15.11.2012 Aufrufe

Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

160<br />

Klaus Nie<strong>der</strong>mair<br />

tive Theorien nicht erfasst werden können, weiters eine individualistische als Abstraktion<br />

von institutionellen und kulturellen Bedingungen, sowie eine wissenschaftstheoretische<br />

Verkürzung, sofern qualit<strong>at</strong>ive Ergebnisse bloß heuristische Relevanz im<br />

Vorfeld quantit<strong>at</strong>iver Forschung haben. Insgesamt sitzen qualit<strong>at</strong>ive <strong>Methode</strong>n wie<br />

jene von Mayring einer „Metaphorik <strong>der</strong> ‚D<strong>at</strong>enkompression’ auf, glaubend, einen r<strong>at</strong>ionalen<br />

Gehalt ‚destillieren’ zu können. [Dabei] gehen Sinn-Bil<strong>der</strong> und Subjektivität<br />

[...] verloren.“ (Schmitt 1995, 31).<br />

Für Schmitt ist die Metaphernanalyse die Möglichkeit, diese kognitivistische, r<strong>at</strong>ionalistische<br />

und individualisierende Verkürzung des Gegenstandsbereiches zu kompensieren:<br />

Das Ziel einer „reicheren Sicht“ des Gegenstands und damit einer breiteren<br />

Basis für die Geltung und Begründung <strong>der</strong> Interpret<strong>at</strong>ion könne nach Flick durch eine<br />

Erweiterung <strong>der</strong> Perspektiven und <strong>Methode</strong>n erreicht werden. Während es Flick jedoch<br />

– in <strong>der</strong> Darstellung von Schmitt (1995, 248) – darum geht, neben objektiven,<br />

sozial geprägten Mustern auch subjektive Strukturen zu erfassen, und dies z.B. durch<br />

die Triangul<strong>at</strong>ion <strong>der</strong> Inhaltsanalyse und <strong>der</strong> ethnomethodologischen Konvers<strong>at</strong>ionsanalyse<br />

erreichen möchte, schlägt Schmitt eine Triangul<strong>at</strong>ion zwischen Inhaltsanalyse<br />

und Metaphernanalyse à la Lakoff & Johnson vor. Gleichzeitig soll durch die Triangul<strong>at</strong>ion<br />

dieser beiden <strong>Methode</strong>n ein an<strong>der</strong>er Gegenstandsbereich fokussiert werden:<br />

Schmitt möchte durch die Triangul<strong>at</strong>ion nicht (wie Flick) den Gegens<strong>at</strong>z zwischen<br />

subjektiven und sozialen Strukturen <strong>der</strong> Lebenswelt aufheben, son<strong>der</strong>n den Gegens<strong>at</strong>z<br />

zwischen den „r<strong>at</strong>ional begründbaren und diskursiv zugänglichen Inhalten auf <strong>der</strong> einen<br />

und jenen ‚Sinnordnungen’, den kulturell geprägten Mustern auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite, welche die Umgebung für unser Handeln und Leben bilden“ (1995, 248f), also<br />

zwischen manifest im Text lesbaren Inhalten und l<strong>at</strong>ent, metaphorisch im Text mitgeführten<br />

Mustern. <strong>Die</strong> beiden <strong>Methode</strong>n schließen sich trotzdem nicht aus, son<strong>der</strong>n ergänzen<br />

sich: „<strong>Die</strong> Inhaltsanalyse erfaßt konkretes Tun, abstrakte Aussagen und Geschichten.<br />

[...] <strong>der</strong> Detailreichtum [...] ist nur über die Inhaltsanalyse zu erfahren. <strong>Die</strong><br />

Metaphernanalyse bezeichnet ein ‚Klima’, <strong>at</strong>mosphärische Polaritäten, emotionale<br />

Befindlichkeiten, Grundmuster <strong>der</strong> Beziehung [...] sowie Wahrnehmungs- und Reflexionsmodelle.“<br />

(1995, 257)<br />

<strong>Die</strong> Notwendigkeit, Metaphernanalyse sensu Johnson & Lakoff mit einer sozialwissenschaftlichen<br />

<strong>Methode</strong> zu verbinden, gilt auch für an<strong>der</strong>e Ansätze. So machen z.B.<br />

Buchholz (1996) und Schachtner (1999) Anleihen bei <strong>der</strong> sog. Grounded theory (Glaser<br />

& Strauss 1979), die eine größere Affinität zur Metaphernanalyse aufweist als die<br />

von Schmitt als „Brückenkopf“ anvisierte, eher strukturierende und insofern eher theorielastige<br />

Qualit<strong>at</strong>ive Inhaltsanalyse nach Mayring. <strong>Die</strong> Grounded theory ist in <strong>der</strong><br />

T<strong>at</strong> jene <strong>Methode</strong> <strong>der</strong> Qualit<strong>at</strong>iven Sozialforschung, die am stärksten dem Prinzip <strong>der</strong><br />

Theorieabstinenz verpflichtet ist, also Vorab-Hypothesen „verbietet“ und Theoriebildung<br />

nur strikt auf <strong>der</strong> Basis des D<strong>at</strong>enm<strong>at</strong>erials „erlaubt“ und insofern dem heuristischen,<br />

theorieerzeugenden Paradigma <strong>der</strong> Qualit<strong>at</strong>iven Sozialforschung am meisten<br />

entspricht.<br />

Buchholz (1996, 248) entscheidet sich für das offene Codieren <strong>der</strong> Grounded theory,<br />

weil ihm „im <strong>der</strong>zeitigen Entwicklungsstand <strong>der</strong> Metaphernanalyse als Instrument einer<br />

psychotherapeutischen Prozessforschung [...] eine Vorab-Festlegung von Subcodes<br />

[à la Lakoff & Johnson] verfrüht“ erscheint – in seiner Vorstellung, dass es ir-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!