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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Eine gute Schule oder gar <strong>ein</strong>e Universität<br />

tauchen auch irgendwo auf der Liste auf.<br />

Schlimmer wohl nur, wenn der hiesige bissige<br />

Humor im „Das gab´s-schon-mal-hier-Syndrom“<br />

schwelgt. Besonders im Landesinnern erinnern<br />

sich viele Einwohner sehnsüchtig daran. Es<br />

handelt sich um <strong>ein</strong>e treffende Umschreibung<br />

jener sich immer wieder erschöpfenden<br />

Wirtschaftszyklen, so typisch für Brasilien <strong>und</strong><br />

noch typischer für den Amazonas sind. Es gab hier<br />

den blühenden Handel mit Paranüssen, Jutte oder<br />

dem schwarzen Pfeffer, alles kaum mehr als <strong>ein</strong>e<br />

oder zwei Generationen her. Dann, in den 80er<br />

Jahren des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts, gab‘s gar<br />

Goldgräber <strong>und</strong> jetzt sind gerade neue<br />

Edelst<strong>ein</strong>vorkommen im Gespräch. Bis deren<br />

Ausbeutung freigegeben wird, gammeln die<br />

Städte im Hinterland unter schlimmster<br />

politischer Misswirtschaft in der tropischen Hitze<br />

vor sich hin, die <strong>ein</strong>zige, die alle „Gabs-hier-schonmal“<br />

überlebt <strong>und</strong> wohl noch <strong>ein</strong>e Weile<br />

überleben wird.<br />

Mit Recht sagen manche hier: - „Ihr Europäer, was<br />

habt ihr mit eurem Wald gemacht? Abgeholzt.<br />

Verfeuert, verbaut, verbrannt. Warum dürfen wir<br />

nicht dasselbe machen? –“ Nicht nur die<br />

Menschen, die in jahrh<strong>und</strong>ertealten oder ganz<br />

neuen Städten leben, sagen es, sondern auch die,<br />

die Seite an Seite, nur durch <strong>ein</strong>e haarf<strong>ein</strong>e Linie<br />

von <strong>ein</strong>em archaischen Brasilien getrennt, leben. In<br />

jenem Amazonas, der weder dem Indigenen<br />

gehört, nackt, den Körper w<strong>und</strong>erschön bemalt,<br />

sondern den vielen anderen, die zwar auch s<strong>ein</strong>e<br />

Züge tragen, längst aber zu <strong>ein</strong>er schwer zu<br />

definierbaren Mischrasse, zu Caboclos oder<br />

Ribeirinhos geworden sind, wie überall in Brasilien.<br />

Amazonas heißt auch riesige, globalisierte Städte.<br />

An allen strategisch wichtigen Punkten gegründet,<br />

haben sich manche, wie Belém <strong>und</strong> Manaus, zu<br />

Megametropolen gewandelt, die die selben<br />

Probleme wie die des restlichen Brasiliens haben.<br />

Hier dominiert bis heute <strong>ein</strong>e mehrheitlich weiße<br />

Oberschicht, Nachfahren der Kolonisatoren,<br />

Immigranten aus allen Herren Ländern, wild<br />

gemischt, hergelockt vom Latex <strong>und</strong> anderen,<br />

selten erfüllten Versprechen. Ein anderer Teil<br />

kommt aus arabischen Ländern <strong>und</strong> aus Asien. Der<br />

Staat Pará hat die drittgrößte japanische Kolonie<br />

Brasiliens.<br />

Viele Zuwanderer mussten erleben, dass der<br />

Amazonas alles andere ist, als das fruchtbare Land,<br />

als das er ihnen angepriesen wurde. Historisch<br />

gesehen gelten der Amazonas, Brasilien <strong>und</strong> die<br />

anderen Lat<strong>ein</strong>amerikanischen Länder als die<br />

ältesten Peripherien der kapitalistischen Welt. Sie<br />

wurden nach der Maxime in ebendiese Welt<br />

integriert, dass ihre natürlichen Ressourcen <strong>und</strong><br />

die damit verb<strong>und</strong>enen ökonomischen Gewinne<br />

unendlich seien, nie versiegen würden. Dieses<br />

Weltbild wird gerade korrigiert. Ein überaus<br />

schwerfälliger, schmerzhafter Prozess.<br />

Der Amazonas ist längst nicht mehr <strong>ein</strong>e der<br />

letzten Grenzen, die es urbar zu machen gilt. Die<br />

Menschen, die hier wohnen, wollen ihren Anteil<br />

am Kuchen. Auch sie wollen als vollwertige<br />

Staatsbürger angesehen werden. Bestehen auf<br />

ihren staatsbürgerlichen Rechten. Sind sich<br />

bewusst, dass sie für <strong>ein</strong> besseres Leben<br />

kämpfen müssen. Mit oder gegen den<br />

Amazonas.<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 86

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