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Die politische Talkshow - ein Medium politischer Bildung?

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„STRUKTURWANDEL DER ÖFFENTLICHKEIT“ 1<br />

Auch hinsichtlich s<strong>ein</strong>es Publikumsbildes räumt Habermas Fehler in „Strukturwandel<br />

der Öffentlichkeit“ <strong>ein</strong>:<br />

38<br />

„m<strong>ein</strong>e Diagnose <strong>ein</strong>er gradlinigen Entwicklung von politisch aktiven zum privatistischen,<br />

‚vom kulturräsonnierenden zum kulturkonsumierenden Publikum’ greift zu<br />

kurz. <strong>Die</strong> Resistenzfähigkeit und vor allem das kritische Potential <strong>ein</strong>es in s<strong>ein</strong>en kulturellen<br />

Gewohnheiten aus Klassenschranken hervortretenden, pluralistischen, nach<br />

innen weit differenzierten Massenpublikums habe ich s<strong>ein</strong>erzeit zu pessimistisch beurteilt.“<br />

(Habermas 1990, S. 30)<br />

In diesem Zusammenhang betont Habermas auch, „den kritikfördernden, kulturell mobilisierenden<br />

Einfluss der formalen, insbesondere der sich ausweitenden sekundären<br />

Schulbildung“ (ebd., S. 29) unterschätzt zu haben.<br />

„Strukturwandel der Öffentlichkeit“ ist vor 46 Jahren erschienen. Habermas’ Ausführungen<br />

hinsichtlich massenmedialer, öffentlicher Kommunikation beschränken sich<br />

aufgrund dieser Entstehungszeit auf die Presse. Außerdem war Habermas in Bezug auf<br />

die Medienwirkungsforschung hauptsächlich auf die Ergebnisse der von Elihu Katz<br />

und Paul F. Lazersfeld begründeten Forschungstradition des two-step-flow und der<br />

Verstärker-Hypothese angewiesen. In „Faktizität und Geltung“ (1992) hebt Habermas<br />

dagegen das neue Rezipientenbild in der Medienforschung hervor:<br />

„Immerhin hat die Wirkungs- und Rezeptionsforschung mit dem Bild des passiven,<br />

von den angebotenen Programmen gesteuerten Konsumenten aufgeräumt. Sie lenkt<br />

statt dessen den Blick auf die Interpretationsstrategien der – gelegentlich mit<strong>ein</strong>ander<br />

kommunizierenden – Zuschauer, die sich eben auch zu Widerspruch herausfordern<br />

lassen oder das Angebot mit eigenen Deutungsmustern synthetisieren.“ (ebd., S. 456)<br />

Seit den 1960er Jahren hat es aber nicht nur Weiterentwicklungen in der Medienwirkungsforschung<br />

gegeben, auch die Medienlandschaft hat sich maßgeblich verändert:<br />

Das <strong>Medium</strong> Fernsehen hat sich etabliert, ist zum Leitmedium aufgrund s<strong>ein</strong>er Reichweite<br />

und Nutzungsdauer geworden, und der private Rundfunk wurde <strong>ein</strong>geführt. In<br />

„Faktizität und Geltung“ hat sich Habermas daher auch intensiver mit dem <strong>Medium</strong><br />

Fernsehen aus<strong>ein</strong>andergesetzt, hebt aber auch bei diesem <strong>Medium</strong> die Instrumentalisierung<br />

durch Parteien, Verbände oder private Unternehmen hervor:<br />

„Generell wird man sagen können, dass sich das vom Fernsehen konstruierte Bild der<br />

Politik weitgehend aus Themen und Beiträgen zusammensetzt, die bereits für die Medienöffentlichkeit<br />

produziert und über Konferenzen, Verlautbarungen, Kampagnen<br />

usw. in sie <strong>ein</strong>geschleust werden.“ (ebd., S. 455)<br />

Andererseits modifiziert Habermas s<strong>ein</strong> pessimistisches Modell der demonstrativen,<br />

manipulativen Medienöffentlichkeit und der implizierten passiven Rolle des Publi-

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