Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Fleischspießchen, deren Herkunft zweifelhaft ist)
kitzelt von der gegenüberliegenden Straßenseite
herüber, regt meinen Speichelfluss an. Denke
sehnsüchtig an die appetitliche Kruste, das
großzügig mit geschmorte Fett.
Schon lässt sich da hinten am tief liegenden
Horizont gerade die Sonne abrupt hinter die Stadt
fallen. Badet für Minuten den gleißend verglasten
Obelisk des Innenministeriums in zarte gelb und
rosa Töne. Ein Mann mit sehr dunkel getönter
Haut baut sich vor mir auf. Sein schwarzes,
aalglattes Haar, mit viel Brillantine gebändigt,
verrät die indigene Abstammung. Sein Parfüm,
altmodisch und schwer, großzügig aufgetragen,
umhüllt mich. Vetiver, ein Duft, den hier viele
Männer benutzen.
Eines der allgegenwärtigen Handys schrillt los.
Versuche wegzuhören. Vergeblich. Habe die
zweifelhafte Ehre, die Verwicklungen und
Kümmernisse der halben Verwandtschaft
mitverfolgen zu dürfen. Noch immer kein Bus mit
meiner Nummer in Sicht. Die brütende Hitze
bringt mich auf die, derselben Hitze wegen, doch
wohl eher kleinformatigen Oberteile der
umstehenden Frauen. Scheinen dicht über die
mollig-rundlichen Oberkörper geklebt. Besonders
dann, wenn sie wie die Mehrzahl um Nummern zu
klein gekauft wurden. Die Körper platzen aus allen
Nähten und doch - so wenig Stoff und solch eine
Vielfalt an Trägerhemdchen, Blüschen, Shirts und
Hängerchen! Auch scheint es keine zu stören,
dass sie alle aus hochsynthetischem Material
gefertigt sind, für die 35 Grad Lufttemperatur und
über 80 % Luftfeuchtigkeit genauso wenig
geeignet wie die obligaten Jeans, in die sie alle
ihre strammen Schenkel und knackigen Popos
gequetscht haben.
Der eitle junge Mann vor mir schlägt alle. Sein
rotes, im schönsten Hinterwäldlerschick aggressiv
bedrucktes T-Shirt hat eine geschickte Hand,
Paillette um glänzende Paillette, mit dem
orthografisch sehr frei nachempfundenen Namen
“Tribuus d’Guerra” verschönt. Die Inspiration
stammt wohl von den weit ausholenden Flügeln
des in Schwarz und Grau aufgedruckten Kriegers. –
“Picolé da massa, picolé da massa..... “ Und da
braust ja auch schon mein Bus daher....
immer wieder.
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