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Die politische Talkshow - ein Medium politischer Bildung?

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„STRUKTURWANDEL DER ÖFFENTLICHKEIT“ 1<br />

bilden, dass es die hohe Kultur versteht, wird die Kultur nun auf das Niveau der Massen<br />

herabgesetzt. (Vgl. ebd., S. 254) Kapitel 5.7 wird analysieren, wie sich <strong>politische</strong><br />

<strong>Talkshow</strong>s an den Interessen und Bedürfnissen ihrer Rezipienten orientieren.<br />

<strong>Die</strong> bürgerlichen Formen der Geselligkeit fanden im Laufe des 20. Jahrhunderts zahlreiche<br />

Substitute: Kinobesuche, gem<strong>ein</strong>same Rezeption von Radio- und Fernsehsendungen<br />

etc., denen jedoch bei aller Vielfalt <strong>ein</strong>es tendenziell gem<strong>ein</strong>sam ist: die Abstinenz<br />

vom literarischen und <strong>politische</strong>n Räsonnement. (Vgl. ebd., S. 251) <strong>Die</strong> gesellige<br />

Diskussion weicht den mehr oder minder unverbindlichen Gruppenaktivitäten, die<br />

zwar auch feste Formen des informellen Beisammens<strong>ein</strong>s konstituieren, denen aber die<br />

spezifische Kraft der Institutionen der bürgerlichen Öffentlichkeit fehlt, nämlich gesellige<br />

Kontakte als Fundament öffentlicher Kommunikation zu sichern. <strong>Die</strong> gem<strong>ein</strong>samen<br />

Freizeitbeschäftigungen des kulturell konsumierenden Publikums bedürfen k<strong>ein</strong>er<br />

Fortsetzung in Diskussionen: <strong>Die</strong> private Form der Aneignung – die <strong>ein</strong>same Lektüre<br />

in der häuslichen Privatsphäre – ist entfallen und damit auch die Grundlage für die<br />

öffentliche Kommunikation über das Angeeignete. (Vgl. ebd., 252)<br />

Rekurrierend auf die Entstehung der Massenkultur resümiert Habermas:<br />

„der Resonanzboden <strong>ein</strong>er zum öffentlichen Gebrauch des Verstandes erzogenen <strong>Bildung</strong>sschicht<br />

ist zersprungen; das Publikum in Minderheiten von nicht-öffentlich räsonierenden<br />

Spezialisten und in die große Masse von öffentlich rezipierenden Konsumenten<br />

gespalten.“ (ebd., S. 266)<br />

Somit hat das Publikum die spezifische Kommunikationsform <strong>ein</strong>es räsonierenden<br />

Publikums verloren.<br />

Trotzdem wird weiterhin öffentlich räsoniert: Mit formell organisierten Gesprächen<br />

von <strong>politische</strong>n Foren oder literarischen Organisationen, Podiumsdiskussionen von<br />

Rundfunkanstalten und Verlagen – heute wäre in diesem Zusammenhang auch die <strong>politische</strong><br />

TV-<strong>Talkshow</strong> zu nennen – sch<strong>ein</strong>t der Diskussion „sorgfältige Pflege gesichert<br />

und dem Feld ihrer Ausbreitung k<strong>ein</strong>e Schranke gesetzt“ (ebd., S. 252). Allerdings hat<br />

sie sich maßgeblich verändert, denn sie hat die Gestalt <strong>ein</strong>es Konsumguts angenommen.<br />

Habermas betont, dass die Kommerzialisierung der Kulturgüter zwar früher<br />

ebenfalls Voraussetzung für das Räsonnement war, denn auch für Bücher, Theater- ,<br />

Konzert- und Museumsbesuche hatte man zahlen müssen, aber nicht auch noch für das<br />

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