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Die politische Talkshow - ein Medium politischer Bildung?

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„STRUKTURWANDEL DER ÖFFENTLICHKEIT“<br />

sich die Öffentlichkeit erweitert, ist nicht mehr beschränkt auf das <strong>Bildung</strong>sbürgertum<br />

mit der Folge, dass auch der bildungsbürgerliche Diskurshabitus an Bedeutung verlor.<br />

Aus dem in öffentlichen Diskursen räsonierenden Publikum ist <strong>ein</strong> konsumierendes<br />

Massenpublikum geworden, 19 das bestenfalls öffentlichen M<strong>ein</strong>ungsaustausch über die<br />

konsumierten Artikel betreibt. Aus Konsum kann für Habermas k<strong>ein</strong>e Öffentlichkeit<br />

hervorgehen:<br />

„Wohl mag sich die ver<strong>ein</strong>zelte Befriedigung von Bedürfnissen unter Bedingungen<br />

der Öffentlichkeit, nämlich massenhaft vollziehen, aber daraus entsteht noch nicht Öffentlichkeit<br />

selbst. Wenn die Gesetze des Marktes, die die Sphäre des Warenverkehrs<br />

und der gesellschaftlichen Arbeit beherrschen, auch in die den Privatleuten als Publikum<br />

vorbehaltene Sphäre <strong>ein</strong>dringen, wandelt sich Räsonnement tendenziell in Konsum<br />

und der Zusammenhang öffentlicher Kommunikation zerfällt in die wie immer<br />

gleichförmig geprägten Akte ver<strong>ein</strong>zelter Rezeption“ (Habermas 1990, S. 249)<br />

<strong>Die</strong> Massenmedien haben das Ihrige zu dieser Entwicklung beigetragen, indem sie den<br />

Wähler zum Zuschauer erzogen haben. (Vgl. Habermas 1961, S. 48)<br />

Maßgeblich für den Strukturwandel der Öffentlichkeit und s<strong>ein</strong>e negativen Folgen verantwortlich<br />

ist – laut Habermas – die Entwicklung der Massenkultur, <strong>ein</strong>e Kultur ausgerichtet<br />

an den Interessen des Großteils der Bevölkerung. 20 Zwischen Massenkultur<br />

und ihren Nutzern konstruiert Habermas <strong>ein</strong>en Teufelskreis der Anpassung: Als <strong>ein</strong>e<br />

auf die Interessen ihrer Konsumenten bezogene Kultur richtet sie sich nach Gesichtspunkten<br />

der Absatzstrategie; für <strong>ein</strong>e Erweiterung ihres Absatzes – ihres ökonomischen<br />

Erfolges – orientiert sie sich an den Entspannungs- und Unterhaltungsbedürfnissen<br />

von Verbrauchergruppen mit relativ niedrigem <strong>Bildung</strong>sstandard, was zu <strong>ein</strong>er<br />

Qualitätsreduktion der Kulturgüter führt, die wiederum negative Auswirkungen auf die<br />

Konsumenten hat, denn während der Umgang mit Kultur übt, hinterlässt der<br />

Verbrauch von Massenkultur k<strong>ein</strong>erlei Spuren. (Vgl. Habermas 1990, S. 255) Während<br />

zu Zeiten der bürgerlichen Öffentlichkeit noch versucht wurde, das Volk so zu<br />

19 Auch innerhalb der Kommunikationsforschung beschäftigt man sich mit diesem Gegensatz; es gibt<br />

zwei grundlegende Publikumskonzepte: das der mündigen Bürger und das des passiven Publikums.<br />

Das medienzentrierte Konzept unterstellt <strong>ein</strong> passives Publikum, das hauptsächlich auf (sinnleeren)<br />

Konsum hin orientiert ist. Folglich eröffnen sich den Medien große Manipulationschancen. Bei publikumszentrierten<br />

Vorstellungen, die vom Konzept des ‚aktiven’ Publikums ausgehen, gilt, dass mit<br />

dem Angebot neuer Kommunikationsformen und -inhalte die Rezipienten zunächst lediglich vor zusätzliche<br />

Entscheidungssituationen gestellt werden. (Vgl. Renckstorf/Rohland 1980(b), VIII-IX)<br />

20 Zur Kulturkritik der Frankfurter Schule, siehe auch Fußnote 12, S. 23.<br />

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