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Die politische Talkshow - ein Medium politischer Bildung?

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„STRUKTURWANDEL DER ÖFFENTLICHKEIT“ 1<br />

essen des Publikums (vgl. ebd., S. 284) und folglich versuchen diese Organisationen<br />

mit Hilfe der Presse die notwendige Öffentlichkeit für die Durchsetzung ihrer Ziele zu<br />

erreichen.<br />

Öffentlichkeit entsteht nun aufgrund der Konkurrenz organisierter Interessen. Das<br />

Eindringen dieser Interessen in die Öffentlichkeit macht Habermas für den Zerfall des<br />

<strong>politische</strong>n Räsonnements verantwortlich:<br />

„Mochten <strong>ein</strong>st die, auf dem gem<strong>ein</strong>samen Nenner des Klasseninteresses neutralisierten,<br />

weil privatisierten Einzelinteressen <strong>ein</strong>e gewisse Rationalität und auch Effektivität<br />

öffentlicher Diskussion gestatten, so ist an deren Stelle heute die Demonstration konkurrierender<br />

Interessen getreten. Der im öffentlichen Räsonnement ermittelte Konsensus<br />

weicht dem nicht öffentlich erstrittenen oder <strong>ein</strong>fach durchgesetzten Kompromiß.“<br />

(ebd., S. 272-273)<br />

Während die ursprünglichen Formen der Öffentlichkeit, d.h. die Versammlungsöffentlichkeit<br />

(Kaffeehäuser, Lesegesellschaften etc.), geprägt waren von Überschaubarkeit<br />

und Transparenz, führten die großen Öffentlichkeitsforen, entstanden durch die Massenmedien,<br />

dazu, dass Öffentlichkeit „in dem Maße die Kraft ihres Prinzips, kritische<br />

Publizität,“ (ebd., S. 224) verlor, in dem sie sich als Sphäre ausdehnte. 13<br />

<strong>Die</strong> Massenmedien verschafften zwar den Massen Zugang zur Öffentlichkeit, 14 doch<br />

ihren <strong>politische</strong>n Charakter büßte die erweiterte Öffentlichkeit <strong>ein</strong>, da sie für die Maximierung<br />

ihres Absatzes mit <strong>ein</strong>er Entpolitisierung des Inhalts bezahlte. (Vgl. ebd.,<br />

S. 259) Habermas beklagt den Rückgang politisch relevanter Nachrichten, die Verdrängung<br />

harter Nachrichten durch weiche und die Integration der <strong>ein</strong>st getrennten<br />

Bereiche von Publizistik und Literatur, von Information und Räsonnement auf der <strong>ein</strong>en,<br />

Belletristik, Unterhaltung und Lebenshilfe auf der anderen Seite. Damit kritisiert<br />

Habermas schon 1962 <strong>ein</strong>e zunehmende Entertainisierung der (<strong>politische</strong>n) Medieninhalte,<br />

<strong>ein</strong>e Diskussion die auch Jahrzehnte später noch geführt wird. 15<br />

13 In „Faktizität und Geltung“ (1992) unterscheidet Habermas drei Ebenen der Öffentlichkeit: episodische<br />

Öffentlichkeit (z.B. in der Kneipe oder auf der Straße), veranstaltete Präsenzöffentlichkeit (z.B.<br />

bei Theateraufführungen, Konzerten oder Parteiversammlungen) und die abstrakte über Massenmedien<br />

hergestellte Öffentlichkeit (vgl. ebd., S. 452).<br />

14 Zur Ausweitung der <strong>politische</strong>n Öffentlichkeit auf die gesamte Gesellschaft durch die Massenmedien,<br />

siehe auch Neidhardt 1994(b).<br />

15 Siehe hierzu u.a. Dörner 2001, Nieland/Kamps 2004, Postman 1985, Saxer 2007, Schicha/Brosda<br />

2002, Wegener 2001.<br />

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