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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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Einführung in die Argument<strong>at</strong>ionsanalyse<br />

christlichen Grundsätze zu übernehmen, schon um weiterleben zu können, gäbe es die<br />

Möglichkeit <strong>der</strong> freien Entscheidung in Glaube und Liebe nicht mehr. Insofern diese<br />

aber als essentieller Bestandteil des Christentums anzusehen ist, würde sich infolge<br />

einer solchen Machtdemonstr<strong>at</strong>ion nur die Anzahl <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Existenz Gottes Überzeugten<br />

erhöhen, während es Christen im eigentlichen Sinne nicht mehr gäbe. Das<br />

heißt, es wird unterschieden zwischen <strong>der</strong> Übernahme einer bestimmten Auffassung<br />

aufgrund äußeren (objektiven) Zwangs und <strong>der</strong> Annahme aus freier (subjektiver)<br />

Glaubensentscheidung und das zweite als konstitutive Voraussetzung identifiziert,<br />

mit <strong>der</strong> das Christentum steht und fällt. Auf dieser Basis ist es möglich, den Einwand<br />

so zu formulieren, dass er in die Begründung <strong>der</strong> These integriert werden kann: Bei<br />

dem erzielten Effekt handelt es sich überhaupt nicht um eine Stärkung <strong>der</strong> Religion,<br />

denn ein aufgenötigtes Christentum wäre gerade kein wirkliches Christentum, und die<br />

<strong>der</strong>art massenhaft „Bekehrten“ wären lediglich scheinbare Christen – das Christentum<br />

als solches würde verschwinden.<br />

Im zweiten Schritt wird das Ergebnis auf den eigentlich in Frage stehenden Fall bezogen.<br />

Wie<strong>der</strong> wird gegen die untergeordnete These – hier: ein Gottesbeweis hätte dieselbe<br />

Wirkung – zunächst ein möglicher Einwand angeführt, <strong>der</strong> diesmal auf die Differenz<br />

zwischen den beiden Fällen hinweist, nämlich dass ein Beweis nicht so beeindruckend<br />

wäre wie die Blitzschläge, insofern also nicht dieselbe Wirkung hätte. <strong>Die</strong>sem<br />

Einwand wird begegnet, indem die Hinsicht, in <strong>der</strong> die Fälle als gleich betrachtet<br />

werden sollen, hervorgehoben und <strong>der</strong> im ersten Schritt hergestellte Zusammenhang<br />

noch einmal bekräftigt wird (Einschränkung <strong>der</strong> These): Ein theoretischer Beweis <strong>der</strong><br />

Existenz Gottes würde genauso die Möglichkeit <strong>der</strong> freien Glaubensentscheidung auslöschen<br />

wie eine praktische Machtdemonstr<strong>at</strong>ion seinerseits und insofern ebenfalls<br />

die christliche Religion zum Verschwinden bringen. Gemeint ist nicht, dass ein Beweis<br />

ebenso viele Bekehrungen zur Folge hätte wie die Blitzschläge o<strong>der</strong> <strong>der</strong> davon<br />

ausgehende Zwang in beiden Fällen gleich groß wäre; es geht darum, dass beides <strong>der</strong><br />

freien Glaubensentscheidung entgegensteht.<br />

An diesem Beispiel lässt sich gut erkennen, was Analogien beim Argumentieren leisten<br />

können 12 . Denn es geht hier nicht primär darum nachzuweisen, dass die beiden<br />

Fälle als solche gleich (und daher auch auf dieselbe Weise zu behandeln) sind. <strong>Die</strong><br />

hergestellte Parallele ermöglicht es vielmehr, eine neue Sicht auf den fraglichen Sachverhalt<br />

zu gewinnen: Wir sind dazu aufgefor<strong>der</strong>t, Beweise nicht nur unter dem Gesichtspunkt<br />

zu betrachten, dass die betreffenden Annahmen o<strong>der</strong> Behauptungen selbst<br />

dadurch abgesichert, also gestärkt werden, son<strong>der</strong>n darin zugleich eine Einschränkung<br />

<strong>der</strong> Entscheidungsfreiheit zu sehen und diesen Aspekt mit dem Prinzip <strong>der</strong> freien<br />

Glaubensentscheidung in Zusammenhang zu bringen. Sind wir dazu in <strong>der</strong> Lage und<br />

erkennen wie MacIntyre die freie Glaubensentscheidung als konstitutive Voraussetzung<br />

für die christliche Religion, ohne die sie nicht bestehen kann, an, werden wir die<br />

These als gültig einstufen. 13<br />

12<br />

Eine ausführliche Untersuchung <strong>der</strong> Rolle von Analogien beim Argumentieren bietet Mengel<br />

1995.<br />

13<br />

Der hier zugrunde liegende Geltungsbegriff wird in Wohlrapp 1995a dargestellt.<br />

131

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