15.11.2012 Aufrufe

Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Methode</strong>n theoretischer Forschung<br />

Wer Grundkenntnisse <strong>der</strong> Logik h<strong>at</strong>, wird hier hellhörig werden, denn ein gültiger logischer<br />

Schluss ist die Reduktion nicht („Wenn es regnet, wird die Straße nass. Nun<br />

ist die Straße nass“ lässt nicht den Schluss auf „also regnet es“ zu, denn es könnte ja<br />

auch <strong>der</strong> Spritzwagen vorbeigefahren sein) 20 . Als logischer Schluss ist es hier auch<br />

nicht gemeint, son<strong>der</strong>n nur als Angabe <strong>der</strong> Richtung, in die die Bemühungen <strong>der</strong> Wissenschaft<br />

zielen: Man h<strong>at</strong> ein zu erklärendes o<strong>der</strong> zu verstehendes Faktum o<strong>der</strong> einen<br />

Faktenkomplex, nennen wir es B, und man sucht eine Theorie (o<strong>der</strong> manchmal an<strong>der</strong>e<br />

Fakten), nennen wir sie A, durch die B erklärt o<strong>der</strong> besser verstehbar wird. Ziel wissenschaftlicher<br />

Forschungen wäre es dann, Aussagen <strong>der</strong> Form „Wenn A, dann B“ zu<br />

finden und zu begründen. Was als erklärende Theorie A (o<strong>der</strong> als Fakten, die B besser<br />

verstehen lassen) in Frage kommt, ist freilich in den einzelnen Wissenschaften verschieden.<br />

In den N<strong>at</strong>urwissenschaften wird A häufig ein allgemeines Gesetz sein, das<br />

den Einzelfall B erklärt. In den historischen Wissenschaften werden A eher an<strong>der</strong>e<br />

Fakten, aber vielleicht auch einige allgemeine Beobachtungen über wie<strong>der</strong>kehrende<br />

Muster menschlichen Verhaltens sein. 21<br />

Auf einer höheren Ebene <strong>der</strong> Wissenschaften kann das zu erklärende / zu verstehende<br />

B auch selber eine (kleinräumige) Theorie sein; da Wissenschaft mit System<strong>at</strong>isierung<br />

zu tun h<strong>at</strong>, sucht man dann häufig nach einer großräumigeren Theorie A, die B (und<br />

noch möglichst viele an<strong>der</strong>e kleinräumige Theorien B*, B** etc.) erklärt o<strong>der</strong> verstehen<br />

lässt. Ein historisches Beispiel für die Reduktion auf höherer Ebene ist Newtons<br />

Gravit<strong>at</strong>ionstheorie: Sie erklärte sowohl Galileis Fallgesetze als auch Keplers Gesetze<br />

<strong>der</strong> Planetenbewegung, die vorher unverbunden nebeneinan<strong>der</strong> standen.<br />

2.3.3 Theorienüberprüfung innerhalb <strong>der</strong> reduktiven Wissenschaften<br />

Das obige Schema macht auch verständlich, wie Theorienüberprüfung funktioniert:<br />

Von <strong>der</strong> Wahrheit von B, des zu erklärenden o<strong>der</strong> zu verstehenden Faktums, geht man<br />

aus. Man nimmt nun probeweise an, A sei eine korrekte Erklärung für B, und prüft, ob<br />

sich B t<strong>at</strong>sächlich aus A ergibt. Wenn ja, dann h<strong>at</strong> man gute Gründe, A als Erklärung<br />

für B zu betrachten. Freilich wird ein solcher „Test“ viele nicht überzeugen, da die Erklärung<br />

A ja gerade als Erklärung von B ersonnen wurde und daher eigentlich zu erwarten<br />

ist, dass sich B aus A ergibt. Ein aussagekräftigerer Test ergäbe sich, wenn<br />

aufgrund von A nicht nur B, son<strong>der</strong>n auch noch an<strong>der</strong>e Fakten B* zu erwarten wären,<br />

die man zu Beginn noch gar nicht kannte. Stößt man nachträglich nun t<strong>at</strong>sächlich auf<br />

B*, so ist dies ein weiterer starker Grund, A für eine gute Erklärung zu halten.<br />

Ein Beispiel: Archäologen legen einen umfangreichen bronzezeitlichen Steinbau auf<br />

<strong>der</strong> Spitze eines Hügels frei (B), <strong>der</strong> nach Aussehen und Ausmaßen we<strong>der</strong> eine Siedlung<br />

noch eine Befestigungsanlage ist. Als Erklärung (A) wird vorgeschlagen, es<br />

könnte sich um eine kultischen Zwecken dienende Anlage handeln. <strong>Die</strong>s würde den<br />

großen baulichen Aufwand in dieser Lage etc., also B, erklären. Nun weiß man, daß<br />

20 Zum Unterschied von <strong>der</strong> logisch gültigen Deduktion: Wenn A, dann B. Nun aber A. Also B.<br />

<strong>Die</strong> Überprüfung anhand unseres Regenbeispiels überlasse ich dem Leser.<br />

21 Man ersieht aus dem Beispiel <strong>der</strong> historischen Wissenschaften übrigens auch, dass das<br />

„wenn-dann“ in unserem obigen Schema nicht immer eine strikte Notwendigkeit ist; wer historische<br />

Erklärungen aufstellt, beansprucht ja nicht, dass es so kommen musste.<br />

47

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!