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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Ein perfekter Sonntag<br />

Die klaren, großen Himmel weiten sich endlos bis<br />

zum Horizont. Die tiefen Wolken driften, leicht<br />

<strong>und</strong> klar. Wirken wie hingepinselt, in weißen,<br />

panoramisch lang gezogenen Schlieren.<br />

Schweben, diffus <strong>und</strong> weichr<strong>und</strong>, <strong>ein</strong>e Handbreit<br />

über der Wasserlinie. Der unberührt sch<strong>ein</strong>ende<br />

Regenwald, in sich geschlossenes Grün, erhebt<br />

sich kaum sichtbar, <strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>zige, weit gezogene<br />

Ebene. Am Ende <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>zelner Hügel, abgeflacht,<br />

<strong>ein</strong> Vulkankegel. Die Sandbank hat die Form <strong>ein</strong>er<br />

Sichel; purer, weißer Zucker, <strong>ein</strong>er f<strong>ein</strong>en, sich in<br />

der Mitte verbreiternden, kristallenen Linie<br />

entlang hingestreut.<br />

Der Fluss Tapajós, zahmträger Strom, weit, fast<br />

<strong>ein</strong> Meer, spiegelt das Blau des Himmels um <strong>ein</strong><br />

paar Nuancen dunkler zurück. Dreißig, vierzig<br />

Schiffchen liegen wartend auf der Lauer,<br />

starkblaue <strong>und</strong> fröhliche Ruderboote mit<br />

sauberem, weißem Rand. Das starke Orange der<br />

Rettungswesten leuchtet. Der brennenden<br />

Tropensonne dieses überperfekten Sonntags ist<br />

es noch nicht gelungen, ihnen ihre Strahlkraft<br />

auszubleichen.<br />

Vom Hafen, nicht mehr als <strong>ein</strong>e betonierte<br />

Uferpromenade, die in vielen Stufen bis zur<br />

Wasserlinie abfällt, erklingen hell die spitzen,<br />

kicksenden Schreie der Mädchen in allen<br />

Altersstufen. Die knackig-mollige Haut in<br />

Karamelltönen von knappsten Shorts <strong>und</strong><br />

winzigsten Blüschen freizügig zur Schau gestellt,<br />

versuchen sie höchst animiert <strong>und</strong> fröhlich das<br />

Schaukeln der kl<strong>ein</strong>en Boote auszugleichen.<br />

Schwanken, die Rettungsweste ist hinderlich,<br />

erkämpft sich jede <strong>ein</strong>en passenden Sitzplatz. Alle<br />

noch vorsichtig etwas zurecht gerückt – die<br />

Überfahrt kostet nur <strong>ein</strong> paar wenige Reais. Die<br />

Haut der Ruderer, alle in weißen T-Shirts <strong>und</strong><br />

blauen Bermudas, <strong>ein</strong>zig die Schirmmützen<br />

setzten <strong>ein</strong>zelne Farbtupfer, hat die Sonne die<br />

Haut gebrannt. An den Wochentagen gehen sie<br />

anderen Beschäftigungen nach, sind Maurer,<br />

Elektriker oder Fischer, das sonntägliche Zubrot ist<br />

jedem Willkommen.<br />

Eine gute halbe St<strong>und</strong>e von Santarém entfernt<br />

liegt Alter do Chão mit jenem paradiesischen<br />

Strand, der Insel der Liebe heißt, „Ilha do Amor“.<br />

Noch ist der Weiler in der Hand der Einheimischen,<br />

<strong>ein</strong>iger ausländischer Späthippies <strong>und</strong><br />

immer mehr Aussteigern, die hier <strong>ein</strong> ruhigeres<br />

Leben suchen. Aber die Kreuzfahrtschiffe haben<br />

s<strong>ein</strong>e Schönheiten schon entdeckt. Sie ankern weit<br />

draußen. Spucken im Wochentackt ihre gelbe<br />

Schlauchboote aus, die ihre bleiche Touristenfracht<br />

am überdimen-sionalen Bootssteg<br />

ausschütten. Die überschwemmen dann für <strong>ein</strong>e<br />

halbe abenteuerliche <strong>und</strong> tropisch-heiße St<strong>und</strong>e<br />

den stillen Flecken. Die beste Jahreszeit ist im<br />

Januar, da sind die Wasser tief <strong>und</strong> die<br />

freigelegten Strände w<strong>und</strong>erbar weiß. Der zentrale<br />

Platz, nackt <strong>und</strong> zubetoniert, geziert von <strong>ein</strong> paar<br />

Palmen, verlängert sich zur Linken, täuscht <strong>ein</strong>en<br />

Uferspaziergang vor. In die mittlere Stufe ist <strong>ein</strong>e<br />

öffentliche Toilette <strong>ein</strong>gebaut. Fünfh<strong>und</strong>ert<br />

Meter weiter dem Strand entlang gibt es <strong>ein</strong><br />

überdimensioniertes, massives Deck, das ins<br />

Nichts geht, der Wasserstand ist zu tief. Ein<br />

typisches Mammutbauwerk aus öffentlichen<br />

Geldern, am Ende <strong>ein</strong>er Amtszeit hochgezogen<br />

<strong>und</strong> unter viel Pomp <strong>ein</strong>geweiht.<br />

Aber heute ist k<strong>ein</strong> Schiff angesagt <strong>und</strong> der<br />

Hauptplatz siedet vom sonntäglichen<br />

Lokaltourismus. Zwischen die Süßigkeitenverkäufer<br />

<strong>und</strong> die Stände mit „Tacacá“ <strong>und</strong> Eis<br />

mischen sich Hilux <strong>und</strong> andere geländegängige,<br />

hochrädrige Riesenschlitten. Die fahren die<br />

Einheimischen so gerne zur Schau, am liebsten<br />

fast bis in die Baracken <strong>und</strong> Restaurants hin<strong>ein</strong>.<br />

Das viele Bier <strong>und</strong> die lokalen Souvenirs stehen<br />

heute, es ist Sonntag, ganz den Lokalen zur<br />

Verfügung.<br />

Aber zuerst wollen alle übergesetzt werden.<br />

Steigen hinunter bis auf den Sand, nässen sich<br />

die Füße am Fuß der großen Treppe, die der tiefe<br />

Wasserstand freigelegt hat. Drüben wartet der<br />

ultraweiße Stand, die traditionellen,<br />

palmblättergedeckten Kioske, <strong>ein</strong>e Caipirinha,<br />

<strong>ein</strong> <strong>ein</strong>faches Mahl. Der lokale Fisch ist<br />

normalerweise frisch.<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 269

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