Jahresbericht 2009 - Gesellschaft für Maritime Technik eV
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Flottenkommando Fakten und Zahlen <strong>2009</strong><br />
Ein wichtiges Kapitel in der Geschichte der Seeräuberei schrieben die Barbaresken, auch<br />
Barbaren-Korsaren genannt. Sie lebten an der Berberküste Nordwestafrikas und galten als „die<br />
Geißel aller Handelsschiffe im Mittelmeer“. Sie waren staatlich autorisiert und lieferten sich vom<br />
16. bis ins 19. Jahrhundert mit den Ländern im Mittelmeerraum einen erbitterten<br />
Seeräuberkrieg. Viele Staaten waren der Gewalt machtlos ausgeliefert und zahlten Schutzgelder.<br />
Die Erfolgsgeschichte der Barbaresken ist ein Paradebeispiel da<strong>für</strong>, wie schwierig auch heute<br />
der Kampf gegen die Piraterie ist: Gegenläufige Interessen der betroffenen Staaten verhinderten<br />
lange Zeit eine gemeinsame Offensive gegen die Bedrohung aus Afrika. Erst 1830 gelang es den<br />
Franzosen mit der Eroberung Algiers, das Kapitel der Barbaresken zu beenden. Nachdem mit der<br />
Pariser Seerechtsdeklaration 1856 die staatlich autorisierte Kaperei und mit der Brüsseler<br />
General-Akte 1890 die Sklaverei endgültig abgeschafft worden war, verlor die Piraterie zwar ihre<br />
offizielle Legitimation, überlebte jedoch als kriminelle Erscheinung bis heute.<br />
Piraterie war und ist nichts weiter als Kriminalität und Gewalt. Sie begegnet der Schifffahrt in<br />
mannigfachen Varianten, die von der einfachen, lokalen Seeräuberei bis hin zur<br />
hochorganisierten, weltweit agierenden Bandenkriminalität reicht. Dabei ist in aller Regel nicht<br />
nur das Schiff mit seiner Ladung das Ziel, sondern auch die Besatzungen mit all ihrer Habe.<br />
Häufig genug sind Opfer die ohnehin hilflosen und mittellosen Flüchtlinge aus Krisengebieten.<br />
Mord und Totschlag, Vergewaltigung und Entführung sowie die Erpressung von Lösegeldern<br />
sind ständige Begleiter dieses Geschäfts.<br />
Da sie eine konkrete Gefahr <strong>für</strong> den Seehandel und den zunehmenden weltweiten<br />
Seeverkehr und damit auch eine immer größere Gefahr <strong>für</strong> die „Freiheit der Meere“ waren,<br />
wurden Piraten und Seeräuber geächtet und verfolgt. Mit dem Untergang der Segelschiffszeit<br />
verlor die Piraterie im 19. und 20. Jahrhundert an Bedeutung, weil die Piraten mit dem<br />
technologischen Fortschritt im Bau moderner Handelsschiffe und mit der stetig zunehmenden<br />
höheren Geschwindigkeit der Handelsschiffe nicht mehr mithalten konnten.<br />
12.2 Allgemeines zur Piraterie<br />
Piraten – da denkt man an säbelschwingende Schurken mit Holzbein und Augenklappe unter<br />
schwarzer Totenkopfflagge, an den roten Korsar mit seiner tapferen Mannschaft im Kampf<br />
gegen das Böse, an schillernde Figuren aus Abenteuerbüchern und -filmen. Die haben jedoch in<br />
der langen Geschichte der Piraterie nur kurze Nebenrollen. Die Seeräuberei ist so alt wie die<br />
Schifffahrt selbst und hat sich wie der Handel, der Transport und die politischen<br />
Rahmenbedingungen über Jahrhunderte verändert und weiterentwickelt. Bis heute ist die<br />
Gefahr eines Angriffs durch Piraten <strong>für</strong> Reedereien, Schiffsbesatzungen, Ladungseigner und<br />
Seetransportversicherer aktuell. Piraterie reicht vom einfachen bewaffneten Überfall über<br />
international organisiertes Verbrechen bis hin zu terroristischer Handlung. Jährlich ereignen sich<br />
weltweit hunderte Verbrechen dieser Art. Und immer noch sind Prävention, Aufklärung und<br />
Schadenregulierung schwierig. Die häufigste Ursache da<strong>für</strong> ist die Rechtslage, die von Land zu<br />
Land unterschiedlich ist. Ein internationaler Konsens in der Verbrechensbekämpfung entsteht<br />
nur zögerlich.<br />
Seit dem letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts müssen Regierungen, Reedereien und<br />
auch Schifffahrtsgesellschaften feststellen, dass die Zahl der Piratenüberfälle auf Handelsschiffe<br />
steil nach oben geht. Dabei gibt es offenbar einen klaren Zusammenhang zwischen<br />
zunehmendem Wohlstand und wachsendem Welthandel in einem Teil der Welt sowie politischer<br />
Instabilität, Kriegen und steigender Armut in anderen. Brennpunkte sind vor allem die<br />
Küstengewässer Südostasiens, Westafrikas, Somalias, Südamerikas, der Karibik, aber auch einiger<br />
Länder des östlichen Mittelmeers.<br />
Seit der Entführung des Passagierschiffs Achille Lauro 1985 ist auch eine Gefahr, die der<br />
Piraterie verwandt ist, der Terrorismus auf See, in das Blickfeld der Weltöffentlichkeit gerückt.<br />
Hier geht es in der Regel weniger darum, sich durch Raub und Mord zu bereichern, als vielmehr<br />
die Wirtschafts- und sonstigen Interessen von Staaten zu schädigen. Jedes Jahr hunderte von<br />
Überfällen auf Schiffe und Geiselnahmen, hunderte verletzte und traumatisierte Seeleute,<br />
Schäden in Milliardenhöhe und drohende Umweltkatastrophen bei Kaperungen z. B. von<br />
Öltankern seien Grund genug, sich große Sorgen zu machen und über Bekämpfungs- und<br />
Verhütungsmaßnahmen nachzudenken, so ein Vorstandsmitglied der Münchener Rück im<br />
September 2006.<br />
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