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Verkehrswege und ihre Bedeutung für die Kulturlandschaft

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Pilgerwege <strong>und</strong> Siedlungsentwicklung 97<br />

schlugen, »dabey ein steinern Stock, da man das heilig Sacrament, wenn <strong>die</strong><br />

Hungarn betfahrt hielten, hin pflegt zu stellen« . Für Bingen ist keine besondere<br />

Einrichtung belegt, während in Boppard eine Pilgerspende des Klosters Eberbach<br />

wohl auch den Ungarn zugute kam . Im Koblenzer Spital bestand seit dem 15 .<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert eine Stiftung <strong>für</strong> ungarische Pilger, deren Erträge alle sieben Jahre<br />

zur Bewirtung mit Brot, Wein, Speck <strong>und</strong> Erbsen aufgebraucht wurden . Andernach<br />

verfügte seit dem 13 . Jahrh<strong>und</strong>ert über ein Hospital, das <strong>die</strong> Stiftung der<br />

Bürgerin Gertrude Fictors von 1364 zugunsten der nach Aachen pilgernden Ungarn<br />

verwaltete .<br />

In Sinzig trennten sich <strong>die</strong> Wege der Pilger ; <strong>die</strong> einen reisten den Rhein entlang<br />

bis Köln weiter, <strong>die</strong> anderen nahmen über <strong>die</strong> Aachen-Frankfurter Heerstraße<br />

den direkten Weg über Rheinbach nach Düren . Zwischen Sinzig <strong>und</strong> Düren sind<br />

an »festen« Einrichtungen, <strong>die</strong> den Charakter der Straße als Pilgerweg dokumentieren<br />

können, zahlreiche Wegkreuze <strong>und</strong> Kapellen zu nennen, ferner eine<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> Aachenpilger gebaute Wasserleitung in Eckendorf <strong>und</strong> eine Pilgerspende<br />

in Ahrweiler (E . Thoemmes 1937, 64, Anm . 4) .<br />

Die meisten ungarischen Pilger dürften, nicht zuletzt wegen der guten Unterkunfts-<br />

<strong>und</strong> Verpflegungsmöglichkeiten, vornehmlich im Hospital zum Ipperwald,<br />

den Aufenthalt in Köln vorgezogen haben, auch wenn in manchen Jahren<br />

<strong>die</strong> Grenzen der Beherbergungskapazität der rheinischen Großstadt überschritten<br />

wurden, z.B . im Heiltumsfahrtjahr 1524, als 2000-3000 Ungarn, Böhmen,<br />

Österreicher <strong>und</strong> andere Fremde Köln passierten .<br />

Auf dem Weg nach Aachen entlang der alten Kölner Straße ist vor Düren als<br />

Besonderheit lediglich ein Brunnen <strong>für</strong> Aachenpilger in Weiden belegt (1359),<br />

ferner, daß man den ungarischen Pilgern 1496 in Königsdorf Reliquien zeigte .<br />

Wer <strong>die</strong> Strecke nach Düren nicht an einem Tag schaffte, konnte seit 1457 in der<br />

Fremdenherberge von Ichendorf übernachten ; <strong>die</strong>se verfügte aber nur über sechs<br />

Betten (A . Lassotta 1984, 130) . Die These von E . Thoemmes (1937, 58), daß <strong>die</strong><br />

bei Köln liegenden Ortschaften Müngersdorf, Lövenich <strong>und</strong> das weiter entfernte<br />

Ichendorf durch den Pilgerverkehr »besonders belebt« worden seien, wird durch<br />

<strong>die</strong> angegebenen Quellen kaum gestützt ; der Handelsverkehr zwischen Köln <strong>und</strong><br />

den Niederlanden dürfte bezüglich des Transportwesens (Fuhrleutedörfer) wesentlich<br />

stärker gewirkt haben . In Düren, das seit 1501, seit dem Diebstahl des<br />

Hauptes der hl . Anna aus Mainz (K . Köster 1984, 211), als Wallfahrtsort aufblühte,<br />

stand das in den Quellen kaum näher zu fassende Gast- oder Passantenhaus<br />

zur Verfügung . Hier in Düren vereinigte sich <strong>die</strong> Aachen-Frankfurter<br />

Heerstraße mit der alten Kölner Straße ; auf der Strecke über Mariaweiler, Geich,<br />

Langerwehe, Weisweiler, Dürwiß, Hehlrath, St . Jöris <strong>und</strong> Weiden nach Aachen<br />

ist von besonderen Einrichtungen <strong>für</strong> Pilger nichts überliefert ; <strong>die</strong> Strecke war<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> meisten Pilger - auch zu Fuß - in einem Tag zurückzulegen .<br />

Die oben bereits angesprochene Infrastruktur Aachens <strong>für</strong> den Pilgerverkehr<br />

läßt sich noch ergänzen, z.B . durch den Beginenkonvent im Matthiashof, 1261<br />

gegründet, mit dem seit spätestens 1441 ein Hospital <strong>für</strong> reisende <strong>und</strong> wallfahrende<br />

Frauen verb<strong>und</strong>en war . Auf dem Matthiashof wurden jeweils vom 11 .<br />

bis 13 . Juli <strong>die</strong> ungarischen Pilger verköstigt . Da Aachen auch ein wichtiger<br />

Ausgangspunkt <strong>für</strong> <strong>die</strong> Santiagowallfahrt war, entstand zu Beginn des 15 . Jahr-

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