

gutes Geschäft, das Rosenholz! Gute Arbeit, ja.<br />

Wir haben gut verdient. Wenn wir <strong>ein</strong>en Baum<br />

schnitten, haben wir immer alles mitgenommen,<br />

sogar den Wurzelstock haben wir ausgegraben<br />

<strong>und</strong> mitgeschleppt. Ein Baum, der 25<br />

Handspannen dick war, ergab 25 Tonnen Holz.<br />

Einer mit 30 Tonnen Holz. Das brachte sehr viel<br />

Geld, ja. Heute ist es schwierig, überhaupt noch<br />

Bäume zu finden. Man muss sehr weit in den Wald<br />

r<strong>ein</strong> gehen, sehr weit.“ -<br />

Pau-Rosa, wie der Baum auf Portugiesisch heißt,<br />

(lat. Aniba roaeodora) ist vom Aussterben bedroht.<br />

Es steht heute auf der Liste der geschützten Arten<br />

<strong>und</strong> darf nur unter sehr strengen Bedingungen<br />

ausgebeutet werden. S<strong>ein</strong> Holz riecht nach Rosen<br />

<strong>und</strong> die daraus gewonnene Essenz, <strong>ein</strong> Öl, wird als<br />

Gr<strong>und</strong>material in der Parfümindustrie verwendet.<br />

Naturschützer <strong>und</strong> brasilianische Regierungsstellen,<br />

wie das Ibama, sind sensibilisiert: Ihren<br />

Voraussagen nach wird das Schlagen von<br />

Rosenholz in <strong>ein</strong>igen Jahren verboten s<strong>ein</strong> oder<br />

ganz von selbst verschwinden. Die wenigen<br />

Fabriken, die es noch gibt, produzieren pro Jahr ca.<br />

50 Tonnen Rosenholzessenz, wofür ca. 2’000<br />

Bäume pro Jahr gefällt werden müssen. Das<br />

entspricht etwa <strong>ein</strong>em Umsatz von U$ 1.5000.000.<br />

Aber es zeichnen sich schon andere Lösungen ab.<br />

- „Doktor! Psst, Doktor, schauen Sie doch mal<br />

her!“- Es ist Senhor Raul Alencar, Patriarch,<br />

gewiefter Händler <strong>und</strong> Rosenholzölproduzent. Er<br />

will, so deutet s<strong>ein</strong> erhobener Zeigefinger an, mit<br />

Lauro <strong>Barata</strong> sprechen. „Doktor” nennt er, wie<br />

alle Leute hier, jeden, der <strong>ein</strong>en Titel hat oder<br />

sonst <strong>ein</strong>e wichtige soziale Position bekleidet.<br />

Mich, s<strong>ein</strong>e Ehefrau, nennt er die Patronin. Er<br />

spricht <strong>und</strong> gestikuliert wie <strong>ein</strong> Nordestino. Die<br />

Bewohner des ewig dürren Sertão im Nordosten<br />

Brasiliens wanderten, im Sog des Kautschukbooms,<br />

früher in Massen in die schwüle Wildnis<br />

des Amazonas aus. Er spricht viel <strong>und</strong> mit vielen<br />

Umwegen, untermalt das Gesprochene mit<br />

großen Gesten. Aber er spricht nicht nur,<br />

sondern ist auch <strong>ein</strong> Visionär. Schließlich will er<br />

s<strong>ein</strong>en Söhnen <strong>ein</strong> paar gut laufende Geschäfte<br />

hinterlassen.<br />

- „Wie ist der Senhor denn Rosenholzproduzent<br />

geworden?“ - Auf uns wartet <strong>ein</strong>e lange,<br />

verwickelte Geschichte! Begonnen hat sie damit,<br />

dass Senhor Raul als Mittelsmann <strong>ein</strong>es reichen,<br />

sehr kultivierten jüdischen Händlers <strong>und</strong><br />

Universitätsprofessors Samuel Benchimol<br />

arbeitete, der, wir sind in den goldenen Jahren<br />

des Kautschukbooms, <strong>ein</strong>en guten Teil der<br />

Ausfuhren aus Manaus kontrollierte. - „M<strong>ein</strong><br />

Chef wusste alles. Und er kontrollierte alles.<br />

Ohne Computer! Er hatte nur <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>faches Heft.<br />

Und <strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>zige Sekretärin. Er schickte mich da<br />

<strong>und</strong> dorthin, hier <strong>ein</strong> paar Tonnen Paranüsse<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 116

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