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Die politische Talkshow - ein Medium politischer Bildung?

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POLITISCHE BILDUNG UND POLITISCHE TALKSHOW<br />

zeption ausgeweitet. Für die alltagsrelevante Information der Zuschauer sind die<br />

Wortbeiträge Betroffener von besonderer Bedeutung. Durch die Erzählungen der so<br />

genannten Betroffenen werden dem Zuschauer k<strong>ein</strong>e allgem<strong>ein</strong>en Informationen zum<br />

Thema vermittelt, sondern die Bedeutung der Themen für den Alltag der Normalbürger<br />

und die Auswirkungen <strong>politische</strong>r Entscheidungen auf Betroffene vor Augen geführt.<br />

Auf diese Weise können <strong>Talkshow</strong>s <strong>politische</strong> Zusammenhänge und Hintergründe<br />

– gemäß der Informationsfunktion <strong>politische</strong>r <strong>Bildung</strong> – auf <strong>ein</strong>fachem, alltagsnahem<br />

Niveau vermitteln, dabei spielt die Präsentation von Emotionen jedoch <strong>ein</strong>e<br />

größere Rolle als objektive Fakten, wie jedenfalls die Fallbeispiele zeigen.<br />

<strong>Die</strong> Fragen Illners an die Gebäuder<strong>ein</strong>igerin Susanne Neumann sind geprägt von <strong>ein</strong>er<br />

expressiven/narrativen Fragerichtung (z.B. „Haben Sie Verständnis dafür?“, „Sind Sie<br />

froh darüber?“, „Sind aber trotzdem unzufrieden?“). 233 Entsprechend den an sie gerichteten<br />

Fragen erzählt Neumann in expressiver/narrativer Weise und mit überwiegend<br />

umgangsprachlichen Formulierungen zahlreiche Beispiele der Auswirkungen der aktuellen<br />

Arbeitsmarktpolitik auf ihr alltägliches Leben, aber auch auf das ihrer Kollegen<br />

und verallgem<strong>ein</strong>ert auf diese Weise ihre persönliche Situation: (z.B.)<br />

„Es ist doch so: Es ist Monatsende, ich habe den ganzen Monat gearbeitet, ich muss<br />

davon leben, m<strong>ein</strong>e Kolleginnen müssen davon leben. <strong>Die</strong> Mütter, die bei mir im BR-<br />

Büro sitzen und die nicht wissen, wie sollen sie die Schulbücher bezahlen, diese Shit-<br />

Zahnspangenrechnung, und o Gott m<strong>ein</strong> Kind hat noch <strong>ein</strong>e Kommunion. All das ist<br />

nicht mehr finanzierbar. Ob die woanders noch weniger verdienen, das ist mir im<br />

Moment shitegal. Ich muss m<strong>ein</strong>e Kinder, m<strong>ein</strong>e Kollegin, die müssen wirklich von<br />

diesem Geld in irgend<strong>ein</strong>er Form leben. Ich spreche von 7,87 Euro. Es werden Löhne<br />

gezahlt von 4 und 3 Euro. Ist es denn vernünftig, ist es denn normal in Deutschland,<br />

dass man <strong>ein</strong>en ganzen Monat arbeitet und kann s<strong>ein</strong>en Strom, s<strong>ein</strong>e Heizung nicht<br />

andrehen?“ (D 51)<br />

Zeitarbeiter Hädrich wird von Illner ebenfalls nach konkreten Informationen über s<strong>ein</strong>e persönliche<br />

berufliche Situation befragt, aber auch nach den Auswirkungen, die s<strong>ein</strong>e Anstellung als Zeitarbeiter<br />

auf ihn persönlich sowie auf s<strong>ein</strong>en Arbeitsalltag hat, und nach den Folgen, die Zeitarbeit für die Arbeitnehmer<br />

und ihre Motivation hat: (z.B.)<br />

„Was ist das für <strong>ein</strong> Klima zwischen Ihnen? Ich kann mir vorstellen, dass das atmosphärisch<br />

auch nicht besonders <strong>ein</strong>fach ist, wenn man weiß, da steht <strong>ein</strong>er neben mir,<br />

der macht die identische Arbeit und bringt 500 Euro netto mehr mit nach Hause“.<br />

(D 94)<br />

233 Auch Plasbergs Fragen an den prominenten Betroffenen Walz sind von dieser Fragerichtung geprägt:<br />

„Wie wichtig war das denn, dass Ihnen privilegierte Menschen die Hand gereicht haben?“,<br />

„Können Sie davon berichten, Sie haben ja Kontakt zu vielen Ärzten?“, „Haben Sie Spuren von <strong>ein</strong>er<br />

Zweiklassenmedizin im Krankenhaus gesehen?“.<br />

203

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