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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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Ralf Bohnsack & Burkhard Schäffer<br />

<strong>der</strong> Aktionsforschung verbunden. Wie Volmerg plädierte er für Diskussionen mit Realgruppen.<br />

Mitte <strong>der</strong> 80er Jahre wurde das Gruppendiskussionsverfahren dann vermehrt von <strong>der</strong><br />

Jugendforschung aufgegriffen. Behnken (1984) und Peukert (1984) beschäftigten sich<br />

am „Institut für Jugendforschung und Jugendkultur“ mit <strong>der</strong> Weiterentwicklung des<br />

Verfahrens als „<strong>Methode</strong> zur Rekonstruktion <strong>der</strong> Lebenswelt von Lehrlingen” (Projektgruppe<br />

Jugendbüro 1977, Projektgruppe Jugendbüro und Hauptschülerarbeit<br />

1977).<br />

2.2.3 Beiträge <strong>der</strong> praxeologischen Wissenssoziologie<br />

Zur selben Zeit, ebenfalls Mitte <strong>der</strong> 80er Jahre, entwickelte Bohnsack, zunächst in Zusammenarbeit<br />

mit Mangold, das Gruppendiskussionsverfahren weiter zu <strong>der</strong> hier vertretenen<br />

<strong>Methode</strong> (vgl. Mangold/Bohnsack 1988, Bohnsack 1989 und 2000a). Als<br />

entscheidend für diesen neuen Ans<strong>at</strong>z seien hier vier Aspekte herausgegriffen und rudimentär<br />

charakterisiert:<br />

Das von Bohnsack auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Mannheimschen Wissenssoziologie und<br />

<strong>der</strong> Ethnomethodologie entwickelte Verfahren <strong>der</strong> Textinterpret<strong>at</strong>ion, die dokumentarische<br />

<strong>Methode</strong> (vgl. auch Bohnsack 1983 und in diesem Kompendium den<br />

Beitrag von Bohnsack in Band 3) wurde in Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den am Anfang<br />

stehenden neueren <strong>Methode</strong>n <strong>der</strong> Textinterpret<strong>at</strong>ion ausgearbeitet, wie sie in<br />

den 70er und 80er Jahren von Schütze (exemplarisch: 1983) und Oevermann (exemplarisch:<br />

<strong>der</strong>s. u. a. 1979) entwickelt wurden. <strong>Die</strong>se Verfahren ermöglichten einen<br />

in den 60er Jahren nicht erreichten analytischen Durchdringungsgrad verschrifteter<br />

Interaktionsprotokolle.<br />

<strong>Die</strong> Neuorientierung h<strong>at</strong>te zudem eine Abkehr vom interpret<strong>at</strong>iven Paradigma im<br />

Sinne eines eng geführten Verständnisses des Symbolischen Interaktionismus<br />

(Blumer 1973) und dessen einseitiger Betonung <strong>der</strong> Prozessperspektive zur Folge.<br />

Auch wurde parallel dazu die „Emergenzthese“, d.h. die These von <strong>der</strong> ausschließlich<br />

situ<strong>at</strong>iven Aushandlung von Situ<strong>at</strong>ionen, Meinungen, Einstellungen und Orientierungen<br />

innerhalb einer Gruppendiskussion rel<strong>at</strong>iviert, wenn nicht sogar verworfen.<br />

Auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> „dokumentarischen <strong>Methode</strong>“ von Karl Mannheim (Mannheim<br />

1964; vgl. auch Bohnsack 1989, <strong>der</strong>s. 1997, <strong>der</strong>s. 2000a, <strong>der</strong>s. in Band 3), die erstmals<br />

für die Forschungspraxis fruchtbar gemacht wurde, konnte eine met<strong>at</strong>heoretische<br />

Integr<strong>at</strong>ion <strong>der</strong> beiden Perspektiven in Angriff genommen werden, die sich in<br />

den 70er und 80er Jahren scheinbar so kompromisslos gegenübergestanden h<strong>at</strong>ten:<br />

einerseits die Perspektive auf die Prozesshaftigkeit und Emergenz interaktiver<br />

Phänomene und an<strong>der</strong>erseits jene Perspektive, die die interaktiven Phänomene in<br />

ihrer Repräsentanz für Strukturen begreift. <strong>Die</strong> Integr<strong>at</strong>ion <strong>der</strong> beiden Perspektiven<br />

gelingt auf dem Niveau einer Identifik<strong>at</strong>ion von Prozessstrukturen, alsojener<br />

(Meta-)Strukturen, welche die Produktion und Reproduktion von Strukturen leisten.<br />

2 Gruppendiskussionen von Realgruppen werden nun begriffen als „repräsentante<br />

Prozeßstrukturen“ (Loos/Schäffer 2001 Kap. 6), also als prozesshafte Ab-<br />

1 Zum Ans<strong>at</strong>z <strong>der</strong> Aktionsforschung siehe zusammenfassend: Altrichter u. a. 1997.

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