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Verkehrswege und ihre Bedeutung für die Kulturlandschaft

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20 6 H.-J . Nitz<br />

als eine »Rückzugslinie« interpretiert gegenüber dem aus dem fränkischen Westen<br />

sich vollziehenden »Einbruch westlicher Besitz- <strong>und</strong> Kulturformen«, <strong>die</strong> <strong>ihre</strong>n<br />

Ausdruck findet in einer »Verdorfungstendenz« mit der Ausbildung von<br />

Blockgemengefluren, aus denen durch Teilungen kurzstreifige Blockgewannfluren<br />

wurden . »Diese Interpretation macht es aber notwendig, <strong>die</strong> . . . Auffassung<br />

über <strong>die</strong> primären Flurformen der Landnahmezeit zu revi<strong>die</strong>ren . Wenn nämlich<br />

<strong>die</strong> Langstreifengrenze eine Rückzugslinie darstellt, dann müssen zumindest in<br />

den Altsiedellandschaften des Rheinischen Schiefergebirges ehemals Langstreifen<br />

vorhanden gewesen sein <strong>und</strong> nicht - wie Steinbach ursprünglich annahm - nur<br />

Block- bzw . Blockgemengefluren . Langstreifen wurden aber bisher nirgends<br />

nachgewiesen« . (ebenda, S . 56) .<br />

Hier deutet sich bereits ein gewisses Dilemma an, das <strong>für</strong> <strong>die</strong> dann 1944 von<br />

Müller-Wille <strong>und</strong> von Niemeier parallel konzipierte Theorie von der westgermanischen<br />

Urform des Drubbels mit Langstreifenflur kennzeichnend wurde .<br />

Beide vertraten, auf Hömbergs <strong>und</strong> Martinys Gedanken aufbauend, <strong>die</strong> These,<br />

daß in allen westgermanischen Landnahme-Siedelräumen bei gleichartiger Gesellschaftsverfassung<br />

- sippenartige Kleingruppe - <strong>und</strong> ähnlichen einfachen Getreidebau-Bodennutzungssystemen<br />

<strong>die</strong>se Siedlungsform verbreitet war . Beide<br />

suchten in <strong>ihre</strong>n Gr<strong>und</strong>satzarbeiten von 1944 da<strong>für</strong> Belege in Form von Gewannfluren<br />

mit Langstreifenkern auch in Mittel- <strong>und</strong> Süddeutschland zu finden, während<br />

das westliche Altsiedelland in <strong>die</strong>ser Hinsicht ausfiel (s .o .) . Da <strong>die</strong> siedlungsgeographische<br />

Literatur <strong>für</strong> Oberdeutschland nur wenig Überzeugendes bot<br />

- nur Niemeier (1944) wurde im Elsaß fündig - konzentrierte sich Müller-Wille<br />

ganz auf den Bereich der älteren nord- <strong>und</strong> mitteldeutschen Siedelräume, wobei<br />

er mit eigenen Untersuchungen <strong>die</strong> Göttinger Leinetalung einbezog (1948) . Hier<br />

<strong>und</strong> mit den von Riepenhausen (1938), den Schülern von E . Obst <strong>und</strong> H . Spreitzer<br />

(1939) sowie seiner eigenen Schülerin A . Ringleb-Vogedes (1950/1960)<br />

vorgelegten Untersuchungen arbeitete Müller-Wille seine Konzeption von der<br />

stufenweisen Entwicklung vom landnahmezeitlichen bis frühmittelalterlichen<br />

Drubbel mit kleinflächiger Langstreifenflur zum daraus hervorgehenden hochmittelalterlichen<br />

geschlossenen Klein- bis Großdorf mit - auf Kosten der Allmendweide<br />

- erweiterter Gewannflur <strong>und</strong> deren zelgenmäßiger Dreifelderorganisation<br />

heraus . Bereits in der Arbeit von 1942 (II, S . 54) hatte er <strong>die</strong>sen Entwicklungstyp<br />

gekennzeichnet : »der große geschlossene Drubbel . . . Bei ihm ist nicht<br />

nur <strong>die</strong> Ortsform verdichtet, sondern auch <strong>die</strong> Ortsform vergrößert, <strong>die</strong> Zahl der<br />

Altbauern, der 'Langstreifenbesitzer', beträgt das Zwei-, Drei- <strong>und</strong> Vierfache eines<br />

gewöhnlichen Drubbels . Dementsprechend übertrifft auch seine Feldflur mit<br />

Lang- <strong>und</strong> Kurzstreifengewannen <strong>die</strong> Feldfluren anderer Drubbel erheblich an<br />

Fläche <strong>und</strong> Umfang« (II, S .54) . Hellweg <strong>und</strong> Warburger Börde, <strong>die</strong> niedersächsischen<br />

<strong>und</strong> nordhessischen Lößbecken stellten sich als typische Vergetreidungsgebiete<br />

heraus, in denen bei gegebener Ackergunst im Hochmittelalter<br />

<strong>und</strong> erneut unter dem Bevölkerungsdruck der Frühneuzeit mit der Rekultivierung<br />

der im Spätmittelalter wüstgefallenen Fluren aufgegebener geschlossener<br />

Drubbel <strong>die</strong> heutigen Dörfer mit umfangreicher Gewannflur sich herausbildeten .<br />

Mit Hilfe der topographisch-genetischen Methode aber ließ sich bei solchen Siedlungen<br />

sowohl der Drubbel-Althöfebestand im Dorf als auch <strong>die</strong> Langstreifen-<br />

Altflur als Flurkern herausschälen .

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