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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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Erhebung und Auswertung empirischer D<strong>at</strong>en<br />

Hand in Hand mit solchen Vorstellungsbil<strong>der</strong>n gehen allerhand Illusionen, Kurzschlüssigkeiten<br />

und Fehleinschätzungen. <strong>Die</strong> folgenden Beispiele aus dem universitären<br />

Alltag mögen dies verdeutlichen:<br />

Zit<strong>at</strong> 1: „Den Ansprüchen wissenschaftlicher Forschung kann ich sowieso nie genügen.“<br />

In dieser Aussage wird ein übermächtiges Bild <strong>der</strong> Wissenschaft gezeichnet,<br />

das durch vorausgegangene Überfor<strong>der</strong>ungen, allerhand Überzeichnungen<br />

und insbeson<strong>der</strong>e durch den „gebügelten“ Stil <strong>der</strong> meisten wissenschaftlichen<br />

Veröffentlichungen genährt wird, in denen die Spuren <strong>der</strong> Entstehungsgeschichte,<br />

Irrtümer und Irrwege sowie Peinlichkeiten und Misslungenes nicht mehr erkennbar<br />

sind. In diesen Publik<strong>at</strong>ionen wird nicht mehr sichtbar, wie schwer sich viele<br />

WissenschaftlerInnen mit dem Forschen und Schreiben tun. Das Bild <strong>der</strong> „reinen“,<br />

„erhabenen“ Forschung rel<strong>at</strong>iviert sich schnell, wenn man ein paar Blicke hinter<br />

die Kulissen wirft.<br />

Merke: Exaktheit ist kein Wert an sich. Das Anspruchs- und Exaktheitsniveau<br />

muss in Rel<strong>at</strong>ion zum Vorhaben jeweils adäqu<strong>at</strong> bestimmt werden.<br />

Zit<strong>at</strong> 2: „Ich mache auf jeden Fall eine kleine St<strong>at</strong>istik, dann wird mir niemand<br />

mehr den Vorwurf <strong>der</strong> Unwissenschaftlichkeit machen.“ <strong>Die</strong>se Argument<strong>at</strong>ion<br />

nach dem Motto „Zahlen sollen vorkommen, das gibt <strong>der</strong> Arbeit einen wissenschaftlichen<br />

Touch“ deutet auf eine individuelle Variante jenes Min<strong>der</strong>wertigkeitskomplexes,<br />

<strong>der</strong> in <strong>der</strong> hierarchischen Struktur <strong>der</strong> Wissenschaften so manche<br />

„nie<strong>der</strong>e Disziplin“ gegenüber „höheren Disziplinen“ auszeichnet.<br />

Merke: Es kommt letztlich in jedem Fall auf methodenspezifische Gütekriterien<br />

an. Außerdem ist mit <strong>der</strong> Anerkennung auf <strong>der</strong> Basis einer problemadäqu<strong>at</strong>en Vorgangsweise<br />

nach Abschluss einer Forschungsarbeit im Allgemeinen ein besseres<br />

Gefühl verbunden.<br />

In den letzten Jahren wurde ich gelegentlich Zeuge hoffnungsvoller Bekundungen,<br />

die auf (scheinbar) leichtere und einfache Wege setzten: Zit<strong>at</strong> 3: „Ich mache ein<br />

narr<strong>at</strong>ives Interview, da brauche ich nicht viel zu sagen und kann die Forschungspartnerin<br />

einfach erzählen lassen“, Zit<strong>at</strong> 4: „Ich mache einen geschlossenen Fragebogen,<br />

da brauche ich nicht lange mit den Leuten zu reden und kann in aller Ruhe<br />

die zurückgekommenen Bögen auswerten“, Zit<strong>at</strong> 5: „Ich mache keinen empirischen<br />

Teil, das ist mir zu aufwendig – ich schreibe eine kompil<strong>at</strong>orische Arbeit 1 “.<br />

<strong>Die</strong>sen Aussagen ist gemeinsam, dass hier nicht ein Thema o<strong>der</strong> ein Forschungsinteresse<br />

und auch nicht die Frage <strong>der</strong> Angemessenheit <strong>der</strong> Vorgangsweise, son<strong>der</strong>n<br />

die Hoffnung auf einfachere Lösungen im Vor<strong>der</strong>grund steht. <strong>Die</strong> Gründe hierfür<br />

mögen vielfältig sein: pragm<strong>at</strong>ische Notwendigkeiten (z.B. berufliche o<strong>der</strong> Betreuungsverpflichtungen),<br />

romantische Sehnsüchte, Versäumnisse im Studium<br />

o<strong>der</strong> die allgemeine Schnelllebigkeit. Sie können aber letztlich nicht darüber hinwegtäuschen,<br />

dass qualit<strong>at</strong>ive Verfahren nicht einfacher zu handhaben sind als<br />

quantit<strong>at</strong>ive und dass ohne eine gewisse Umsicht und Sorgfalt kein befriedigen<strong>der</strong><br />

Forschungsprozess möglich ist. Ohne diese Sorgfalt wird aus dem narr<strong>at</strong>iven Interview<br />

eine Kaffeehausplau<strong>der</strong>ei, aus dem Fragebogen ein nichtssagendes Instru-<br />

1 Eine kompil<strong>at</strong>orische Arbeit zeichnet sich dadurch aus, dass die inhaltlichen Bausteine aus<br />

an<strong>der</strong>en Büchern zusammengetragen werden.<br />

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