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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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Siegfried Jäger<br />

4. Überlegungen zur Analyse von Dispositiven<br />

Ein Dispositiv ist <strong>der</strong> prozessierende Zusammenhang von Wissen, die sich in Sprechen/Denken<br />

– Tun – Vergegenständlichung artikulieren. 6 <strong>Die</strong> Grundfigur des Dispositivs<br />

kann man sich als ein Dreieck o<strong>der</strong> besser: als einen rotierenden und historisch<br />

prozessierenden Kreis mit drei zentralen Durchlauf-Punkten bzw. Durchgangsst<strong>at</strong>ionen<br />

vorstellen:<br />

1 <strong>Diskurs</strong>ive Praxen, in denen primär Wissen transportiert wird<br />

2 Handlungen als nichtdiskursive Praxen, in denen aber Wissen transportiert wird,<br />

denen Wissen vorausgeht bzw. das ständig von Wissen begleitet wird<br />

3 Sichtbarkeiten/Vergegenständlichungen, die Vergegenständlichungen diskursiver<br />

Wissens-Praxen durch nichtdiskursive Praxen darstellen, wobei die Existenz <strong>der</strong><br />

Sichtbarkeiten („Gegenstände“) nur durch diskursive und nichtdiskursive Praxen<br />

aufrechterhalten bleibt.<br />

<strong>Die</strong>ses „Dreieck“ bzw. dieser prozessierende und rotierende Kreis mit drei „Durchlaufst<strong>at</strong>ionen“<br />

(Wissen, Handeln, Sichtbarkeiten/Vergegenständlichungen) kann<br />

durch einen synchronen Schnitt analysiert werden.<br />

Das Dispositiv h<strong>at</strong> eine gewisse Festigkeit, ist jedoch auch immer historischer Verän<strong>der</strong>ung<br />

unterworfen. Zudem ist seine ständige Beeinflussung durch an<strong>der</strong>e Dispositive<br />

zu beachten.<br />

<strong>Die</strong> Dispositive zirkulieren miteinan<strong>der</strong> und durchdringen einan<strong>der</strong>. Eine bestimmte<br />

diskursive konkrete Praxis ist in <strong>der</strong> Regel für verschiedene Dispositive von Bedeutung.<br />

Ein Beispiel wäre <strong>der</strong> <strong>Diskurs</strong> über den Verkehr. Er verschränkt sich mit Ökonomie,<br />

mit Krankheit/Gesundheit etc. Vielleicht sind es gerade solche Verschränkungen,<br />

die Gesellschaft verkitten und ihren Zusammenhang vermitteln. Das „Dreieck“<br />

bzw. <strong>der</strong> rotierende und historisch prozessierende Kreis ist eine grobe analytische<br />

Vereinfachung von Dispositiv, daher nur als Grunddenkmuster, als stark vereinfachtes<br />

Modell geeignet.<br />

Dispositivanalyse, die den prozessierenden Zusammenhang von Wissen, Handeln und<br />

Sichtbarkeiten zum Gegenstand h<strong>at</strong>, hätte demnach die folgenden Schritte zu absolvieren:<br />

1. Rekonstruktion des Wissens in den diskursiven Praxen (wie oben dargestellt,<br />

wobei eine solche Analyse die Grundlage für die weiteren Analyseschritte einer<br />

Dispositivanalyse bildet, indem sie die Aufmerksamkeit auf die folgenden<br />

Aspekte des zu untersuchenden Dispositivs lenkt, etwa auf „weiße Flecken“ im<br />

<strong>Diskurs</strong>, wichtige dazugehörende „Sichtbarkeiten“ etc.)<br />

2. Rekonstruktion des Wissens, das den nicht-diskursiven Praxen zugrundeliegt<br />

3. Rekonstruktion <strong>der</strong> nicht-diskursiven Praxen, die zu den Sichtbarkeiten/Vergegenständlichungen<br />

geführt haben, und des darin enthaltenen Wissens.<br />

<strong>Die</strong> Rekonstruktion von Wissen umfasst auch immer die Form, in <strong>der</strong> Wissen auftritt,<br />

also wie es sich präsentiert, ob dieses Wissen offen zu Tage liegt, ob es sich – etwa in<br />

Gestalt von Implik<strong>at</strong>en – verkleidet, wie es argument<strong>at</strong>iv verpackt ist etc. Erinnert sei<br />

auch noch einmal daran, dass <strong>der</strong> Begriff des Wissens hier sehr weit gefasst ist, also<br />

6 Zum Begriff des Dispositivs vgl. meine Ausführungen im 3. Band dieses Projekts.

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