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Verkehrswege und ihre Bedeutung für die Kulturlandschaft

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21 0 H.-J . Nitz<br />

So werden auch in <strong>die</strong>sem Falle <strong>die</strong> Plansiedlungen auf <strong>die</strong> altsächsische Zeit<br />

vor 800 zurückgeführt <strong>und</strong> in Verbindung gebracht mit einer - wohl stammesmäßig<br />

vorgestellten - Wehrorganisation in Heerschaften, mit einem nach<br />

strategischen Gesichtspunkten angelegten Fernwegenetz : Diese neue Version der<br />

Entstehung von Breitstreifenfluren als Vorform der schmalparzelligen Langstreifenfluren<br />

wurde auf das altsächsische Gebiet des 7 . <strong>und</strong> B . Jahrh<strong>und</strong>erts beschränkt<br />

.<br />

Sehr schwer tat sich Müller-Wille mit der vom Vf . seit 1961 vertretenen Auffassung,<br />

daß Streifenfluren <strong>die</strong>ser besonders regelmäßigen Art in Nordwestdeutschland<br />

erst mit der Einbeziehung Sachsens iii das fränkische Reich<br />

unter Karl d . Gr . geschaffen worden sein könnten, im Rahmen einer adeliggr<strong>und</strong>herrschaftlichen<br />

<strong>und</strong> staatlich-königlichen Kolonisation, <strong>die</strong> in der Okkupationsphase<br />

seit ca . 780 auch militärisch-strategische Ziele verfolgte . Müller-<br />

Wille hat <strong>die</strong>se Auffassung zwar zur Kenntnis genommen <strong>und</strong> sie auf dem siedlungsgenetischen<br />

Symposium in Göttingen auch diskutiert, wobei er selbst das<br />

Beispiel von auf Königsland um Burgsteinfurt nordwestlich von Münster in<br />

Gruppensiedlungen mit Breitstreifenflur oder langen Schmalstreifenfluren planvoll<br />

angesetzten Bauernhöfen anführte, mit Schultenhöfen in Einödlage, dazu<br />

königliche Wehrhöfe an Fernstraßen (1961, S . 318) . Doch <strong>die</strong> Einbindung Nordwestdeutschlands<br />

in den Kulturkreis der Nordseeländer hielt er <strong>für</strong> bedeutsamer<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> Langstreifenfluren <strong>für</strong> im wesentlichen vorfränkisch (ebenda, S . 327) . So<br />

hat er <strong>die</strong> Möglichkeit königlich-fränkischer Siedlungsgründungen trotz der in<br />

der Diskussion angeführten Beispiele nie ernsthaft in seine Überlegungen mit<br />

einbezogen, <strong>und</strong> auch seine Schüler taten <strong>die</strong>s nicht, wie <strong>die</strong> Arbeit von Sieverding<br />

zeigt.<br />

Die Müller-Wille-Schule stellte in einem Aufsatz von Hambloch 1962 noch<br />

einmal <strong>die</strong> damals erreichte Fassung <strong>ihre</strong>r Konzeption dar, <strong>die</strong> sie <strong>für</strong> <strong>die</strong> Langstreifenfluren<br />

im niederdeutschen Altsiedelland als gültig erachtete . So blieb auch<br />

<strong>die</strong> bereits 1953 von der Siedlungsgeographin K . Mittelhäuser vorgelegte Untersuchung<br />

einer Siedlungsgruppe vom Drubbel-Typ in der mittleren Lüneburger<br />

Heide westlich von Soltau von Müller-Wille <strong>und</strong> seiner Schule unbeachtet, denn<br />

sie argumentierte - übrigens als erste in der historisch-genetischen Siedlungsgeographie<br />

- aufgr<strong>und</strong> historischer Indizien <strong>für</strong> einen Ursprung in einer staatlich-fränkischen<br />

Siedlungsplanung im Zuge der karolingischen Eroberung Sachsens<br />

. Entsprechendes gilt <strong>für</strong> <strong>die</strong> Interpretation von K . Brandt (1971), der fernstraßenorientierte<br />

Einzelhöfe mit Rechteck-Kämpen - ebenfalls in Südoldenburg<br />

- auf eine strategisch angelegte fränkische Siedlungspolitik zurückführte . Sieverding<br />

setzte sich damit gar nicht auseinander .<br />

So kann man abschließend <strong>und</strong> rückblickend feststellen, daß Wilhelm Müller-Wille<br />

zu allen Zeiten ein außerordentlich eigenständiger Forscher war, der<br />

eine historisch-siedlungsgenetische Konzeption von großer innerer Geschlossenheit<br />

entworfen hatte, <strong>die</strong> seinerzeit in weitgehendem Einklang mit der Auffassung<br />

der nordwestdeutschen Siedlungsforschung stand <strong>und</strong> auch angesichts der stagnierenden<br />

Gewannflurforschung in Süddeutschland <strong>die</strong>ser neue Interpretationsmöglichkeiten<br />

bot . Auch soll nicht vergessen werden, daß <strong>die</strong> Langstreifen-Drubbel-Theorie<br />

der Flurwüstungsforschung im niedersächsischen <strong>und</strong> hessischen

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