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Die Methode der Kritischen Diskurs - hug-web.at

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Metaphernanalyse<br />

153<br />

(auf die ich noch komme) gilt, was bereits bei Aristoteles zu sagen war, im Prinzip<br />

auch für Lakoff & Johnson: <strong>Die</strong> Wichtigkeit ihres Beitrags besteht nämlich weniger in<br />

den inhaltlichen, son<strong>der</strong>n in den funktionellen und strukturellen Eigenschaften <strong>der</strong><br />

metaphorischen Übertragung.<br />

Dazu gehört einmal die Klärung <strong>der</strong> Frage, inwieweit und wie eine Metapher eine<br />

Ähnlichkeit herstellt. Nach Lakoff & Johnson (1998, 177) erzeugt eine Metapher eine<br />

Ähnlichkeit und bildet nicht einfach eine bestehende ab. <strong>Die</strong> metaphorische Ähnlichkeit<br />

ist eine „Ähnlichkeit neuer Art“ (1998, 174). Dabei wird – so Buchholz (1996,<br />

41) – zuvor eine Gleichung zwischen dem Ziel- und Ursprungsbereich hergestellt,<br />

z.B. „Liebe ist eine Geisteskrankheit“. Da dies wörtlich genommen Unsinn ist, gilt<br />

auch die Ungleichung „Liebe ist keine Geisteskrankheit“. Im dritten Schritt wird die<br />

Metapher als Metapher gesehen und ist insofern sinnvoll, als Liebe sowohl eine Geisteskrankheit<br />

ist als auch keine. Ein metaphorisches Konzept wird also immer nur partiell<br />

durch ein an<strong>der</strong>es Konzept strukturiert (Lakoff & Johnson 1998, 21):<br />

„Wäre nämlich die Strukturierung eine totale, dann wäre das Konzept identisch mit dem an<strong>der</strong>en<br />

[...]. Zum Beispiel ist [in <strong>der</strong> Metapher „Zeit ist Geld“] die Zeit nicht identisch mit Geld.<br />

Wenn man seine Zeit auf eine nutzlose Aktivität verschwendet h<strong>at</strong>, kann man seine Zeit nicht<br />

zurückverlangen. Es gibt keine Bank, auf <strong>der</strong> man Zeit bekommt.“ (1998, 21)<br />

<strong>Die</strong>se partielle Strukturierung bedeutet, dass Metaphern Inhalte <strong>der</strong> Ursprungsbereiches<br />

entwe<strong>der</strong> beleuchten o<strong>der</strong> verbergen. 1 Eine Metapher ist insofern die Übertragung<br />

eines Konzepts auf einen neuen Bereich und notwendigerweise auch die Reduktion<br />

<strong>der</strong> Komplexität dieses Konzeptes. Hierin liegt auch die gegenstandskonstitutive<br />

Funktion <strong>der</strong> Metapher begründet:<br />

„<strong>Die</strong> System<strong>at</strong>ik, aufgrund <strong>der</strong>er wir den einen Aspekt eines Konzepts in Bil<strong>der</strong>n eines an<strong>der</strong>en<br />

Konzepts erfassen können (z.B. einen Aspekt des Argumentiervorgangs in Bil<strong>der</strong>n des Kampfes<br />

verstehen), verbirgt zwangsläufig die an<strong>der</strong>en Aspekte dieses Konzeptes. Indem ein metaphorisches<br />

Konzept uns erlaubt, uns auf einen bestimmten Aspekt dieses Konzeptes zu<br />

konzentrieren [...], kann es uns davon abhalten, daß wir uns auf an<strong>der</strong>e Aspekte dieses Konzepts<br />

konzentrieren, die mit dieser Metapher nicht konsistent sind.“ (1998, 18)<br />

Neben diesen funktionellen Bestimmungen <strong>der</strong> Metapher liefern Lakoff & Johnson<br />

noch eine Typologie <strong>der</strong> Metapher:<br />

Orientierende Metaphern übertragen ein räumliches Basis-Konzept (wie oben/unten, innen/<br />

außen, nah/fern): erhebende Freude, drückende Stimmung, Ober-/Unterschicht usw. – Vergegenständlichende<br />

o<strong>der</strong> ontologisierende Metaphern übertragen ein gegenständliches Basis-<br />

Konzept (wie Gefäß, Substanz, Identität): <strong>der</strong> Geist als Maschine, die überkochende Wut, Verschlossenheit<br />

usw. – Strukturelle o<strong>der</strong> konzeptuelle Metaphern übertragen strukturelle Merkmale<br />

von rudimentären vitalen Tätigkeiten (wie essen, sich bewegen, kämpfen): ich könnte dich<br />

fressen, Argumentieren ist Krieg usw.<br />

Auch erweist sich diese Metapherntheorie unter semiotischem Aspekt als vollständig,<br />

wie sich am metaphorischen Verstehen zeigt, das Lakoff & Johnson so erläutern:<br />

1 Tot ist eine Metapher für Lakoff & Johnson übrigens erst, wenn sie keine Implik<strong>at</strong>ionen<br />

mehr nach sich zieht (1998, 50), z.B. Wolkenkr<strong>at</strong>zer. Derpsychische Zusammenbruch hingegen<br />

weist noch metaphorische Resonanzen auf, bspw. ein Mensch, <strong>der</strong> zusammenbricht<br />

wegen des Druckes, dem er ausgesetzt ist, wegen <strong>der</strong> Verantwortung, die auf ihm lastet, usw.

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