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Verkehrswege und ihre Bedeutung für die Kulturlandschaft

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Pilgerwege <strong>und</strong> Siedlungsentwicklung 95<br />

einigen spontanen Massenwallfahrten <strong>und</strong>, seit dem Spätmittelalter, den Jubeljahrswallfahrten<br />

abgesehen, nur einen Bruchteil der Nutzer von Straßen <strong>und</strong><br />

Wasserwegen aus .<br />

Trotzdem haben Pilger auch hier <strong>ihre</strong> Spuren hinterlassen <strong>und</strong>, wenn auch in<br />

begrenztem Rahmen, <strong>die</strong> Siedlungsentwicklung beeinflußt . Eine systematische<br />

Analyse wird dadurch erschwert, daß alle großen <strong>und</strong> mittleren Zielorte gleichzeitig<br />

auch als Etappenstationen fungierten, so daß Einrichtungen in den Pilgerzentren<br />

nicht sauber von solchen am Weg geschieden werden können . Bis ins 14 .<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert scheinen <strong>die</strong> klösterlichen <strong>und</strong> bürgerlichen Hospitäler mit multifunktionaler<br />

Aufgabenstellung (Versorgung von Armen, Pilgern <strong>und</strong> Pfründnern)<br />

den Anforderungen des Pilgerverkehrs weitgehend gewachsen gewesen zu<br />

sein ; man muß hier, wie in Spanien <strong>und</strong> Frankreich, Leistungen von Laien bei der<br />

privaten <strong>und</strong> kommerziellen Beherbergung miteinrechnen . Die Gründung von<br />

Pilgerhospitälern als besonderer Form des Hospitals setzte erst im Spätmittelalter<br />

ein . A . Lassotta (1984) nennt als früheste Belege <strong>die</strong> Stiftung des Heinrich Crig<br />

von Speyer in Frankfurt 1315 (im 15 . Jahrh<strong>und</strong>ert : Martha-Spital), <strong>die</strong> Gründung<br />

des Fremdenhospitals »Zum Ipperwald« in Köln durch Albrecht von Zelle,<br />

das 1334 unter <strong>die</strong> Aufsicht des Rates gestellt wurde, <strong>die</strong> Gründung des Kölners<br />

Petrus van der Hellen um 1390/1400, das Hospital St . Johann Baptist, das wegen<br />

der vornehmlichen Aufgabe der Versorgung von Aachenpilgern auch den Namen<br />

»Aiche« trug, <strong>und</strong> mehrere Hospitäler zum Zweck der Fremdenbeherbergung in<br />

Aachen, von denen das Blasiusspital (Gasthuyss up dem Hoyve) wohl schon<br />

Ende des 13 . Jahrh<strong>und</strong>erts entstand . 1336 folgte ein weiteres, nicht allein <strong>für</strong><br />

Pilger bestimmtes Hospital auf dem Radermarkt .<br />

Es besteht kein Zweifel, daß <strong>die</strong> von Aachen ausgehende Periodisierung der<br />

Heiligtumsfahrten, in deren Zyklus bis zum Beginn des 16 . Jahrh<strong>und</strong>erts Köln<br />

<strong>und</strong> Trier, mittelbar natürlich auch <strong>die</strong> kleineren Wallfahrtsorte einbezogen wurden<br />

(E . Stephany, 1964), den Ausbau von geistlichen, städtischen <strong>und</strong> privaten<br />

Beherbergungsmöglichkeiten in den größeren Zentren förderte, während sie den<br />

Aufbau von Infrastruktureinrichtungen an den Wegen <strong>und</strong> in den kleineren Etappenorten<br />

eher behinderte, da sich Investitionen, <strong>die</strong> nur alle sieben Jahre voll<br />

genutzt wurden, nicht rentierten .<br />

Ich möchte <strong>die</strong>s illustrieren am Beispiel der Ungarnwallfahrten an den Rhein,<br />

nach Köln, Aachen <strong>und</strong> Trier, wobei ich mich auf <strong>die</strong> Hauptroute der auf den<br />

Landweg angewiesenen Pilger ab Mainz beschränke (Abb . 6) ; bezüglich der Varianten,<br />

der Abstecher, der Kombination von Land- <strong>und</strong> Wasserweg <strong>und</strong> aller<br />

weiteren Aspekte <strong>die</strong>ser Fernwallfahrt verweise ich auf <strong>die</strong> Arbeit von E . Thoemmes<br />

(1937), <strong>die</strong> nahezu alle brauchbaren Belege <strong>für</strong> den Pilgerweg zusammengestellt<br />

hat .<br />

In Mainz sollen <strong>die</strong> ungarischen Pilger auf der Hin- <strong>und</strong> Rückreise je einen<br />

Tag Unterkunft <strong>und</strong> Verpflegung im Hospital der Hl . Barbara zum Flueß, ferner<br />

auf der Rückreise ein Geldgeschenk von 2 Batzen erhalten haben, sofern sie eine<br />

Bescheinigung über den Besuch der Heiligtümer <strong>und</strong> einen Beichtzettel aus Aachen<br />

vorlegten . Auf halbem Wege zwischen Mainz <strong>und</strong> Bingen belegt eine Karte<br />

der Gaualgesheimer Gemarkung von 1576/77, daß <strong>die</strong> Bewohner von Algesheim<br />

an der Landwehr bei einem Brunnen Zelte <strong>und</strong> Hütten <strong>für</strong> <strong>die</strong> Ungarn auf-

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