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Die politische Talkshow - ein Medium politischer Bildung?

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„STRUKTURWANDEL DER ÖFFENTLICHKEIT“<br />

Gespräch über das, was man rezipiert hatte. (Vgl. ebd., S. 253) Inzwischen sind Gespräche<br />

selbst zur Ware geworden und die Diskussion hat sich formalisiert – mit gravierenden<br />

Folgen:<br />

„Position und Gegenposition sind im vorhin<strong>ein</strong> auf gewisse Spielregeln der Darbietung<br />

verpflichtet; Konsensus in der Sache erübrigt sich weitgehend durch den des<br />

Umgangs. Problemstellungen sind als Fragen der Etikette definiert; Konflikte, <strong>ein</strong>st in<br />

öffentlicher Polemik ausgetragen, werden auf die Ebene personeller Reibereien abgedrängt.<br />

Das derart arrangierte Räsonnement erfüllt wichtige sozialpsychologische<br />

Funktionen [...]; s<strong>ein</strong>e publizistischen Funktionen büßt es indessen immer mehr <strong>ein</strong>“<br />

(ebd., S. 253).<br />

In Zusammenhang mit der von ihm beschriebenen Entertainisierung der Medieninhalte<br />

setzt sich Habermas auch mit deren Konsequenzen für die Rezipienten aus<strong>ein</strong>ander<br />

und verweist darauf, dass diese eher zur persönlichen Entspannung dienen, als zum<br />

öffentlichen Gebrauch der Vernunft anleiten. (Vgl. ebd., S. 260) Habermas geht sogar<br />

noch weiter und stellte die These auf, dass die audiovisuellen Medien die Rezipienten<br />

in ihren Fähigkeiten zum kritischen Räsonnement <strong>ein</strong>schränken: Das Publikum wird<br />

von den audiovisuellen Medien in ihren Bann gezogen, steht dabei jedoch unter dem<br />

Zwang des „Don’t talk back“ (ebd., S. 261); damit nehmen die Medien dem Publikum<br />

„die Distanz der ‚Mündigkeit’, die Chance nämlich, sprechen und widersprechen zu<br />

können“ (ebd., S. 261), mit der Konsequenz, dass das Publikum nicht mehr räsoniert,<br />

sondern sich nur noch über das Gefallen oder Nicht-Gefallen des Konsumierten austauscht.<br />

Auch die Personalisierung <strong>politische</strong>r Tatbestände durch die Massenmedien<br />

führt laut Habermas dazu, dass es zu <strong>ein</strong>er Einschränkung der Fähigkeit zum kritischen<br />

Räsonnement gegenüber der öffentlichen Gewalt kommt, da sie vor allem Sentimentalität<br />

gegenüber Personen und Zynismus gegenüber Institutionen bewirkt. (Vgl. ebd.,<br />

S. 262)<br />

Das Publikum hat s<strong>ein</strong>e gestalterischen Kompetenzen verloren und sich in <strong>ein</strong>e weitgehend<br />

passive Rolle zurückgezogen. 21 Im Modell der bürgerlichen Öffentlichkeit kam<br />

dem Publikum der versammelten Privatleute die Aufgabe zu, den Staat mit den Bedürfnissen<br />

und Interessen der Gesellschaft zu vermitteln. Mit dem Prozess des Struk-<br />

21 Habermas betont in diesem Zusammenhang, dass diejenigen Bürger, die sich <strong>ein</strong>er diskutant gebildeten<br />

öffentlichen M<strong>ein</strong>ung auf Grund ihrer Disposition (geringes Interesse, niedriger Informationsstand,<br />

Apathie) entziehen, am ehesten von der demonstrativ und manipulativ hergestellten Öffentlichkeit<br />

der Wahlveranstalter be<strong>ein</strong>flussbar sind. (Vgl. Habermas 1990, S. 316)<br />

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