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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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nordamerikanischer Ex-Präsident auf der Suche<br />

nach Abenteuer <strong>und</strong> dem „Rio da Dúvida“, dem<br />

Fluss des Zweifels, <strong>und</strong> Emanuel Goeldi,<br />

Schweizer, Wissenschaftler <strong>und</strong> Museologe, um<br />

nur die berühmtesten unter sehr vielen anderen<br />

zu erwähnen.<br />

Eine lange Liste, die das Selbstvertrauen dieses<br />

Ortes eigentlich heben sollte, aber <strong>ein</strong>e Stadt<br />

antrifft, die wie parallelisiert zu s<strong>ein</strong> sch<strong>ein</strong>t,<br />

schläft, <strong>ein</strong> tief in tödlichem Schlaf versunkenes<br />

Dornröschen, vergessen, nicht hinter<br />

Dornenhecken versteckt, sondern hinter<br />

unendlich <strong>und</strong>urchdringlichen, schwer<br />

zugänglichen Ur-Wäldern. Eine Stadt, die sich bis<br />

heute nicht vom Schlag erholte, durch den sie<br />

über Nacht den ganzen Glanz <strong>und</strong> Reichtums des<br />

Kautschuks verlor, <strong>ein</strong>fach, weil clevere<br />

Engländer, allen voran Henry Wickham in <strong>ein</strong>em<br />

Akt der Biopiraterie die Samen des Gummibaums<br />

nach Asien schmuggelten. Belém schläft bis heute<br />

den Schlaf <strong>ein</strong>er schönen Unbekannten, denn wer<br />

heute über den Amazonas spricht oder schreibt,<br />

erinnert sich sogleich an das viel jüngere <strong>und</strong><br />

kulturell viel ärmere Manaus, <strong>ein</strong>e Flugst<strong>und</strong>e den<br />

Amazonas hoch.<br />

Belém liegt am Delta des breitesten <strong>und</strong> längsten<br />

Flusses der Welt, der Ort wurde strategisch<br />

perfekt ausgewählt. Der Amazonas war die<br />

Hauptverkehrsader, die die wichtigsten Städte der<br />

Region badet <strong>und</strong> <strong>ein</strong> außerordentlich komplexes<br />

tropischen Ökosystem nährt, auf das die Augen<br />

der ganzen Welt gerichtet sind, <strong>und</strong> um das<br />

Brasilien schon früher <strong>und</strong> besonders<br />

heute vom ganzen Planeten beneidet wird. Aber<br />

nicht nur der Regenwald, die Fauna <strong>und</strong> Flora, die<br />

Süßwasserreserven sind viel wert. Unter den<br />

amazonischen Erden liegen andere wertvolle <strong>und</strong><br />

begehrte Schätze: Viele Mineralien wie Eisen,<br />

Magnesium, Uran, Bauxit, Kupfer, Nickel, Silber,<br />

Mangan, Zinn, Uran, Blei, Titan, Phosphat <strong>und</strong><br />

Gold, es gibt fast k<strong>ein</strong>s, das fehlt, werden in der<br />

Region geschürft. Ein Großteil des auf der Welt<br />

verwendeten Bauxits, Hauptbestandteil des<br />

Aluminiums, stammt von hier. Die Chance ist groß,<br />

dass das Rohmaterial Ihrer Cola-Büchse aus dem<br />

hiesigen Regenwald kommt. Bis heute versuchen<br />

die verschiedensten Regierungen Brasiliens sich<br />

diese Erde untertan zu machen, schicken<br />

Goldgräber ebenso aus wie Viehzüchter, Sojaoder<br />

Reisproduzenten <strong>und</strong> Landlose, die alle ihr<br />

Stück Regenwald abbrennen, zerstören. Will man<br />

das Warum dieser langen Geschichte <strong>ein</strong> bisschen<br />

besser verstehen, so lohnt sich <strong>ein</strong> Blick in die<br />

wechselvolle Vergangenheit.<br />

Exotisch <strong>und</strong> voller Mäander ist sie, die Geschichte<br />

der Stadt Belém genauso wie die des ganzen<br />

brasilianischen Teils des Amazonas. Ein Blick auf<br />

die Landkarte zeigt, dass wir über kontinentalen<br />

Distanzen sprechen - von São Paulo fliegt man 4-5<br />

St<strong>und</strong>en bis in den Amazonas. Der bis heute<br />

unwirtliche Regenwald schiebt sich wie <strong>ein</strong><br />

<strong>und</strong>urchdringlicher Schutzwall zwischen den<br />

Norden <strong>und</strong> das Zentrum/Süd Brasiliens. Das<br />

erklärt, warum der Amazonas vielen Brasilianern<br />

genauso so fremd, unbekannt <strong>und</strong> exotisch<br />

vorkommt wie vielen Europäern. Daran hat auch<br />

die in den 70er Jahren des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

konstruierte Landverbindung Belém-Brasília nicht<br />

viel geändert. Bis dahin war der Norden praktisch<br />

nur per Schiff oder per Flugzeug zu erreichen. Zur<br />

Zeit der Kolonialisierung war es aus r<strong>ein</strong><br />

geografischen Gründen gar genauso <strong>ein</strong>fach, sich<br />

direkt nach Portugal <strong>ein</strong>zuschiffen wie ins übrige<br />

Brasilien. Der Norden war deshalb während der<br />

ersten 300 Jahre Kolonialzeit, von der Eroberung<br />

durch die Portugiesen bis zur Flucht des<br />

portugiesischen Königs Don João VI nach<br />

Brasilien, <strong>ein</strong>e Art überseeisches Portugal, direkt<br />

Lissabon, Portugal unterstellt. Näherte sich erst<br />

nach 1808, nachdem die Kolonie zum Kaiserreich<br />

geworden war, zögerlich dem restlichen Brasilien<br />

an. Auf dem Höhepunkt des Kautschukbooms zu<br />

Beginn des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts war Belém dem<br />

restlichen Brasilien weit voran, erstrahlte, für<br />

kurze Zeit nur, als <strong>ein</strong>e der fortschrittlichsten,<br />

modernsten Städte <strong>ein</strong>es noch archaisch<br />

rückständigen Landes. Belém war <strong>ein</strong>e Art<br />

tropisches Paris, reich, avantgardistisch <strong>und</strong> total<br />

kosmopolitisch.<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 557

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