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Verkehrswege und ihre Bedeutung für die Kulturlandschaft

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Wilhelm Müller-Wille (1906-1983) 209<br />

Daß es auch frühmittelalterliche Siedlungen mit primären Breitstreifen-Dauerackerfluren<br />

gegeben haben dürfte, <strong>für</strong> <strong>die</strong> der Vf . i n seinen Untersuchungen<br />

zur Rolle der fränkischen Staatskolonisation (zuletzt 1971) argumentiert hatte,<br />

da<strong>für</strong> brachte Müller-Wille 1977 mit dem Beispiel Ahlintel <strong>und</strong> 1980 mit der<br />

Vorstellung der Untersuchung von zwei Siedlungen aus dem oldenburgischen<br />

Münsterland durch seinen Doktoranden W . Sieverding interessante, neuartige<br />

Belege . Ahlintel rekonstruierte Müller-Wille zusammen mit E . Bertelsmeier als<br />

eine Vier-Höfe-Siedlung mit einer schmal- bis breitstreifigen Flur, in der <strong>die</strong><br />

Besitzer in fast regelmäßiger Abfolge vertreten sind, im Prinzip einer »Riegenschlagflur«<br />

(Meibeyer) . Die von Müller-Wille <strong>für</strong> wahrscheinlich gehaltene<br />

Herkunft der schon seit dem 9.-10 . Jahrh<strong>und</strong>ert belegten vier Höfe aus einem<br />

Teilungsvorgang von ursprünglich zwei Höfen ergibt auch <strong>für</strong> <strong>die</strong>se eine<br />

Breitstreifengemengeflur mit regelmäßiger Abfolge der Besitzer (1977, S . 447) .<br />

Müller-Wille nennt als ersten Besitzer um 800 den Grafen von Steinfurt, <strong>für</strong> den<br />

von der Geschichtsforschung fränkische Abkunft angenommen wird . Müller-<br />

Wille geht allerdings nicht so weit, eine Siedlungsgründung im Rahmen der fränkisch-gr<strong>und</strong>herrschaftlichen<br />

Kolonisation anzunehmen, sondern denkt an eine<br />

Konfiskation von »sächsischen Stammhöfen« (1977, S . 448) .<br />

Ebenfalls auf Breitstreifenfluren führte der letzte Müller-Wille-Schüler W . Sieverding<br />

in seiner Dissertation 1978 (veröff . 1980) <strong>die</strong> im 19 . Jahrh<strong>und</strong>ert überwiegend<br />

schmalstreifigen Esch-Langstreifenfluren von Benstrup <strong>und</strong> Holtrup in<br />

Südoldenburg zurück . In dem von Müller-Wille in einem Vortrag 1979 (veröff .<br />

1980) zusammen mit Ahlintel vorgestellten Beispiel Benstrup wurde eine<br />

Plansiedlung mit sechs hofanschließenden 500-600 m langen Breitstreifen rekonstruiert<br />

. Ihr geht ein neben <strong>die</strong>ser Höfereihe liegender Einzelhof voraus, der<br />

in <strong>die</strong> sächsische Landnahmezeit des 5 ./6 . Jahrh<strong>und</strong>ert datiert wurde . Die zweite<br />

Siedlung Holtrup ähnelt Ahlintel <strong>und</strong> zeigt wie <strong>die</strong>se eine regelmäßige Breitstreifengemengeflur<br />

von vier Höfen, dazu wieder einen vermutlich älteren Einzelhof .<br />

Müller-Wille schließt sich der Entstehungs-Hypothese seines Schülers an, <strong>die</strong> <strong>die</strong>ser<br />

ohne Zweifel mit seinem Doktorvater lange diskutiert hat, denn sie führt noch<br />

weiter von der klassischen genetischen Deutung der westgermanischen Drubbel-<br />

Langstreifenflur-Siedlung weg . Nahezu alle auf -trup (-torp, -dorf) endenden<br />

Siedlungen <strong>die</strong>ses Raumes liegen an alten Heerstraßen . Vom Sprachforscher W .<br />

Foerste (1963) übernimmt Sieverding dessen Auffassung, daß »<strong>die</strong> Ur-<strong>Bedeutung</strong><br />

von -trup = Einzelhof ist« <strong>und</strong> daß <strong>die</strong>se Namensform von den Altsachsen bei<br />

<strong>ihre</strong>r Einwanderung mitgebracht worden sei (<strong>die</strong> entgegengesetzte Auffassung<br />

von I . Burmester . Das Gr<strong>und</strong>wort -thorp als Ortsnamenselement, Hamburg<br />

1959, wird von Sieverding nicht berücksichtigt) . Daraus folgert nun Sieverding,<br />

<strong>und</strong> Müller-Wille übernimmt <strong>die</strong>se Deutung, daß <strong>die</strong> primären -thorp-Einzelhöfe<br />

an den Heerstraßen angelegt wurden, um hier Sicherungsfunktionen wahrzunehmen,<br />

er interpretiert sie als »Wehrhöfe«, »von denen aus dann planmäßig<br />

auch der frühe Ausbau zu Breitstreifensiedlungen (vor 800) erfolgte« . Daß auch<br />

<strong>die</strong>se Gruppensiedlungen wahrscheinlich aus »Wehrhöfen« bestanden, darauf<br />

deutet unseres Erachtens <strong>die</strong> Bezeichnung »Wehrfester« <strong>für</strong> Altbauern im südlichen<br />

Oldenburg (Müller-Wille 1980, S . 205) . Der weitere Flurausbau erfolgte in<br />

Form von »Rodegewannen in schmalen Langparzellen« (ebenda, S . 206) .

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