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Die politische Talkshow - ein Medium politischer Bildung?

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POLITISCHE BILDUNG UND POLITISCHE TALKSHOW<br />

(Clement sieht in Hädrichs Richtung) ich habe über zu viele gering Qualifizierte in<br />

Deutschland gesprochen. Wir haben hoch qualifizierte Zeitarbeitnehmer und wir haben<br />

immer bessere, und dazu gehören offensichtlich auch Sie.“ (D 101)),<br />

danach sind die Äußerungen Hädrichs für die weitere Diskussion aber nicht mehr relevant.<br />

An der Beispielsendung von „hartaberfair“ wird ebenfalls die Außenseiterrolle deutlich,<br />

die Betroffene in Diskussionen <strong>politische</strong>r <strong>Talkshow</strong>s <strong>ein</strong>nehmen.<br />

Auch in dieser Sendung lassen sich die zwei Arten der Integration Betroffener in die Sendung beobachten:<br />

An der Diskussionsrunde nimmt Star-Friseur Udo Walz als prominenter Betroffener teil,<br />

nach 76 Minuten interviewt Plasberg schließlich den betroffenen ‚Normalbürger’ und gleichzeitigen<br />

Experten Bernd Siggelkow, Pfarrer sowie Gründer und Leiter des Kinder- und Jugendwerks "<strong>Die</strong> Arche",<br />

für 8 Minuten 34 Sekunden. Damit erhält Siggelkow – für <strong>ein</strong>e Fernsehsendung – relativ viel<br />

Zeit, um von s<strong>ein</strong>en Erfahrungen zu berichten; insgesamt erhält er jedoch weniger Zeit als die teilnehmenden<br />

Politiker Lauterbach, Seehofer und die Expertin Höhler.<br />

Siggelkow schildert in 16 kurzen Wortbeiträgen s<strong>ein</strong>e eigene Erfahrung mit Armut, s<strong>ein</strong>e Arbeit mit<br />

Kindern und die alltäglichen Erfahrungen, die er mit armen Kindern macht. Der Zuschauer erhält auf<br />

diese Weise nicht nur Einblicke in das Projekt „Arche“, sondern durch die anschaulich geschilderten<br />

Erfahrungen Siggelkows (siehe Anhang, z.B. S. 331-333, D 173, 179, 185) werden auch s<strong>ein</strong>e Gefühle,<br />

s<strong>ein</strong>e potentielle Betroffenheit angesprochen. Eine Betroffenheit, die Höhler anschließend auch<br />

äußert, trotzdem spielen Siggelkows Aussagen für die weitere Diskussion k<strong>ein</strong>e nennenswerte Rolle<br />

mehr.<br />

Der prominente Betroffene Walz hat zwar nach Plasberg und Lauterbach die meisten Diskussionsbeiträge<br />

in der Sendung, ausgehend von der Gesamtlänge s<strong>ein</strong>er Beiträge nimmt er jedoch am wenigsten<br />

an der Sendung teil, was auch die geringe Zahl s<strong>ein</strong>er Einwürfe bei anderen Beiträgen belegt. (Siehe<br />

Tab. 22, S. 214) So kommt Walz – sicherlich vor allem aufgrund s<strong>ein</strong>er Prominenz – häufig zu Wort,<br />

s<strong>ein</strong>e Beiträge entsprechen jedoch nicht dem Sprach- und Diskussionsstil der anderen Teilnehmer<br />

(siehe Anhang, z.B. S. 295-296, D 14, 16, 18). Darüber hinaus gehen zwar Moderator wie Diskutanten<br />

auf Äußerungen von Walz <strong>ein</strong>, jedoch drücken sie damit eher ihr Amüsement aus, als dass sie sich<br />

tatsächlich argumentativ mit ihm aus<strong>ein</strong>andersetzen (siehe z.B. Anhang, S. 296-297, D 19-22).<br />

6.5.3 Politische <strong>Talkshow</strong>s als <strong>Medium</strong> der Funktion ‚Befähigung zur<br />

Partizipation’<br />

<strong>Die</strong> Funktion „Befähigung zur Partizipation“ der <strong>politische</strong>n <strong>Bildung</strong> impliziert das<br />

Ziel, aus <strong>ein</strong>em politisch reflektierenden Bürger <strong>ein</strong>en interventionsfähigen, aktiven<br />

Bürger zu machen – <strong>ein</strong> Ziel, das durch <strong>politische</strong> <strong>Talkshow</strong>s nicht erreicht werden<br />

kann. So hat auch die Fallanalyse gezeigt, dass <strong>politische</strong> <strong>Talkshow</strong>s wie „Maybrit<br />

Illner“ und „hartaberfair“ trotz ihrer rezipientenorientierten Sendungskonzepte ihre<br />

Zuschauer – im Sinne der institutionalisierten <strong>politische</strong>n <strong>Bildung</strong> – kaum zur <strong>politische</strong>n<br />

Partizipation befähigen.<br />

Politische <strong>Talkshow</strong>s schaffen zwar Möglichkeiten zum M<strong>ein</strong>ungsaustausch zwischen<br />

<strong>politische</strong>n Akteuren und Bürgern, indem betroffene Bürger als Gäste auftreten und<br />

Bürgerfragen, -m<strong>ein</strong>ungen als Telefonanrufe, E-Mails, Videobotschaften in die Sen-<br />

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