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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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holen, da <strong>ein</strong> paar Kanister Andirobaöl, er<br />

handelte mit allem, was der Urwald hergab. Er<br />

wusste ganz genau, wann <strong>und</strong> wie viel er wem zu<br />

bezahlen hatte. Ich war es, der alle Kontakte mit<br />

Lieferanten <strong>und</strong> Produzenten hielt. Ich war immer<br />

unterwegs. Bis, ja, bis ich mich selbständig<br />

machte.“ -<br />

- „Später, da arbeitete ich schon auf eigene<br />

Rechnung, hatte schon <strong>ein</strong>e Rosenholzdestillerie,<br />

habe ich es auch mit Kautschuk versucht. Das war<br />

in den 70er Jahren. Da wollte die Militärdiktatur<br />

den Kautschuk wieder zum rentablen Geschäft<br />

aufbauen. Die haben alles in ganz großem Stil<br />

aufgezogen. Wir bekamen alles: Wievielte<br />

Traktoren brauchen Sie? 100? 150? Geht in<br />

Ordnung. Nur für Arbeitskräfte mussten wir<br />

sorgen. Die Setzlinge kamen aus São Paulo.<br />

Leider. Die haben sich nie ans Klima gewöhnt <strong>und</strong><br />

sind alle kaputtgegangen.“ -<br />

Und so reiht sich <strong>ein</strong>e Geschichte an die andere.<br />

Heute ist der Abbau von Rosenholz nur <strong>ein</strong>es<br />

s<strong>ein</strong>er Geschäfte. Er ist <strong>ein</strong>er der wenigen<br />

Produzenten, die überlebt haben. - „Hey, Doktor,<br />

wollen Sie m<strong>ein</strong>e Ländereien sehen? Es ist sehr<br />

schön da. Es ist nicht weit.“ - „Wie viele St<strong>und</strong>en<br />

ungefähr?“ - „Es ist ganz nah, Doktor, nur drei<br />

oder vier Tagesreisen mit dem Boot.“ - Klar, wir<br />

sind im Amazonas. Ein paar Tagreisen – das liegt<br />

gleich um die Ecke.<br />

- „Mensch, war das vielleicht kalt auf dem Boot!<br />

Nachts! Ganz besonders auf dem Boot, aber auch<br />

im Wald kühlt es nachts ganz schön ab. Richtig<br />

frisch wird es.“ - Eduardo Mattoso, Physiker<br />

erinnert sich an s<strong>ein</strong>e verschiedenen Aufenthalte<br />

im Amazonas. Am Anfang aß ich wenig <strong>und</strong><br />

kochte immer selbst. Ich hatte schreckliche Angst,<br />

dass ich mir irgend<strong>ein</strong>e Krankheit holen könnte,“ -<br />

erzählt Eduardo. - „Die Einzigen, die sich nie<br />

täuschen, sind die Caboclos. Sie kennen den<br />

Regenwald wie ihre eigene Hosentasche! Sie<br />

wissen sehr genau, wo es Rosenholz gibt. Wollen<br />

sie <strong>ein</strong>en Rosenholzbaum identifizieren, brechen<br />

sie <strong>ein</strong> paar Blätter ab, riechen daran, beißen r<strong>ein</strong><br />

oder schlecken sie gar ab. Manchmal schneiden sie<br />

auch <strong>ein</strong> Stück Rinde ab <strong>und</strong> beißen ebenfalls r<strong>ein</strong>.<br />

Sie irren sich fast nie.“ -<br />

- „In Manaus lernte ich endlich Dona Neta <strong>und</strong><br />

Senhor Raul Alencar, zwei Produzenten von<br />

Rosenholzessenz, kennen.“ - Eduardo erzählte von<br />

s<strong>ein</strong>er ersten Reise. – „Dona Neta bot mir die<br />

<strong>ein</strong>malige Gelegenheit, ihre Realität kennen zu<br />

lernen. Sie ist <strong>ein</strong>e außerordentliche Frau. Sehr<br />

entschieden, mit <strong>ein</strong>er starken Energie, voller Mut<br />

<strong>und</strong> Führungsqualitäten. Sie kommandiert ganz<br />

all<strong>ein</strong>, mitten im Urwald, <strong>ein</strong>e Fabrik zur<br />

Destillation von Rosenholzessenz. Unter ihrem<br />

Kommando stehen 30 Männer. Sie ist<br />

nicht mehr als 40 Jahre alt, sieht aber aus wie 60.<br />

Ihr Leben ist sehr hart. Man sagte mir, dass sie<br />

<strong>ein</strong>en Revolver im Gürtel trage, <strong>ein</strong>e 38er. Ihre<br />

Fabrik hat sie vor 20 Jahren zusammen mit ihrem<br />

schon verstorbenen Mann gegründet. Der hatte,<br />

erzählte man mir, nicht nur 5 Frauen, sondern<br />

auch 27 uneheliche Kinder. In Wahrheit sollen es,<br />

will man s<strong>ein</strong>en Erzählungen glauben, mehr als<br />

40 gewesen s<strong>ein</strong>. Dona Neta hinterließ er zwei<br />

Töchter <strong>und</strong> das Geschäft, das sie heute all<strong>ein</strong>e<br />

führt.“ -<br />

- „Sie gab mir <strong>ein</strong>e Nachricht mit <strong>und</strong> damit hatte<br />

ich in der ganzen Fabrik freien Zutritt. Ich<br />

begleitete <strong>ein</strong>en ihrer Arbeiter bis dahin. Zuerst<br />

sind wir St<strong>und</strong>en mit dem Auto gefahren, bis zum<br />

Haus <strong>ein</strong>es Händlers, <strong>ein</strong> rustikales Haus ohne<br />

Komfort, am Rande der Straße. Da haben wir<br />

geschlafen <strong>und</strong> ich lernte das <strong>ein</strong>fache Leben im<br />

Wald kennen. Die Dusche zum Beispiel war <strong>ein</strong>e<br />

Tonne mit Regenwasser. Daraus schöpften wir<br />

das Wasser mit <strong>ein</strong>em Becher <strong>und</strong> leerten es uns<br />

gegenseitig über den Körper. Vor der Reise<br />

hatten sie mich gewarnt, das Wasser da sei voller<br />

Typhusviren! Deshalb nahm ich zwanzig Liter<br />

Trinkwasser mit. Aber Gott sei Dank gab es nicht<br />

mal Malaria da. Später war ich weniger vorsichtig<br />

<strong>und</strong> trank, wie alle da, das Wasser aus dem Fluss.<br />

Es ist dunkel, wie starker Schwarztee, voller<br />

Sedimente organischen Ursprungs. Es schmeckt<br />

<strong>und</strong> riecht nach Erde. Abends geht man sehr früh<br />

schlafen, in der Hängematte. Alle schlafen in<br />

Hängematten, Betten gibt es nirgends. Wir<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 117

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