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Verkehrswege und ihre Bedeutung für die Kulturlandschaft

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Pilgerwege <strong>und</strong> Siedlungsentwicklung 93<br />

Den engen Zusammenhang zwischen Pilgerwegen <strong>und</strong> der Anlage von neuen<br />

privilegierten Siedlungen in Südwestfrankreich hat zuerst Ch . Higounet (1951,<br />

mit Karte, wieder abgedruckt von E . Ennen 1972/77, 246, hier Abb . 4) am Beispiel<br />

der Gascogne aufgezeigt . Die salvitates »boten einen besonderen Friedensschutz<br />

innerhalb festgesetzter Grenzen, <strong>die</strong> durch Aufrichtung von Kreuzen bezeichnet<br />

wurden« (Ennen, 244), der in besonderem Maße <strong>für</strong> Pilger <strong>und</strong><br />

Kaufleute galt. Teils lagen <strong>die</strong> salvitates als suburbane Siedlungen oder Stadtquartiere<br />

in unmittelbarer Nähe von alten Zentren, z .B . in Bordeaux, teils handelt<br />

es sich um in verkehrsgünstiger Lage gegründete, selbständige Siedlungszentren<br />

mit guten Ausgangsbedingungen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Entwicklung nichtagrarischer Funktionen<br />

oder den Landesausbau . Die von Ch . Higounet urk<strong>und</strong>lich nachgewiesenen<br />

salvitates entstanden zwischen 1027 <strong>und</strong> 1141 ; <strong>die</strong> Neusiedlungen in Spanien, <strong>die</strong><br />

von J.M . Lacarra (1948) <strong>und</strong> zuletzt von J . Passini (1984) untersucht wurden,<br />

seit der Mitte des 11 . Jahrh<strong>und</strong>erts . Die Gründungsinitiative ging in Südfrankreich<br />

vornehmlich von den großen geistlichen Institutionen aus (Klöster, Bistümer),<br />

in Spanien (Navarra <strong>und</strong> Kastilien) auch vom Königtum . Auf dem Ansatz<br />

von Ch . Higounet aufbauend konnte H . Treuille (1980), nicht zuletzt aufgr<strong>und</strong><br />

der Lage von salvitates <strong>und</strong> bastldes neben den sonstigen typischen Einrichtungen<br />

auf Pilgerwegen, eine überzeugende Variante der Via tolosana zur »klassischen«<br />

Route von Toulouse nach Auch herausarbeiten (vgl . Abb . 5) . Der Siedlungstyp<br />

der bastide <strong>die</strong>nte - ähnlich wie <strong>die</strong> salvitates des 11 . <strong>und</strong> 12 . Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

- im 13 . Jahrh<strong>und</strong>ert als »un moyen de concentration et de protection de la<br />

population comme d'influence politiques pour les monasteres ou le pouvoir royal«<br />

(ebenda, 110), wobei vor allem Alphonse de Poitiers, der Bruder Ludwigs des<br />

Heiligen, als Graf von Toulouse eine herausragende Rolle spielte .<br />

Insgesamt ergeben sich also <strong>für</strong> das fächerartige Netz der vornehmlich auf<br />

Santiago, aber gleichzeitig ebensosehr auf <strong>die</strong> großen französischen Pilgerzentren<br />

zielenden Straßen <strong>und</strong> Wege eine Fülle von teils unmittelbar, teils mittelbar<br />

wirksamen Siedlungsimpulsen, <strong>die</strong> im Bereich des Zentralmassivs <strong>und</strong> im<br />

Süden <strong>und</strong> Westen Frankreichs besondere Kraft entfalteten <strong>und</strong> <strong>die</strong> Bildung von<br />

neuen Siedlungstypen entscheidend beeinflußten .<br />

IV<br />

Im Rhein-Maas-Mosel-Raum mit den drei großen Wallfahrtszentren Aachen,<br />

Köln <strong>und</strong> Trier <strong>und</strong> zahlreichen mittleren oder regionalen Wallfahrtsorten wie<br />

Maastricht, St . Trond, Kornelimünster, Düren, Mönchengladbach, Eberhardsklausen,<br />

Echternach usw . sind, vor allem unter dem eingangs genannten Aspekt<br />

der periodischen Wallfahrt im 7-Jahre-Rhythmus siedlungsgenetisch bedeutsame<br />

Vorgänge wie am camino oder an den französischen Pilgerrouten von vornherein<br />

nicht zu erwarten . Keine der großen Fernstraßen im rheinischen Raum kann<br />

aufgr<strong>und</strong> besonderer Prägung durch das Element Wallfahrt den Anspruch auf<br />

<strong>die</strong> Bezeichnung Pilgerweg beanspruchen . Die Aachenfahrt zu den Heiligtümern,<br />

<strong>die</strong> Heilig-Rock-Wallfahrt nach Trier, <strong>die</strong> Fahrt zum Schrein der Heiligen Drei<br />

Könige <strong>und</strong> zu St . Ursula in Köln, zum Haupt der hl . Anna in Düren usf .

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