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Die politische Talkshow - ein Medium politischer Bildung?

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„STRUKTURWANDEL DER ÖFFENTLICHKEIT“<br />

Habermas führt aus, dass das demokratische Arrangement der Parlamentswahlen noch<br />

auf dem Idealkonzept der bürgerlichen Öffentlichkeit basiert, denn die Verhaltenserwartungen,<br />

die an die Rolle des Bürgers als Wähler gestellt werden,<br />

„sind <strong>ein</strong> sozialpsychologisches Spiegelbild jener Verhältnisse, in denen <strong>ein</strong>st <strong>ein</strong> Publikum<br />

räsonierender Privatleute kritische und legislative Funktionen übernommen<br />

hatte. Dem Wähler wird zugemutet, dass er, mit <strong>ein</strong>em gewissen Grad von Urteilsfähigkeit<br />

und Kenntnissen, interessiert an öffentlichen Diskussionen teilnimmt, um, in<br />

rationaler Form und am allgem<strong>ein</strong>en Interesse orientiert, das Richtige und Rechte als<br />

verbindlichen Maßstab für das <strong>politische</strong> Handeln finden zu helfen“. (ebd., S. 313)<br />

<strong>Die</strong> Tatsache, dass die Masse der wahlberechtigten Bevölkerung diesem demokratischen<br />

Verhaltensmuster kaum noch entspricht, ist für Habermas soziologisch nur im<br />

Zusammenhang mit dem strukturellen und funktionellen Wandel der Öffentlichkeit zu<br />

erklären. (Vgl. ebd., S. 314) Für Habermas ist die <strong>politische</strong> Öffentlichkeit des modernen<br />

Sozialstaates durch zwei konkurrierende Tendenzen gekennzeichnet:<br />

„Als Zerfallsgestalt bürgerlicher Öffentlichkeit gibt sie <strong>ein</strong>er, von Organisationen über<br />

die Köpfe des mediatisierten Publikums entfalteten, demonstrativen und manipulativen<br />

Publizität Raum. Andererseits hält der Sozialstaat am Gebot <strong>ein</strong>er politisch fungierenden<br />

Öffentlichkeit fest, demzufolge das von Organisationen mediatisierte Publikum,<br />

durch diese selbst hindurch, <strong>ein</strong>en kritischen Prozess öffentlicher Kommunikation<br />

in Gang setzen soll“ (ebd., S. 337-338).<br />

Habermas hebt hervor, dass es die kritische Publizität immer noch gibt, „ebenso wie<br />

<strong>ein</strong>en Adressaten, der die mit ihr gesetzten Verhaltenserwartungen erfüllt – gewiss<br />

nicht das Publikum insgesamt, aber eben doch <strong>ein</strong> funktionsfähiges Substitut“ (ebd.,<br />

S. 343).<br />

2.2.2.3 Massenkommunikation und <strong>politische</strong> Öffentlichkeit<br />

Ausgehend von der Analyse des Strukturwandels der Öffentlichkeit ist festzuhalten,<br />

dass Habermas Massenkommunikation für <strong>ein</strong>e <strong>politische</strong> Öffentlichkeit als nicht<br />

funktional ansieht. Öffentliche Kommunikation über Medien – also Massenkommunikation<br />

– übt k<strong>ein</strong>e <strong>politische</strong>n Funktionen im Sinne von Habermas’ Verständnis demokratischer<br />

Politik aus, da sie unter Einfluss organisierter Interessen steht und auf ihre<br />

Rezipienten manipulativ <strong>ein</strong>wirkt, anstatt sich als Institution der Bevölkerung zu begreifen,<br />

durch die diese kritisch über Angelegenheiten des allgem<strong>ein</strong>en Interesses diskutieren<br />

und als Kritik- und Kontrollorgan der öffentlichen Gewalt fungieren kann.<br />

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