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Verkehrswege und ihre Bedeutung für die Kulturlandschaft

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82 F . Irsigler<br />

licher Weise zu systematisieren, wie <strong>die</strong>s E . Ennen <strong>für</strong> <strong>die</strong> stadtbildende, stadterweiternde<br />

bzw. stadterhaltende Funktion von Wallfahrt getan hat, beschränke ich<br />

mich auf drei klassische Pilgerwege bzw . Wegesysteme<br />

1 . den eigentlichen Jakobsweg (camino frances oder einfach camino) von Ostabat<br />

bzw . Puente la Reina bis nach Santiago de Compostela,<br />

2 . <strong>die</strong> vier Hauptrouten der Santiagopilger in Frankreich <strong>und</strong><br />

3 . das rheinische Wegesystem zu dem Dreieck der Wallfahrtsziele Köln, Aachen<br />

<strong>und</strong> Trier .<br />

Für <strong>die</strong>se Auswahl lassen sich - abgesehen von dem relativ guten Forschungsstand<br />

- zwei Begründungszusammenhänge anführen ; der eine geht vom Wallfahrtstyp<br />

aus, der zweite von der Funktion der zu den Wallfahrtszielen führenden<br />

Straßen <strong>und</strong> Wege . Santiago de Compostela zählt spätestens seit dem 11 .<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert neben Rom <strong>und</strong> Jerusalem zu den bedeutendsten Zielen der europäischen<br />

Fernwallfahrt . Bis um 1300 kann mit einem gleichmäßigen Pilgerstrom<br />

gerechnet werden . Im 14 . Jahrh<strong>und</strong>ert änderte sich der Rhythmus durch <strong>die</strong><br />

`geniale Erfindung' (L. Schmugge 1985, 21 f .) des periodischen Wallfahrens nach<br />

dem Vorbild der `Heiligen Jahre' in Rom, erstmals 1300 mit einem Plenarablaß<br />

ausgerufen, <strong>die</strong> sich seit 1400 auf den 25-Jahre-Rhythmus einpendelten . Die<br />

Santiagojubeljahre, im Spätmittelalter durch eine auf 1179 datierte Fälschung<br />

eines Papstprivilegs abgesichert, folgten einem unregelmäßigen, wesentlich kürzeren<br />

Rhythmus ; bis heute finden sie dann statt, wenn der Festtag des Apostels<br />

Jakobus auf einen Sonntag fällt . Nach neueren Forschungen von B . Schimmelpfennig<br />

(1978) <strong>und</strong> I . Mieck (1978) dürften sich in den 13 Heiligen Jahren des<br />

15 . Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>die</strong> ohnehin hohen regelmäßigen Pilgerzahlen pro Jahr<br />

(17-25000) in etwa verzehnfacht haben . Welche Auswirkungen <strong>die</strong>se Extrembelastungen<br />

auf <strong>die</strong> Struktur der Pilgerwege hatten, ist leider noch zu wenig<br />

untersucht ; daher muß <strong>die</strong> Analyse auf <strong>die</strong> hochmittelalterliche Phase beschränkt<br />

werden . Der Jakobsweg selbst von den Pyrenäenpässen bis nach Santiago, der<br />

camino, repräsentiert in <strong>die</strong>ser Zeit einen Wegetypus, bei dem <strong>die</strong> Funktion als<br />

Pilgerweg eindeutig dominiert gegenüber militärischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Aufgaben<br />

.<br />

Eine derart starke Dominanz der Pilgerfunktion scheint bei den vier Hauptrouten<br />

durch Frankreich nicht vorhanden gewesen zu sein ; man könnte eher von<br />

einem Gleichgewicht der wirtschaftlichen, militärischen <strong>und</strong> der Wallfahrtfunktionen<br />

sprechen . Dabei ist zu berücksichtigen, daß <strong>die</strong> durch den Liber Sancti<br />

,jacobi (Codex Calixtinus), vor allem dessen V . Buch, den `Pilgerführer', vorgegebene<br />

klare Struktur der vier Wege eine scheinbare ist ; in Wirklichkeit handelte<br />

es sich um ein äußerst komplexes Wegesystem, das neben der Richtung auf das<br />

Fernwallfahrtsziel Santiago maßgeblich durch zahlreiche überregionale Wallfahrtsziele<br />

an <strong>und</strong> neben den Hauptstrecken geformt wurde . Auch hier muß sich<br />

<strong>die</strong> Analyse auf <strong>die</strong> Zeit vor dem Einsetzen der periodischen Wallfahrten in den<br />

Jubeljahren beschränken .<br />

Das dritte Wegesystem in den Rhein- <strong>und</strong> Mosellanden dagegen soll als Beispiel<br />

da<strong>für</strong> <strong>die</strong>nen, wie sich periodisches Pilgern in dem von Aachen um <strong>die</strong> Mitte<br />

des 14 . Jahrh<strong>und</strong>erts ausgehenden 7-Jahre-Rhythmus auf <strong>die</strong> Gestaltung der<br />

Pilgerwege auswirkte . Vom Wallfahrtstyp her gesehen handelt es sich ebenfalls

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