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Amazonien - ein Foto- und Lesebuch - Susanne Gerber-Barata

Foto- und Lesebuch über den brasilianischen Amazonas

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Soja oder Paranussbaum? - Von der Zerstörung<br />

Die Bilder sind griffig. Die Fakten sprechen für<br />

sich. Ökonomie gegen Ökologie. Einsam mahnend<br />

erheben sich die Kastanienbäume über die<br />

akkuraten Reihen Sojapflanzen. Niedrig grüne<br />

Monokultur, insektenfrei, kriechen bis an den<br />

Horizont. Die Grenzen, wo früher der Tropenwald<br />

war, sind in der Ferne sichtbar. Darunter<br />

fruchtbare Erde, vor kurzem noch relativ billig zu<br />

haben, flach <strong>und</strong> deshalb ideal, um maschinell<br />

bearbeitet zu werden. Das lockte viele Farmer aus<br />

Südbrasilien hier in den Osten <strong>und</strong> Süden von<br />

Pará. Soja pflanzen, in kl<strong>ein</strong>en, mittleren <strong>und</strong><br />

mächtigen Dimensionen, ist <strong>ein</strong>e der mehr<br />

sichersten <strong>und</strong> effizientesten Formen, um<br />

kurzfristig Geld zu verdienen. Und wer will das<br />

nicht. Noch <strong>ein</strong> Zyklus, der sprießt, blüht <strong>und</strong> sich<br />

irgendwann erschöpfen wird.<br />

Hier in Brasilien <strong>und</strong> besonders im Norden denkt<br />

k<strong>ein</strong>er langfristig. Auch große Unternehmen<br />

wollen ihre Investitionen gleich morgen mit<br />

Gewinn zurückbekommen. K<strong>ein</strong>er riskiert, sich auf<br />

<strong>ein</strong>e Investition <strong>ein</strong>zulassen, die vielleicht in zehn<br />

oder mehr Jahren Gewinn abwerfen wird oder<br />

auch nicht. Es fehlt an Aufklärung, Erziehung <strong>und</strong><br />

Vision.<br />

Es ist <strong>ein</strong> faszinierender Widerspruch, dass<br />

Brasilien über <strong>ein</strong>e sehr fortschrittliche<br />

Umweltschutz- Gesetzgebung verfügt, die auch<br />

<strong>ein</strong>e aktive Beteiligung der sozialen Akteure<br />

erlaubt. Aber die Realität zeigt, dass die<br />

führenden Köpfe welcher politischen Couleur sie<br />

auch sind, nach wie vor überzeugt sind, dass<br />

Fortschritt nur mit ungebremstem<br />

Wirtschaftswachstum erreicht werden kann. Seit<br />

der Jahrh<strong>und</strong>ertwende, ab dem Jahr 2000<br />

beginnt Brasilien immer mehr Rohprodukte <strong>und</strong><br />

Rohmaterialien zu exportieren. Die überholen die<br />

industrialisierten Produkte <strong>und</strong> gelten heute <strong>ein</strong>e<br />

Art Nationalstolz. Neben Erdöl, Eisenerz, Zucker,<br />

Rindfleisch, Hähnchen, Tabak, Kaffee <strong>und</strong><br />

Orangensaft ist auch Soja mit <strong>ein</strong> großes Zugpferd<br />

der Exporte. Eine Entscheidung, die auf riesige<br />

Dimensionen, auf Monokulturen ohne Vergleich<br />

setzt <strong>und</strong> durch den unvorstellbar hohen<br />

Verbrauch an Pestiziden möglich gemacht wird.<br />

Brasilien steht weltweit an fünfter Stelle im<br />

Verbrauch an Düngemittel <strong>und</strong> Insektenvertilgern.<br />

Geht es um Sojaanbau, muss man auch über die<br />

ungenügende Infrastruktur sprechen. Soja wird<br />

mehrheitlich auf Lastwagen transportiert, <strong>ein</strong><br />

kl<strong>ein</strong>er Teil nur auf dem Wasser oder mit der<br />

Bahn. Das ist teuer <strong>und</strong> trägt auch dazu bei, dass<br />

unschätzbare natürliche Ressourcen verloren<br />

gehen, als Wegzoll mit<strong>ein</strong>kalkuliert. Oder <strong>ein</strong>fach<br />

gesagt, Wachstum um jeden Preis. Eine große<br />

<strong>und</strong> wie es sch<strong>ein</strong>t unlösbare Herausforderung<br />

für die lokale Verwaltung <strong>und</strong> auch den<br />

brasilianischen Staat. Es sch<strong>ein</strong>t, als ob der<br />

w<strong>und</strong>erbare Diskurs <strong>ein</strong>mal mehr im Diskurs<br />

stecken bleibt <strong>und</strong> an den realen Realitäten,<br />

scheitert. Und so ändert sich nichts am lokalen<br />

Modell des Exportes von Commodities,<br />

Rohstoffprodukten, die vom Weltmarkt abhängig<br />

sind <strong>und</strong> hier an Ort k<strong>ein</strong>e oder nur sehr wenig<br />

Wertschöpfung erlauben.<br />

Gleich hier im Hafen von Santarém hat der<br />

amerikanische Riese Cargill <strong>ein</strong>en gigantischen<br />

Arm in den Fluss gestellt. Der erlaubt es, die<br />

Sojakörner direkt in die nimmersatten Bäuche<br />

der Schiffe zu füllen, die sie nach Europa,<br />

Nordamerika <strong>und</strong> Asien bringen. China ist <strong>ein</strong>er<br />

der Hauptk<strong>und</strong>en für brasilianisches Soja. Die<br />

riesigen gespensterhaften Erntemaschinen <strong>und</strong><br />

die endlosen LKW-Karawanen voller kostbarer<br />

Sojakörner arbeiten in der Gegend zwischen<br />

Dezember <strong>und</strong> Juni auf Hochtouren. Die<br />

Lastwagen entladen ihre kostbare Fracht in<br />

riesigen Körnersilos. Zudem werden über die<br />

B<strong>und</strong>esstraße BR 163 noch viele weitere Tonnen<br />

Soja aus Matto Grosso her gekarrt. Sind die<br />

Sojakörner geerntet, wird als Wechselkultur <strong>und</strong><br />

Düngung Mais angepflanzt.<br />

Die realen Realitäten haben den Traum vom<br />

unberührten Paradies, <strong>ein</strong> Sehnsuchtsort, längst<br />

überholt. Will man den Wald, wie man es von<br />

außen als wünschenswert ansieht, stehen lassen,<br />

ignoriert man, dass der Tropenwald historisch<br />

immer schon ausgebeutet wurde, genutzt <strong>und</strong><br />

benutzt. Nur an der Frage ?wie? scheiden sich<br />

die Geister.<br />

<strong>Amazonien</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Foto</strong>- <strong>und</strong> <strong>Lesebuch</strong> - <strong>Susanne</strong> <strong>Gerber</strong>-<strong>Barata</strong> 152

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